Herz aus Feuer
sich ein Kleid von Houston anzuziehen. Blair hat mich bei der Behandlung einer Patientin unterstützt, ohne daß ich ihr Anweisungen geben mußte. Sie wollte wissen, warum ich Arzt geworden bin, was Houston nie sonderlich interessierte. Sie fragte mich nach meinen Plänen, und was ich mir von der Zukunft erwarte. Mit anderen Worten — sie war die perfekte Frau, von der jeder Mann träumt.«
Er drehte sich um und sah seinen Vater an. »Und dann war sie auch noch die perfekte Liebhaberin. Ich glaube, die Eitelkeit des Mannes verlangt nach einer Frau, die ihn unwiderstehlich findet. Er gefällt sich in dem Gedanken, daß er sie zu allem überreden kann. Bisher waren alle Frauen, die ich kannte, nur an meinem Bankkonto interessiert. Ich hatte Frauen, die nicht an mir interessiert waren, weil sie dachten, ich wäre nur ein kleiner unbezahlter Arzt in der Ausbildung; aber als eine hörte, daß meine Mutter eine Cavendish war, begannen ihre Augen zu funkeln. Aber Blair war nicht so. Sie war . . .«
Seine Stimme erlosch, während er sich wieder dem Fenster zudrehte.
»Houston ist nicht an deinem Geld interessiert«, sagte Reed. »Das war sie nie.«
»Ich habe keine Ahnung, was Houston sich vom Leben verspricht. Ich habe Monate in ihrer Gesellschaft verbracht und weiß so gut wie nichts von ihr — nur daß sie eine kalte Frau ist, die nicht viel mehr tut, als hübsch auszusehen. Aber Blair ist lebendig!«
Er sagte das mit solcher Leidenschaft, daß Reed die Stirn runzelte. »Ich weiß nicht, ob mir dieser Ton gefällt, mein Junge, Houston ist die Frau, die du heiraten wirst. Es ist eine Schande, was gestern nacht passiert ist; aber was konntest du von so einem Mädchen wie Blair denn anderes erwarten? Ich habe versucht, dich zu warnen. Ich habe dir gesagt, so etwas könnte dich in Schwierigkeiten bringen. Natürlich ist Houston dir jetzt böse; aber wenn du ihr lange genug den Hof machst und Blumen schickst, wird sie dir gewiß wieder verzeihen.«
Lee blickte seinen Vater an. »Und Blair? Wird sie mir auch verzeihen?«
Reed ging zu dem großen Nußbaumschreibtisch, der den Raum beherrschte, und nahm eine Pfeife aus einer Schachtel. »Wenn sie zu dieser Sorte von Mädchen gehört, die mit dem Verlobten ihrer Schwester schlafen, dann wird sie meines Erachtens schon wissen, wie sie über so etwas hinwegkommt.«
»Und wie soll ich das jetzt verstehen?«
»Wie ich es gesagt habe. Sie ist jahrelang an der Ostküste gewesen, mit Männern zur Schule gegangen, hat Sachen studiert, die sie eigentlich nichts angehen, und versucht, es den Männern gleichzutun. Mädchen wie sie wissen aus Erfahrung, wie man sich von Affären, die eine Nacht dauern, wieder erholt.«
Leander brauchte lange, bis er sich so weit in der Gewalt hatte, daß er sprechen konnte: »Ich werde vergessen, was du eben gesagt hast; aber ich muß dich warnen, daß ich dein Haus sofort verlassen und nie mehr zurückkommen werde, wenn du noch einmal zu mir in dieser Weise von Blair sprichst. Es geht dich eigentlich nichts an; aber bis gestern nacht ist Blair noch Jungfrau gewesen. Und ich gedenke, sie spätestens in zwei Wochen zu meiner Frau zu machen.«
Reed war von dieser Eröffnung so überrascht, daß er nur dastand und den Mund auf- und zumachte wie ein Fisch auf dem Trockenen.
Lee nahm inzwischen wieder Platz und zündete sich eine frische Zigarre an. »Ich denke, ich sollte dir erst einmal alles erzählen, was ich von den Ereignissen des gestrigen Abends weiß. Wie ich bereits sagte, hatten die Zwillinge aus irgendeinem Grund beschlossen, die Plätze zu tauschen, und deshalb war es Blair, die ich zum Empfang des Gouverneurs mitnahm. Ich hatte mir bereits vorgenommen, alles zu versuchen, um sie zu verführen, und wenn sie sich mir verweigerte, die Verlobung aufzulösen, weil ich dann überzeugt war, daß kein Mann - oder jedenfalls nicht ich - das Eis brechen könne, mit dem Houston sich umgibt.«
Er betrachtete seine Zigarre, und ein leises Lächeln spielte um seine Lippen, ehe er mit seinem Bericht fortfuhr: »Ich war noch keine fünf Minuten mit Blair allein und fühlte mich bereits so wohl in ihrer Gesellschaft, daß ich gar nicht mehr daran dachte, sie zu fragen, wer sie war oder warum sie sich ganz anders verhielt als sonst. Ich wurde zu einem Notfall in die River Street gerufen, und sie begleitete mich dorthin, ganz gegen Houstons Gewohnheit, die stets darauf bestand, daß ich sie vorher vor der Wohnung irgendeiner Freundin absetzen sollte. Wir
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