Herz aus Feuer
zufriedenstellende Lösung zu finden. Unter den gegebenen Umständen darf ich doch erwarten, daß Sie etwas für meinen Sohn empfinden, nicht wahr?«
Blair blickte auf Lee, der im Hintergrund stand und die Szene offenbar genoß. Keine Gefühle, die ich öffentlich bekanntgeben könnte, dachte sie, und als vermöchte Lee ihre Gedanken zu lesen, lächelte er sie auf eine Weise an, daß sie errötend zur Seite blicken mußte. »Ich erzählte Ihnen bereits«, sagte sie, »daß ich an die Stelle meiner Schwester getreten bin und mich so verhalten habe, wie ich glaubte, daß sie sich dem Mann gegenüber verhalten würde, den sie liebt. Ich sehe nicht ein, daß man mich dafür bestrafen muß, weil ich meine Rolle perfekt spielte.«
»Und ich lasse nicht zu, daß du oder ein anderer Houstons Namen in den Dreck zieht!« schrie Duncan. »Sie würde niemals getan haben, was du in ihrer Rolle gemacht hast. Sie ist ein gutes Mädchen.«
»Und ich bin das deiner Meinung nach nicht?« rief Blair, zwischen Tränen und Empörung schwankend.
»Eine anständige Frau würde niemals . . .«
»Ich habe alles gehört, was ich wissen wollte«, fiel Lee ihm ins Wort und trat in die Mitte des Zimmers. »Würden Sie mich jetzt bitte mit ihr alleinlassen? Ich möchte ein paar Worte unter vier Augen mit ihr reden.«
Blair wollte dagegen protestieren, aber sie konnte das Gezeter von Mr. Gates nicht mehr ertragen, und deshalb fügte sie sich.
»Möchtest du einen Sherry?« fragte er, als die anderen beiden Männer aus dem Zimmer gegangen waren.
»Ja, bitte«, sagte sie und nahm das Glas mit bebenden Händen entgegen.
Er blickte auf ihre zitternden Hände und runzelte die Stirn. »Daß er so schlimm ist, hätte ich nicht gedacht. Houston deutete mir zwar einiges an; aber ein so unglaubliches Benehmen hätte ich ihm nicht zugetraut.«
Blair trank dankbar den Wein. Sie hoffte, er würde ihren Nerven guttun. »Du hast aber gewußt, daß er ein Tyrann ist — warum hast du ihn dann zum Verbündeten für deine absurden Pläne gemacht?«
»Ich brauchte jede Unterstützung, die ich bekommen konnte. Ich nahm — zu Recht an, daß du mir ins Gesicht lachen würdest, wenn ich vor dich hintreten und dich um deine Hand bitten würde.«
»Ich lache aber gar nicht.«
»Ein gutes Zeichen. Um so rascher werden wir uns einig. Die Einladungskarten liegen schon beim Drucker. Er braucht nur deinen Namen an die Stelle von Houstons Namen zu setzen.«
Sie sprang aus dem Sessel. »Von allen närrischen Ideen, die ich mir heute anhören mußte, ist das die dümmste. Hast du immer noch nicht begriffen, daß ich dich nicht heiraten will? Ich möchte so rasch wie möglich fort aus dieser schrecklichen Stadt. Ich möchte nach Hause. Ich will meiner Schwester ihren Verlobten zurückgeben. Wie oft muß ich das noch wiederholen, bis ihr mich endlich versteht? Ich will nach Hause!«
Trotz ihrer guten Vorsätze fiel sie nun in den Sessel zurück, schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte: »Mr. Gates hat recht. Ich habe Houstons Leben ruiniert.«
Leander kniete vor ihr nieder, nahm sacht die Hände von ihrem Gesicht und flüsterte: »Begreifst du denn nicht, daß ich dich heiraten möchte und nicht Houston?«
Sie blickte ihn einen Moment an, spürte die Wärme seiner Hände an ihren Handgelenken und bedachte seine Worte. Doch damit sie nicht der Überzeugungskraft seiner Berührung erlag, löste sie den Kontakt mit ihm und trat ans Fenster.
»Du gehörst meiner Schwester. Schon als Kind faßte sie den Entschluß, dich zu heiraten. Ein ganzer Schrank ist gefüllt mit Wäsche, die sie mit deinem und ihrem Monogramm bestickte. Nie hat sie etwas anderes sein wollen als Mrs. Leander Westfield. Sie liebt dich! Hast du das nicht gewußt? Und die Liebe meines Lebens ist die Medizin. Seit meinem zwölften Lebensjahr träume ich davon, und nun habe ich mein Ziel erreicht und einen Posten als Assistenzärztin in einer namhaften Klinik bekommen. Ich werde ihn antreten, Alan heiraten und glücklich sein bis ans Ende meiner Tage.«
Leander verlor seinen fürsorglichen Blick und schoß kerzengerade in die Höhe. »Alan? Wer, zum Teufel, ist denn das?«
»Seit ich nach Chandler zurückgekommen bin, hat mich nicht einer danach gefragt, wie es mir in Pensylvania ergangen ist. Gates schreit mich nur an, daß ich ein unmoralisches Mädchen sei; Mutter sitzt stumm dabei und näht; Houston fährt jeden Tag zur Schneiderin, um neue Kleider anzuprobieren; und du ... du stehst da
Weitere Kostenlose Bücher