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Herz aus Feuer

Titel: Herz aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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sie ihn glücklich erreicht hatte, wartete sie ein paar Sekunden, bis ihr keuchender Atem etwas ruhiger ging, ehe sie ihren Abstieg fortsetzte.
    Als sie endlich auf sicherem Boden stand, blickte sie mit einem Gefühl des Triumphes zu ihrem Fenster hinauf. Niemand konnte sie gegen ihren Willen festhalten, wenn sie nicht bleiben wollte.
    Das hörte sie links von sich ein Geräusch und wirbelte herum.
    Ein Streichholz flammte auf und beleuchtete das Gesicht von Leander, der sich eine seiner dünnen, langen Zigarren anzündete. »Brauchst du jemand, der dir deine Tasche tragen hilft?« fragte er, als er den Blick auf sie richtete.
    »Was machst du denn hier?« fauchte sie.
    »Ich beschütze, was ich als mein Eigentum betrachte«, erwiderte er lächelnd.
    »Du hast hier gestanden, während ich im Baumwipfel um mein Leben kämpfte?«
    »Es war nicht ganz so hoch, und soweit ich sehen konnte, war dein Leben nie wirklich in Gefahr. Bei welchem Meister hast du denn das Klettern erlernt?«
    »Gewiß nicht bei dir. Du hast schon als Junge nur unter Bäumen gestanden und gewartet, daß einer deiner Spielgenossen herunterfiele.«
    »Was für seltsame Vorstellungen du von mir hegst! Mich wundert, wo du sie hernimmst. Solltest du aber deine nächtlichen Turnübungen beendet haben, schlage ich vor, daß wir dich wieder ins Haus zurückbefördern. Nach Ihnen, meine Gnädigste!« sagte er mit einer schwungvollen Verbeugung zum Baum hin.
    »Ich habe nicht vor, dieses Haus noch einmal zu betreten. Ich werde in einer Viertelstunde in einem Zug sitzen, der mich nach Denver bringt.«
    »Nicht, wenn ich es Gates erzähle. Der wird dich mit einer geladenen Schrotflinte am Bahnhof abpassen, wie ich ihn kenne.«
    »Das wagst du nicht!«
    »Hast du vergessen, daß er mein Verbündeter ist? Ich lasse nicht zu, daß du Chandler verläßt — weder jetzt noch später.«
    »Ich fürchte, ich fange an dich zu hassen.«
    »Davon habe ich gestern nacht aber nichts gemerkt«, sagte er weich. »Soll ich dir nun beweisen, wie grundlos deine Befürchtung ist, oder dir helfen, in deine Kemenate zurückzukehren?«
    Blair knirschte mit den Zähnen. Auch er würde irgendwann einmal schlafen müssen, und diesen Augenblick wollte sie für einen neuen Fluchtversuch abpassen.
    »Hör auf, mich anzuschauen, als wolltest du meinen Kopf zum Frühstück auf dem Tablett serviert haben, und gib mir deine Hand!« Er sprang in die Höhe, zog sich mit einem Klimmzug auf den untersten Ast hinauf und beugte sich zu ihr hinunter.
    Widerstrebend überließ sie ihm ihren Arm und fand ein heimliches Vergnügen daran, sich so ungeschickt wie möglich anzustellen.
    Als sie endlich das Dach des Hauses erreicht hatten, half er ihr erst durch das Fenster in ihre Mansarde hinein, ehe er sich vorbeugte und flüsterte: »Wie wäre es mit einem Gute-Nacht-Kuß?«
    Blair hob ihm mit einem leisen Lächeln das Gesicht entgegen, als wollte sie ihm gewähren, was er verlangte; ließ aber im letzten Moment das Schiebefenster heruntersausen, daß es ihm nur mit knapper Not gelang, seine Finger vor einer Amputation zu bewahren. Dann spitzte sie hinter der Scheibe die Lippen und zog die Vorhänge zu.
    Als sie sich mit einem zufriedenen Lächeln vom Fenster fortdrehte, hörte sie einen Zweig brechen, einen unterdrückten Schrei und dann einen dumpfen Aufprall.
    »Er ist vom Baum gestürzt!« dachte sie erschrocken, riß die Vorhänge zur Seite und das Fenster wieder auf. »Lee!« rief sie so laut, wie sie das unter den gegebenen Umständen wagte, und streckte den Kopf zum Fenster hinaus.
    Im selben Moment kam sein Gesicht aus dem Schatten neben dem Mansardenfenster heraus, und ehe sie sich von ihrer Überraschung erholt hatte, drückte er ihr rasch einen
    Kuß auf den Mund und sagte: »Wußte ich es doch, daß du mir nicht widerstehen kannst!«
    Dann hüpfte er vom Dach auf den stärkeren Ast der Ulme hinunter und stand in Rekordzeit wieder unten auf dem Boden. »Du hättest bei mir lernen sollen, wie man auf Bäume klettert!« rief er lachend zu ihr hinauf und kauerte sich dann vor dem Stamm ins Gras, als habe er vor, die ganze Nacht unter ihrem Fenster zu verbringen.
    Blair warf das Fenster wieder zu und ging zu Bett.

Kapitel 8
    Am Sonntagmorgen befahl Gates seiner Stieftochter Blair, sich so anzuziehen, daß die Leute in der Kirche sie für eine Lady halten konnten.
    Das Frühstück war eine bedrückende Angelegenheit. Houston saß noch steifer da als sonst, und sie und ihre Mutter schienen

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