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Herz aus Feuer

Titel: Herz aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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die ganze Nacht über geweint zu haben. Duncan trug die Maske eines Märtyrers zur Schau, der sich für seine Familie opfern mußte.
    Gleich nach dieser schrecklichen Mahlzeit erklärte Opal, sie sei unpäßlich, könne daher nicht am Gottesdienst teilnehmen, und zog sich wieder aufs Zimmer zurück. Darauf drängte Gates Blair in eine Ecke und sagte, wenn sie so weitermache, brächte sie ihre Mutter noch ins Grab.
    In der Kirche sollte es noch schlimmer werden. Der Pfarrer schien die Tragödie der Zwillinge für einen Riesenspaß zu halten und brachte die Gemeinde zum Lachen, indem er verkündete, Lee habe sich bei seiner ersten Verlobung vertan und wolle nun die andere Schwester heiraten.
    Nach dem Gottesdienst stürzten die Gläubigen auf die Schwestern zu und wollten wissen, wie es denn zu diesem Gesinnungswandel des Verlobten oder Entlobten gekommen sei; doch Houston stand nur da, als wäre sie aus
    Stahl gemacht. Und als Leander versuchte, ein paar Worte mit ihr zu reden, fertigte sie ihn so schroff ab, daß er beschloß, seine Wut und Enttäuschung an Blair auszulassen. Er packte sie beim Arm und zerrte sie aus der Kirche hinaus zu seiner wartenden Kutsche.
    Nachdem er sie mehr ins Polster geworfen als gehoben hatte, preschte er dem südlichen Ende der Stadt zu. Erst als die letzten Häuser längst hinter ihnen lagen, erlaubte er dem Pferd eine maßvollere Gangart.
    Blair rückte ihren Hut gerade. »Hast du erwartet, sie würde dir zulächeln und etwas Nettes sagen?«
    Er brachte die Kutsche zum Stehen. »Ich dachte, sie würde vernünftiger sein. Schließlich habt ihr beiden mit diesem Spiel angefangen. Ich hatte nie vor, sie öffentlich zu demütigen.«
    »Du brauchst mich nur zum Bahnhof zu bringen, mich in den nächsten Zug nach Pennsylvania zu setzen, dann einen Kniefall vor Houston zu machen, und ich bin überzeugt, sie nimmt dich zurück.«
    Er betrachtete sie eine geraume Weile. »Nein«, sagte er schließlich, »das werde ich nicht tun. Wir beide werden heiraten. Ich habe einen Picknickkorb mitgenommen für einen Lunch zu zweit.« Damit wickelte er die Zügel um die Bremskurbel, stieg vom Bock und wollte auf der rechten Seite Blair aus der Kutsche helfen. Doch als er um das Pferd herumkam, fing er an zu hinken. »Ich glaube, ich habe einen Stein im Schuh«, sagte er und lehnte sich gegen einen Baum, um ihn zu entfernen.
    Blair sah ihm zunächst dabei zu, bis sich ihr das Bild ihrer Schwester aufdrängte, das sie in der Kirche geboten hatte, als der Pfarrer ihre Entlobung bekanntgab. Da dachte sie wieder, daß sie nicht in Chandler bleiben oder die Frau dieses Mannes werden wollte, wickelte hurtig die Zügel von der Bremse, ließ das Leder auf den Rücken des Pferdes klatschen und stob mit der Kutsche davon, während Leander, einen Schuh in der Hand, vergeblich versuchte, das Pferd wieder anzuhalten. Er rannte noch eine Weile hinter der Kutsche her, gab dann jedoch die Verfolgung auf, als er mit dem unbewehrten Fuß auf etwas Spitzes trat.
    Als sie sah, daß er sie nicht mehr einholen konnte, lenkte sie die Kutsche nach Chandler zurück. Sie mußte einen Weg finden, dieser Stadt zu entrinnen. Da der Pfarrer heute morgen von der Kanzel ihre Verlobung mit Leander bekanntgegeben hatte, konnte sie nicht ohne weiteres zum Bahnhof fahren und einen Zug besteigen. Wenn man Chandler heißt und in einer Stadt gleichen Namens wohnt, ist man der öffentlichen Neugierde ausgeliefert. Doch morgen sollte Alan ja nach Chandler kommen, und vielleicht half er ihr, aus der Stadt zu flüchten. Trotz ihrer festen Worte, mit dem sie ihn verteidigt hatte, kamen ihr doch Zweifel, ob er sie noch haben wollte nach allem, was in den letzten Tagen passiert war.
    Kaum sah sie ihr Vaterhaus am Ende der Straße, als sie schon wußte, daß neues Unheil sie dort erwartete. Opal saß auf der Veranda und kam ihr jetzt auf der Vortreppe entgegen: »Weißt du, wo deine Schwester ist?«
    »Nein«, sagte Blair. »Sollte sie etwa weggelaufen sein? Ich will mich nur umziehen, und dann suchen wir sie.«
    »Das Schlimmste weißt du ja noch gar nicht«, sagte Opal und setzte sich wieder in ihren Schaukelstuhl. »Dieser schreckliche Mann, Mr. Taggert, kam nach dem Gottesdienst in die Kirche und erzählte allen, daß er sich mit Houston am selben Tag vermählen würde, an dem du mit Leander getraut wirst. Was ist nur aus meiner Familie geworden? Mr. Gates sagt, dieser Mann ist über Leichen gegangen, um Karriere zu machen; und ich fürchte, Houston

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