Herz aus Feuer
überredet, mit mir in eine Art Wettkampf um Blairs Hand einzutreten. Ich habe bis zum Zwanzigsten Zeit, sie für mich zu gewinnen; denn am Zwanzigsten wird sie entscheiden, ob sie mich heiraten oder mit Hunter die Stadt verlassen will.«
Er drehte Opal das Gesicht zu. »Aber ich glaube, ich befinde mich auf der Verliererstraße. Ich weiß nicht, wie ich sie für mich einnehmen soll. Ich habe noch nie um eine Frau geworben und bin ziemlich ratlos, was die Vorgehensweise betrifft. Ich habe es mit Blumen versucht, mit Pralinen und einem Possenspiel, das mich zum Gespött der ganzen Stadt machte — mit allem, was nach meinen Begriffen einer Frau Freude machen könnte; doch nichts davon scheint zu funktionieren. Am Zwanzigsten wird sie mit Hunter die Stadt verlassen«, wiederholte er, als wäre ihm das der unerträglichste Gedanke, und mit einem Seufzer beichtete er nun minuziös, was sich in den letzten Tagen zugetragen hatte — angefangen bei dem Überrumpelungsmanöver auf dem See, über die Pferdeattacke beim Picknick bis hin zu der Standpauke heute morgen, die zugegebenermaßen etwas hart ausgefallen sei.
Opal blickte eine Weile nachdenklich vor sich hin. Dann sagte sie mit erstaunter Stimme: »Du scheinst sie offenbar sehr zu lieben, Lee.«
Lee setzte sich kerzengerade auf. »Ich weiß nicht, ob man es wirklich Liebe nennen kann . . .« Er blickte Opal von der Seite an, merkte, daß er auch hier ins Hintertreffen geriet, und korrigierte sich: »Nun gut, vielleicht bin ich tatsächlich in sie verliebt, so sehr, daß es mir nichts ausmacht, zum Stadttrottel erklärt zu werden — wenn ich sie nur bekomme.«
Dann raffte er sich zu seiner Verteidigung auf: »Aber ich bin nicht so vertrottelt, zu ihr zu gehen und ihr mit feuchten Augen zu erklären, daß ich schon nach einer Nacht, die ich mit ihr verbracht habe, ohne sie nicht mehr leben könne. Wenn man mir die Rosen, die ich bringe, ins Gesicht schleudert, ist das eine Sache, eine ganz andere jedoch, falls mir das gleiche mit einem Geständnis unsterblicher Liebe passierte . . .«
»Da könntest du recht haben. Weißt du, wie dieser andere Mann um sie wirbt?«
»Ich habe glatt vergessen, sie danach zu fragen.«
»Er muß dieser >Freund< sein, der ihr laufend medizinische Bücher nach Chandler schickte. Wenn Blair eines davon liest, verläßt sie eine Stunde später das Haus und sagt, daß sie sich mit dir treffen will.«
»Ich habe ein ganzes Zimmer voll medizinischer Bücher; kann mir aber nicht vorstellen, daß ich eines davon einer Frau ins Haus schicken würde. Was die Medizin betrifft, scheine ich mit Mr. Gates einig zu gehen. Ich wünschte, sie würde diese absurde Idee aufgeben, sich häuslich niederlassen und . ..«
»Und was? Houston ähnlicher werden? Du warst ja mit einer perfekten Hausfrau verlobt; hast dich aber in eine andere verliebt. Ist dir noch nicht der Gedanke gekommen, daß Blair nicht mehr Blair ist, wenn sie die Medizin aufgibt?«
Eine Weile lang herrschte Schweigen zwischen ihnen.
»In diesem Stadium bin ich bereit, alles zu versuchen. Du glaubst also, ich sollte ihr ein paar von meinen medizinischen Fachbüchern schenken?«
»Lee«, sagte Opal behutsam. »Warum bist du Arzt geworden? Wann ist dir zuerst der Gedanke gekommen, daß du dein Leben diesem Beruf weihen möchtest?«
Er lächelte. »Als ich neun Jahre alt war und meine Mutter krank wurde. Der alte Doc Brenner blieb zwei Tage lang an ihrem Bett, und sie überlebte. Da wußte ich, daß für mich nur dieser Beruf in Frage kam.«
Opal blickte einen Moment über den Garten hin. »Als meine Töchter elf Jahre alt waren, nahm ich sie mit nach Pennsylvania, um dort meinen Bruder Henry, der Arzt ist, und dessen Frau Flo zu besuchen. Kaum waren wir dort angekommen, als Flo, Houston und ich an einem Fieber erkrankten. Es war nichts Bedrohliches; aber wir mußten ein paar Tage das Bett hüten und Blairs Versorgung dem Personal überlassen. Mein Bruder meinte, sie fühlte sich einsam, und lud sie ein, ihn zu begleiten, wenn er seine Hausbesuche machte.«
Mit einem Lächeln fuhr sie fort. »Ich erfuhr erst ein paar Tage später, was sich inzwischen zugetragen hatte, als Henry vor Aufregung nicht mehr schweigen konnte. Offenbar hatte Blair seine Anweisungen mißachtet, sich von seinen Patienten fernzuhalten. Am ersten Tag half Blair ihrem Onkel bei einer schwierigen, ziemlich üblen Geburt, behielt dabei immer eine klaren Kopf und geriet auch nicht in Panik, als die Patientin einen
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