Herz aus Feuer
als Ersatz für eine verlorengegangene Liebe!«
»Schön, wenn du so klug bist, dann sage mir doch, was du ihr an meiner Stelle erzählt hättest!«
Lee öffnete den Mund und schloß ihn wieder: Wenn Reed ihr die Wahrheit erzählt hätte, wäre Blair ihm zweifellos ins Bergwerkslager gefolgt, um ihm zu helfen. Selbst Kanonenkugeln hätten sie nicht davon abgehalten. »Und was soll ich jetzt machen? Ihr erzählen, daß mein Vater ein Lügner ist und es keine andere Frau neben ihr gab oder gibt?«
»Wo bist du denn in deiner Hochzeitsnacht gewesen? Auf einem Berg herumgestiegen? Willst du ihr von dem verwundeten Gewerkschaftsvertreter erzählen, den du zu einem anderen Arzt gebracht hast? Wird das deine kleine Frau davon abhalten, dir das nächstemal zu folgen?«
Lee stöhnte. »Vermutlich wird sie sich im Kutschkasten verstecken und im denkbar ungünstigsten Augenblick herausspringen, um sich vor die Gewehre der Bergwerkswächter zu werfen.«
»Vielleicht sollten wir sie erst einmal finden«, sagte Reed. »Wir werden mit der Suche so diskret wie möglich beginnen. Wir wollen nicht die ganze Stadt darauf aufmerksam machen, daß sie dir davongelaufen ist.«
»Sie ist mir nicht davongelaufen«, fauchte Lee. »Sie ist. . .« Aber er wußte nicht, wo sie war.
Kapitel 20
Leander und sein Vater suchten die ganze Nacht nach Blair. Lee meinte, sie könnte in ihrer Aufregung in der Stadt umhergewandert sein. Sie kämmten alle Straßen nach ihr ab; fanden aber nirgends eine Spur von ihr.
Am nächsten Morgen beschlossen sie, die Geschichte zu verbreiten, daß sie zu einem Notfall gerufen worden sei, aber niemandem gesagt habe, wohin sie ginge, und Lee sich nun ihretwegen Sorgen machte. Die Geschichte erlaubte ihnen wenigstens, sich öffentlich nach ihr zu erkundigen.
Es gab zwar einigen Spott, weil Lee die Frau schon in der Hochzeitsnacht verlorengegangen war; aber es gelang ihnen, die Befragung mit einigem Anstand durchzustehen. Lee kümmerte der Spott wenig. Seine Sorge galt nur Blair, wo sie sich aufhalten mochte und ob sie wohlauf sei. Sie war eine so impulsive Frau, und sie hatten so wenig, auf das sie ihre Ehe stützen konnten. Deshalb fürchtete er, sie könnte zu ihrem Onkel nach Pennsylvania zurückgekehrt sein und ließe sich nie mehr zu einer Rückkehr bewegen. Er hatte Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit sie ihn heiratete; doch er wollte das alles nicht noch einmal durchmachen, um sie zu überreden, auch bei ihm zu bleiben.
Am Nachmittag war er so erschöpft, daß er auf ihrem noch ungemachten Bett zusammenbrach und sofort einschlief. Er würde am nächsten Morgen Dr. Henry telegrafieren, daß er Blair so lange bei sich behalten solle, bis er kam und sie wieder bei ihm abholte.
Er erwachte, als ihn eine schwere Hand an der Schulter rüttelte.
»Westfield! Aufwachen, Westfield!«
Schlaftrunken wälzte sich Lee auf den Rücken und sah Kane Taggert mit zornigem Gesicht über sich stehen. Er hielt ein Stück Papier in der Hand. »Wo ist deine Frau?« herrschte Kane ihn an.
Lee setzte sich auf und fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar. »Ich fürchte, sie hat mich verlassen«, sagte er. Es hatte keinen Sinn, seinem Schwager die Wahrheit vorzuenthalten. Bald würde die ganze Stadt sie wissen.
»Das hatte ich mir fast gedacht. Schau dir das an.«
Er schob Lee das schmutzige, zerknitterte Papier in die Hände. Darauf stand, aus primitiven Blockbuchstaben zusammengesetzt, folgende Botschaft:
WIR HABEN IHRE FRAU. HINTERLEGEN SIE MORGEN $ 50 000 AM TIPPING ROCK. WENN NICHT, STIRBT SIE.
»Houston?« fragte Leander. »Ich hole nur meinen Revolver, und dann gehe ich mit dir, Weißt du, wer sie in seine Gewalt gebracht hat? Hast du das schon dem Sheriff gemeldet?«
»Moment, Moment«, sagte Kane und setzte sich auf den Bettrand. »Houston geht es gut. Wir beide sind seit der Trauung nicht mehr in der Stadt gewesen. Wir kamen erst heute mittag wieder nach Hause. Und das lag mit einem Haufen anderer Post auf meinem Schreibtisch.«
Lee fuhr aus dem Bett, als habe ihn der Blitz getroffen. »Dann haben sie Blair in ihrer Gewalt! Ich muß sofort den Sheriff holen . . . nein, der Mann würde sie niemals finden. Ich werde selbst gehen und . . .«
»Sachte, sachte«, sagte sein hünenhafter Schwager. »Wir sollten erst nachdenken, ehe wir etwas Übereiltes tun. Als ich heute mittag nach Hause kam, erwartete mich dort ein Mann aus Denver, der mir erzählte, er sei auf dem Weg zu mir von einer neuen Bande
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