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Herz aus Feuer

Titel: Herz aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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hinunter und hatte sich so durch die »Hintertür« ins Lager geschlichen. Dann war er im Schatten der Hütten von Haus zu Haus gerannt, bis er die Wohnung eines Bergmanns erreichte, von dem er wußte, daß er das Risiko auf sich nehmen würde, einen Gewerkschafter bei sich zu verstecken.
    Die Frau des Bergmanns hatte ihn eingelassen und die Hände gerungen, weil die Wächter jedes Haus durchsuchten und der Gewerkschaftsvertreter im Hinterhof zwischen hohen Unkräutern versteckt lag — blutend und stöhnend vor Schmerzen. Niemand wagte, zu ihm zu gehen; denn wenn er entdeckt wurde, bedeutete das den Tod für jeden, den man in seiner Nähe fand. Wenn die Wächter das Lager durchsucht und nichts gefunden hatten — keine Spur von einer Infiltration —, würden sie den Bergarbeitern nichts tun. Aber wenn sie einen Hinweis fanden, daß sich ein Unbefugter eingeschlichen hatte . . . Die Frau schlug die Hände vors Gesicht. Wenn der Gewerkschafter auf dem Hof hinter ihrem Haus gefunden wurde, würde sie mit ihrer Familie aus dem Lager gejagt — ohne Lohn und ohne Aussicht auf einen neuen Job.
    Lee drückte ihr sein Mitgefühl aus, verschwendete aber keine Zeit mit vielem Reden. Er ging in den verunkrauteten Hinterhof, lud sich den untersetzten Mann auf die Schulter und unterzog sich der langen, mühsamen Aufgabe, den Mann wieder aus dem Lager zu schmuggeln. Es gab nur einen Weg, wenn dieser Versuch Erfolg haben sollte, und zwar schnurstracks den Berg hinauf.
    Leander nahm diesen Weg und hielt ein paar Mal an, um zu lauschen und sich zu verschnaufen. Der Lärm unter ihm schien sich ein wenig zu legen. Es gab eine Menge Kantinen in den Bergwerkslagern, und die Bergmänner gaben zu oft das meiste von ihrem Lohn für Alkohol aus. Nun konnte Lee ein paar betrunkene Männer hören, als sie ihren Hütten zuwankten, vermutlich ohne zu wissen, daß man inzwischen ihre Wohnungen durchsucht hatte — was dem Gesetz nach den Vertretern des Eigentümers jederzeit gestattet war.
    Auf dem Scheitel des Berges setzte Leander seine Last ab und versuchte im Mondlicht festzustellen, wo und wie schwer der Mann verletzt war. Er hatte wieder zu bluten angefangen, als Lee ihn bewegt hatte. Lee verband die Wunden des Mannes so gut er konnte, damit die Blutungen aufhörten, lud sich den Verletzten erneut auf die Schulter und begann, den Berg an der Stelle hinunterzusteigen, wo seine Kutsche unter Bäumen versteckt war.
    Er konnte den Mann unmöglich in den engen Laderaum unter dem Sitzbrett zwängen; also setzte er ihn neben sich auf den Bock und fuhr so behutsam wie möglich.
    Er nahm die Straße nach Norden auf Colorado Springs zu. Mit dem Mann konnte er nicht nach Chandler zurückkehren, weil er dort gewiß von vielen, wenn auch arglosen Leuten gefragt werden würde, wer dieser Mann sei und wo er verwundet worden war. Lee wollte nicht riskieren, daß man ihm auf die Schliche käme. Er würde keinem Bergarbeiter mehr helfen können, wenn auch nur der Verdacht aufkam, daß er die Gewerkschaft bei ihren Bemühungen unterstützte, die Bergarbeiter zu organisieren.
    Am Stadtrand von Colorado Springs wohnte ein Freund von ihm — ein Arzt, der nicht dazu neigte, viele Fragen zu stellen. Lee legte den Verwundeten auf den Operationstisch seines Freundes und murmelte, daß er den Mann unterwegs am Straßenrand gefunden habe. Der alte Arzt sah Lee an und sagte: »Ich dachte, du hättest gestern geheiratet. Du hast doch wohl nicht deine Hochzeitsnacht damit verbracht, die Straßenränder nach halbtoten Männern abzusuchen?«
    Ehe Leander etwas darauf antworten konnte, sagte der Alte: »Erzähl mir nichts. Ich will es nicht wissen. Schauen wir uns lieber den Patienten an.«
    Als Lee nun wieder nach Chandler zurückfuhr, war es zwei Uhr nachmittags. Den toten Punkt hatte er längst wieder überwunden. Er wollte nur etwas essen, sich dann hinlegen und schlafen — zusammen mit Blair. Die letzten Stunden hatte er fast ausschließlich damit verbracht, sich eine Geschichte auszudenken, mit der er sie überzeugen konnte. Er entschied sich schließlich für die Version, daß man ihn zu einer Bande von Bankräubern gerufen habe, die sich untereinander nicht über die Verteilung einer Beute einig geworden und deshalb zum Schießeisen gegriffen hatte — und deshalb hatte er nicht riskieren wollen, sie mitzunehmen, weil er fürchtete, sie könnte verletzt werden. Die Geschichte klang glaubhaft, und er hoffte, sie würde sich damit zufrieden geben. Allerdings

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