Herz aus Glas (German Edition)
ist, spricht auch für sich, finde ich.«
Ich biss die Zähne zusammen. »Hast du ihnen auch gesagt, dass David dieselben Sympt…«
»Er war auf denselben Partys wie du, Juli«, erinnerte Henry mich.
»Mist!« Ich warf mich in die Kissen zurück. »Dann werden sie die Ermittlungen einstellen?«
Mein Vater seufzte. »Sieht so aus. Und das heißt für mich: Wir kehren nach Boston zurück. Sobald du dieses Krankenhaus verlassen darfst.«
»Nein!«, rutschte es mir heraus. »Warum?«
David griff nach meiner Hand und hielt sie ganz fest. »Weil irgendjemand auf Sorrow versucht, dir etwas anzutun, Juli. Wir haben keine Ahnung, warum, und ich werde nicht zulassen …«
»Eben!«, fiel ich ihm mitten ins Wort. »Wir haben keine Ahnung, warum! Und wir werden es nicht rausfinden, wenn wir jetzt einfach verschwinden!«
Auf der anderen Seite meines Bettes stieß Henry ein trockenes Lachen aus. »Sieht so aus, als hätte die Droge doch ihren Verstand in Mitleidenschaft gezogen«, sagte er spöttisch.
Ich funkelte ihn an. »Was soll das heißen?«
»Das heißt«, ergriff wieder David das Wort und hielt meine Finger nun mit beiden Händen fest, »dass wir nicht riskieren werden, dass du erneut in Gefahr gerätst.« Er schaute meinen Vater an und der nahm den Faden auf.
»Wir fahren nach Hause, Juli!«, sagte er. »Basta!«
Dr. Redwood ließ sich kurz bei mir blicken, nachdem Henry und mein Vater gegangen waren.
»Ihre Blutwerte entwickeln sich sehr positiv«, erklärte er mir. »Wie geht es Ihnen heute?«
»Ganz okay.«
»Noch schwindelig?«
»Nur wenn ich zu schnell aufstehe.«
»Übelkeit?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Halluzinationen?«
Davon hatte ich keine einzige gehabt, seitdem ich hier im Krankenhaus war. Na ja, vielleicht eine halbe, als ich am Fenster gestanden und dem Wind gelauscht hatte, aber das musste der Arzt nicht unbedingt wissen. »Nein«, sagte ich.
Davids Blick ruhte völlig ausdruckslos auf mir.
»Gut. Ich bin mit der Entwicklung sehr zufrieden. Wenn es morgen auch so aussieht, können Sie nach Hause gehen, denke ich.« Dr. Redwood sah mich ernst an. »Und in Zukunft passen Sie besser auf, was Sie auf Partys essen oder trinken.«
Ich nickte gehorsam, obwohl ich mich über seinen gönnerhaften Tonfall ärgerte. Wenn schon er als mein Arzt nicht an eine absichtliche Vergiftung glaubte, wie sollte es dann die Polizei tun?, schoss es mir durch den Kopf.
»Schön. Wir sehen uns dann morgen noch einmal.« Mit diesen Worten nickte Dr. Redwood erst David, dann mir zu und verschwand.
»Willst du mich loswerden?« Ich hatte mich lang auf dem Bett ausgestreckt und drehte jetzt den Kopf so, dass ich David ansehen konnte.
Er saß auf dem Stuhl neben mir und kippelte auf den beiden Hinterbeinen. Bei meiner Frage beugte er sich nach vorne, sodass auch die Vorderbeine wieder auf der Erde landeten. »Was soll das heißen?«
Ich wappnete mich, denn ich rechnete damit, dass er nach dem, was ich als Nächstes sagen wollte, wütend werden würde. »Irgendwie habe ich nicht das Gefühl, dass du diese Sache wirklich beenden willst. Sonst würdest du versuchen herauszufinden, was tatsächlich passiert ist.«
Es war ein nur schlecht versteckter Vorwurf. Genauso gut hätte ich behaupten können, dass er sich in seinen Selbstvorwürfen und mit seiner Selbstquälerei ganz gemütlich eingerichtet hatte.
Er schien das zu wissen, denn er antwortete mir nicht sofort.
»Ich meine«, fuhr ich fort, »ich habe das Gefühl, dass du dich für Charlies Tod noch immer selbst bestrafen willst. Darum willst du mich wegschicken, statt lieber herauszufinden, was auf Sorrow vor sich geht. Du magst diesen Zustand, in dem du dich befindest. Du denkst immer noch, du hast ihn verdient.« Ich raufte mir die Haare. »Gott, ihr Bells habt wirklich alle einen Knall!«
In Davids Miene arbeitete es eine ganze Weile lang heftig, bevor er leise antwortete: »Denkst du das wirklich?«
Ich wollte etwas sagen, aber ich wusste nicht so recht, was. Also schwieg ich. Mein Herz klopfte heftig. Es war das erste Mal seit dem Tag im Bootshaus, dass zwischen David und mir so etwas wie ein richtiger Streit in der Luft lag.
David schwieg ebenfalls. So lange, bis ich es nicht mehr aushielt.
»So, wie du dich im Moment verhältst, David«, sagte ich in etwas versöhnlicherem Tonfall, »hat Charlie dich noch immer in der Hand. Sie manipuliert dich noch immer, merkst du das nicht?«
Seine Kaumuskeln traten sichtbar hervor. Mit dem Knöchel seines
Weitere Kostenlose Bücher