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Herz aus Glas (German Edition)

Herz aus Glas (German Edition)

Titel: Herz aus Glas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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nicht wusste, was ich tun sollte.
    »Keine Angst!«, versuchte sie, mich zu beruhigen. »Ich tu Ihnen nichts!«
    Ein trockenes, ängstliches Lachen brach aus meinem Mund. Ich schwang die Füße aus dem Bett und stand auf. Ich war um einiges größer als sie. Kampflos würde ich mich nicht ergeben.
    Grace sah, wie ich mich anspannte, und auf einmal wirkte sie traurig. »Ich weiß, dass Sie mich für schuldig an all diesem hier halten. Die Polizei war bei mir.«
    »Was wollen Sie?« Klang meine Stimme tatsächlich so schrill? Ich schielte zu dem Schalter, mit dem man eine Schwester rufen konnte. Er befand sich auf der anderen Seite des Bettes, dort wo Grace stand. Na toll!
    »Ich habe einen schweren Fehler gemacht, Miss Wagner«, sagte Grace mit dumpfer Stimme. »Und ich bin hier, um ihn wiedergutzumachen.«
    Ich verstand kein Wort von ihrem Gerede, aber sie schien es nicht zu bemerken, denn sie sprach einfach weiter.
    »Mein Fehler war, dass ich Ihnen nichts von meinen Träumen erzählt habe.«
    »Was für Träume?« Ich ertappte mich dabei, dass ich zur Tür schielte und inständig hoffte, David würde wiederkommen. So viel dazu! Eben hatte ich ihn noch angemotzt und behauptet, ich würde ganz gut ohne seine Hilfe klarkommen, und jetzt, wo es ernst wurde … Ich brachte mehr Abstand zwischen mich und Grace und kämpfte gegen den Anflug von Panik an, der mich zu überrollen drohte. Die Droge war fast vollständig aus meinem Körper verschwunden, redete ich mir ein. Es gab keinen Grund, weiterhin paranoid zu sein.
    »Ich träume von einer Frau in einem roten Kleid, Miss Wagner. Es …«
    Ich riss eine Hand hoch, um sie zum Schweigen zu bringen, aber sie ignorierte mich einfach.
    »Es ist nicht Madeleine, die im Traum zu mir kommt.« Eindringlich starrte sie mich an. »Es ist …«
    »Charlie?«, krächzte ich und konnte selbst nicht glauben, dass ich das sagte.
    Grace jedoch nickte zufrieden. »Sie glauben, dass ich verantwortlich bin für das, was Ihnen passiert, Miss Wagner, aber in Wahrheit hängt alles mit Charlie zusammen.«
    In diesem Moment explodierte etwas hinter meinen Augen. Es gibt die Redewendung »rotsehen« und tatsächlich senkte sich nun ein roter Schleier über meinen Blick. »Hören Sie endlich auf, in Rätseln zu sprechen!«, schrie ich Grace an.
    Die zuckte zusammen, aber sie schien weiter entschlossen zu sagen, weswegen sie gekommen war. »Das Wispern, das Sie gehört haben, Miss Juli. Ich war es nicht. Und Madeleine hat mir gesagt, dass sie es auch nicht war.«
    »Madeleine ist ein Geist! Sie existiert nicht!« Während ich das zischte, öffnete sich die Tür und David stand auf der Schwelle.
    Als er Grace erblickte, wurde er blass. »Was machen Sie hier?«
    Grace wich vor ihm zurück, bis sie beinahe mein Bett berührte. Ich drängte mich weiter zurück gegen die Fensterbank. Irgendwie brauchte ich so viel Abstand wie möglich zu dieser Verrückten. »Ich will Miss Wagner nur …«
    »Raus!« David brüllte. Dann wurde er sich dessen bewusst und riss sich zusammen. »Sofort!«, fügte er etwas leiser hinzu und trat zur Seite, um Grace durchzulassen.
    Sie zögerte, doch dann nickte sie. Sie ging zur Tür, aber bevor sie das Zimmer verließ, blieb sie noch einmal stehen und wandte sich zu mir um.
    »Sie wollen Antworten, Miss Wagner«, flüsterte sie. »Sie finden sie auf den Klippen!«

A m nächsten Morgen waren meine Werte tatsächlich so gut, dass Dr. Redwood mich entließ. Mein Vater und Henry kamen, um David und mich abzuholen. David, der nach Grace’ Verschwinden gestern Abend nicht mehr von meiner Seite gewichen war, ging zusammen mit seinem besten Freund in die Cafeteria, um sich einen starken Kaffee zu holen.
    Dad starrte ihm hinterher, als er das Krankenzimmer verließ. »Er sieht ziemlich müde aus.«
    »Er hat vergangene Nacht nicht viel geschlafen.« Ich erzählte ihm von Grace’ Auftauchen und dem Schrecken, den sie uns beiden eingejagt hatte.
    Mein Vater runzelte grimmig die Stirn. »Das ist jetzt alles vorbei. Jason hat uns ein kleines Charterflugzeug bereitstellen lassen. Wir verlassen Vineyard noch heute.«
    Ich nickte nur und er sah mich erstaunt an. Natürlich hatte er geglaubt, dass ich mich weigern würde, Sorrow so bald schon zu verlassen. Aber als er mich jetzt eindringlich musterte, begriff er wohl, dass Grace der Grund dafür war, warum ich meine Meinung geändert hatte. Ihr unheimliches Verhalten hatte mir klargemacht, dass ich Abstand brauchte. Trotzdem war ich

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