Herz aus Glas (German Edition)
öffnete sich die Tür und er kam wieder herein. Auf seinem Gesicht lag ein zufriedenes Lächeln. »Wie es aussieht, hat die Schwester sich bei der Besuchszeit geirrt.« Er kam an mein Bett und setzte sich auf dessen Kante.
Ich musterte ihn. »Wie das?«
Er tippte nur gegen die Innentasche seiner Jacke, wo er, wie ich wusste, seine Brieftasche aufbewahrte. »Sagen wir, es gibt Regeln, die sich mit genügend Bargeld ganz einfach aus dem Weg räumen lassen.«
Der nächste Tag verging in ziemlicher Eintönigkeit. Ich musste eine ganze Reihe Untersuchungen über mich ergehen lassen und ständig in irgendwelche Gläser pinkeln. Man nahm mir mindestens zwei Liter Blut ab. Jedenfalls fühlte es sich so an – so oft, wie ich gestochen wurde. Aber genau wie Dr. Redwood in Aussicht gestellt hatte, klangen die Symptome meiner White-Rage -Vergiftung langsam ab. Die Übelkeit ließ nach und schließlich auch der Schwindel.
Als ich nach einem Schädel-CT, das Dr. Redwood angeordnet hatte, weil ich so oft ohnmächtig geworden war, wieder in mein Zimmer zurückkam, warteten dort Henry und mein Vater auf mich.
»Hey!«, grüßte Henry mich gut gelaunt. »Ich dachte mir, ich begleite deinen Vater mal hierher. Ich hoffe, das ist dir recht?«
Ich schaute an dem Jogginganzug herab, den ich trug, und zuckte die Achseln. »Wenn du mich in diesem Aufzug ertragen kannst.«
Er grinste breit. »Dir steht doch alles, Baby!«
Ich zog eine Grimasse, dann gab ich meinem Vater einen Kuss auf die Wange. »Schön, dass du da bist. Wo ist David?«
»Er wollte sich nur ein bisschen was zu essen holen«, antwortete Dad. »Er kommt gleich wieder.« Sein Blick ruhte auf dem Stapel Zeitschriften, die David gelesen haben musste, während er auf meine Rückkehr wartete. »Morgen bringe ich ihm ein Buch mit«, grummelte er.
Aber nicht Rebecca, schoss es mir durch den Kopf. »Habt ihr mittlerweile die Polizei verständigt?«, fragte ich, während ich in mein Bett kletterte und mir die Kissen im Rücken zurechtstopfte.
»Sie suchen nach dem Täter.« Henry nickte. Sein Blick fiel auf das Tablett auf meinem Nachtschrank. Die übliche Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen, das eher nach Plastik aussah als nach etwas, das man mit Genuss essen konnte.
Der Täter.
Ich schluckte. Es war ein unheimliches Gefühl zu wissen, dass einem jemand etwas Schlechtes wollte. Beinahe so unheimlich, wie mit vernebeltem Verstand an der Brüstung eines Balkons oder auf den Gay-Head-Klippen zu stehen und den Drang zu verspüren, in die Tiefe zu springen.
»Grace«, murmelte ich. Inzwischen war ich mir ganz sicher, dass nur sie hinter alldem stecken konnte. Sie hatte Zugang zu meinem Zimmer gehabt und das Buch nach Belieben nehmen und wieder hinlegen können. Außerdem hatte sie die Mahlzeiten serviert, die ich gegessen hatte. Für sie wäre es ein Leichtes gewesen, die Droge hineinzumischen. An den meisten Abenden hatte ich außerdem die Milch von ihr gebracht bekommen. Hatte nicht Dr. Redwood behauptet, dass White Rage in Verbindung mit Kalzium Wahnvorstellungen auslöste? Milch enthielt eine Menge Kalzium. Und dann war da auch noch Grace’ sonderbare Faszination von Madeleines Fluch … oh ja, ich hatte genug Zeit gehabt, um darüber nachzudenken, und war inzwischen ziemlich überzeugt davon, dass Grace einen Knall hatte.
Die Tür öffnete sich und David kehrte zurück. Er nickte Henry und Dad zu, dann setzte er sich neben mich. »Alles okay mit dem CT?«, fragte er.
Ich bejahte und sah Henry an, um unser unterbrochenes Gespräch wieder aufzunehmen.
Er schürzte die Lippen. »Ich glaube nicht, dass die Cops etwas herausbekommen.«
»Warum nicht?« Es war mein Vater, der das fragte.
»Die Polizei glaubt nicht an eine Verschwörung«, sagte Henry leise. »Dein Dad und ich haben eine Aussage gemacht und ich habe gesagt, dass wir Grace verdächtigen. Sie haben sie in ihrem Zuhause aufgesucht und befragt, aber sie behauptet, dass sie nichts damit zu tun hat. Sie glauben ihr offenbar.« Er verzog das Gesicht. »Sie denken, dass du dir die Droge irgendwo auf einer der Partys der letzten Tage eingehandelt hast.«
»Aber Dr. Redwood hat gesagt, wenn es so wäre, müssten die Werte niedriger sein. Er denkt, dass mir die Droge über einen längeren Zeitraum verabreicht worden sein muss.«
»Es gab mehrere Partys in den letzten Tagen, oder?« Henry zuckte die Achseln. »Die Polizisten werden noch kommen und dich befragen, aber die Tatsache, dass das nicht längst geschehen
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