Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herz aus Glas (German Edition)

Herz aus Glas (German Edition)

Titel: Herz aus Glas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
Vom Netzwerk:
Glas.
    »Nichts!«
    Langsam schüttelte er den Kopf. »Du lügst!«
    Mir stieg das Blut in die Wangen. »Ich habe mich gefragt, warum du die Bilder so lange anstarrst.«
    Er trat einen Schritt zurück. »Du musst mich für ziemlich schräg halten.«
    Du ahnst gar nicht, wie sehr!
    Ich zuckte nur die Achseln. Einige Sekunden verstrichen mit unangenehmem Schweigen. »Also?«, hakte ich nach.
    Er streckte erneut die Hand nach der Muschel auf dem Bild aus. »Charlie hat Henrys Malerei geliebt«, flüsterte er.
    Jetzt schluckte ich schwer.
    »Hab ich es nicht gesagt?« Henrys Stimme kam vom oberen Treppenabsatz. »Wenn du dich mit David abgibst, meine Liebe, steht Charlies Geist jederzeit zwischen euch.«
    Ich runzelte die Stirn, als ich sah, wie sich Davids Gesichtsausdruck verfinsterte. »Es wäre mir sehr recht, Henry«, sagte David steif, »wenn du wenigstens das Wort Geist vermeiden würdest.«
    Der Gastgeber, der die Poolparty veranstaltete, war ein Junge namens Zac. Sein Zuhause lag am Ende einer Auffahrt, die noch ein bisschen länger war als die von Sorrow . Aber anders als das Haus von Davids Vater wirkte das, vor dem Henry jetzt seinen Sportwagen parkte, nicht altehrwürdig, sondern ziemlich modern. Viel Glas und Beton, davor eine Veranda aus silberfarbenem Holz. Als wir die Stufen zum hell erleuchteten Eingang hochgingen, schwang bereits die Haustür auf und ein echter Butler begrüßte uns mit steifem Nicken.
    »Guten Abend, Master Bell! Mr Farrisson!« Der Blick seiner grauen Augen streifte mich, als gehöre ich nicht so recht zu den beiden dazu. »Miss!«
    Henry grinste breit. Ich verzog das Gesicht. »Warum habe ich das Gefühl, dass er mich beinahe Missy genannt hätte?«, flüsterte ich ihm zu.
    Henrys Lachen wurde zu einem leisen Glucksen. »Ach! Raleigh ist schon in Ordnung. Wenn man mal von dem Stock in seinem Arsch absieht.«
    »Master Bell?« Ich unterdrückte ein Lachen. War ich hier in einem Roman von Charlotte Brontë gelandet oder was? Nicht nur, dass Grace diese vollkommen veraltete Anrede für David benutzte, was ich noch irgendwie hingenommen hatte. Immerhin war das Verhalten des Zimmermädchens im Ganzen ziemlich schräg. Aber jetzt auch noch dieser Butler! Dieses Getue kam mir dann doch ziemlich albern vor.
    David zuckte die Achseln. Seine Schlüsselbeine zeichneten sich deutlich unter seinem schwarzen Pullover ab. »Für Raleigh ist Mr Bell mein Vater.« Er sagte es, als könne man nichts daran ändern.
    »Master Gonterman erwartet Sie unten im Spa-Bereich«, sagte Raleigh mit ausdruckslos kühler Stimme und wies auf eine Tür, die rechter Hand von der riesigen Halle abging. Ein kleines Messingschild in Form eines Delfins war daran angebracht, das genauso aussah wie das auf Sorrow . Ich fragte mich, ob sich hinter der betreffenden Tür in dem alten Herrenhaus auch eine Poollandschaft befand.
    »Danke, Raleigh.« David nickte dem Butler mit solcher Selbstverständlichkeit zu, dass mir bewusst wurde, in welch ungewohnten Kreisen ich mich plötzlich bewegte. Meine Aufregung wuchs und sie steigerte sich noch weiter, als ich bemerkte, dass auch David plötzlich angespannt wirkte. Hatte er bis eben einfach nur genervt ausgesehen, so benahm er sich jetzt wie jemand, der urplötzlich auf feindliches Terrain geraten war.
    Henry öffnete die Tür mit dem Delfin und laute Rockmusik schallte zu uns empor – vermischt mit Gelächter und dem schwachen Geruch von Chlor. Mein Herz begann zu galoppieren. Ich folgte Henry und David eine geflieste Treppe hinunter und stand im nächsten Moment im Grünen.
    »Hey Leute!«, trompetete uns eine laute Stimme entgegen. Ich staunte. Wo war der Transmitter, der uns von der amerikanischen Ostküste mitten in den Dschungel gebeamt hatte? Dutzende von Palmen in großen Terrakotta-Kübeln standen herum und Hängepflanzen rankten sich von der Decke. Sogar einen riesigen blauen Ara sah ich. Er hockte auf einer Stange, die an zwei Ketten schaukelte, und beäugte mich, als wollte er sagen: Was hast du denn, bitte schön, hier zu suchen?
    Ein junger Mann kam uns entgegen, der außer einer schwarzen Badehose nichts weiter anhatte. Auf seinem Oberarm prangte ein Totenkopftattoo. In der einen Hand hielt er eine halb leere Bierflasche, in der anderen eine mit einem Haufen Lachs belegte Brotscheibe. Er entdeckte David, stockte kurz. Ein dunkler Schatten glitt über sein Gesicht, aber gleich darauf hatte er sich wieder in der Gewalt und biss von seiner Lachsschnitte

Weitere Kostenlose Bücher