Herz aus Glas (German Edition)
ab.
»Henry!«, nuschelte er um den Bissen herum.
Offenbar war das Zac, unser Gastgeber. Henry hatte ihm per Handy angekündigt, dass er kommen würde – und zwei Freunde mitbrächte. Er hatte Davids und meinen Namen nicht genannt und Zacs Reaktion nach zu urteilen war er über Davids Anwesenheit ziemlich überrascht. Überrascht und auch ein bisschen sauer. Mit einer energischen Geste stopfte er sich den Rest des Canapés in den Mund, wischte sich die Finger an der Badehose ab und gab Henry die Hand. »Schön, dass du da bist.« Er hielt inne, überlegte. Dann fügte er mit leiserer Stimme hinzu: »Ich bin nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, dass er …« Sein Blick wanderte zu David und er ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen.
»Das ist schon okay, Zac«, behauptete Henry. Ich konnte ihm ansehen, dass auch er die ganze Sache hier plötzlich nicht mehr für eine so gute Idee hielt.
Zac sah skeptisch aus, nickte aber. Wahrscheinlich war er zu gut erzogen, um David einfach wieder rauszuschmeißen.
Henry lachte verhalten. »Er wird keinen Ärger machen«, erklärte er und sah David herausfordernd an.
David reagierte nicht und tat so, als redeten sie über jemand anderen als ihn. Ich versuchte, seinen Blick einzufangen, aber er schaute stur geradeaus. An seiner Schläfe pochte eine einzelne Ader, seine Lippen waren schmal und blass.
Schließlich fiel der Blick unseres Gastgebers auf mich. »Und du bist?«
Bevor ich die Frage beantworten konnte, übernahm Henry die Vorstellung. »Zac, das ist Juli Wagner. Juli, Zac Gonterman.«
Zac reichte nun auch mir die Hand. »Willkommen in meiner bescheidenen Hütte, Schönste!«, grinste er. Er war einen halben Kopf kleiner als David und um einiges kräftiger. Seine Bauchmuskeln zeichneten sich deutlich sichtbar ab und auchseine Oberarme hatten einen beträchtlichen Umfang. Seine Haut besaß die typische Bräune von jemandem, der regelmäßig ins Solarium ging, und seine Haare waren sorgsam mit Gel in die Höhe gezwirbelt.
Ich versuchte, ihn anzulächeln, aber es misslang gründlich. Die Art, wie er mich taxierte, war mir einfach nur unangenehm, und ich musste mich beherrschen, ihm nicht die Zunge rauszustrecken.
David trat vor, sodass er jetzt halb vor mir stand. »Bleib in Henrys Nähe, nicht in meiner«, sagte er so leise, dass nur ich ihn hören konnte.
Wie bitte?
Ich wollte etwas erwidern, kam aber nicht dazu, denn nun griff Henry nach meinem Arm und zog mich tiefer in das Dschungelgrün hinein.
Zac ging voraus und David folgte uns.
Der Pool, den wir erreichten, nachdem wir uns durch halb Venezuela geschlagen hatten, war ungefähr doppelt so groß wie die Grundfläche unseres Hauses in Boston. Er war mit dunkelgrünen Fliesen ausgelegt, was ihm etwas von einer tropischen Lagune gab. Teure Liegen aus schmalen Bambushölzern standen herum und ungefähr ein Dutzend Leute hatte sich darauf oder am Beckenrand niedergelassen. Zwei junge Männer wurden auf uns aufmerksam und beide bekamen große Augen, als sie David entdeckten. Der eine öffnete den Mund, um etwas zu sagen, klappte ihn dann aber wieder zu.
»Was macht der denn hier?«, hörte ich ihn zischen, nachdem wir an ihnen vorbeigegangen waren.
Ich wandte mich an Henry. »Was geht hier vor?«, wisperte ich ihm zu.
Er zuckte die Achseln. »Ich habe dir doch heute Nachmittag gesagt, dass sie David nicht besonders gut leiden können.« Er sagte das mit so einer gelassenen Selbstverständlichkeit, dass ich ihn am liebsten gepackt und geschüttelt hätte.
»Ich habe das für eine Floskel gehalten«, flüsterte ich.
Er schüttelte langsam den Kopf. »Ist es nicht. Sie hassen ihn wirklich.«
»Und das sagst du mir erst jetzt?«
Er grinste mich an. »Hätte sowieso nichts genützt.«
»Was soll das schon wieder heißen?«
Henry tätschelte meinen Arm. »Wirst du schon noch sehen!« Mit diesen Worten ließ er mich einfach stehen, um Zac zu einer Gruppe von sechs oder sieben Leuten zu folgen, die an der Bar standen.
I ch überlegte, was ich nun tun sollte, und entschied mich, zu David zu gehen. Er stand etwas abseits, neben einer riesigen Topfpalme, deren Wedel ihm halb vor das Gesicht hingen. Trotzdem wirkte er nicht, als wollte er sich vor irgendetwas verstecken, was mich ein bisschen wunderte bei der spürbaren Ablehnung, die ihm aus fast jedem Gesicht entgegenschlug. Er kam mir vor, als habe er die Reaktionen der anderen nicht nur vorhergesehen, sondern sogar ersehnt.
Als ich den großen Raum
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