Herz aus Glas (German Edition)
Party verlässt. Ist das klar?«
Mike hielt den Blick starr in Davids Augen gebohrt, aber er nickte. Sein Gesicht war krebsrot angelaufen. Nach einer gefühlten Ewigkeit endlich entspannte er sich. Und wandte sich ab.
Er war schon ein paar Schritte in Richtung Pool davongegangen, als er mit vor Ekel triefender Stimme sagte: »Charlie ist gerade mal sechs Wochen tot! Stört das außer mir hier niemanden?«
Er wartete darauf, dass jemand ihm beipflichtete, aber alle Umstehenden wirkten einfach nur betroffen.
»Ihr wisst genau, dass sie sich seinetwegen umgebracht hat!« Mike schrie jetzt fast. Das Weiße seiner Augen leuchtete in seinem noch immer roten Gesicht.
David schluckte bei seinen Worten. Er war sehr blass und geradezu unheimlich ruhig.
»Es ist doch gar nicht sicher, dass sie sich umgebracht hat«, sagte eine schüchtern klingende weibliche Stimme.
Davids Blick suchte die Urheberin dieser Worte, eine zierliche Blondine in einem goldfarbenen Badeanzug, die ein wenig aussah wie eine Elfe. Seine Lippen teilten sich langsam. »Doch, Hope«, sagte er ruhig. »Das ist es.«
Mike stieß einen lang gezogenen hässlichen Fluch aus. Er warf David einen letzten hasserfüllten Blick zu, bevor er in Richtung Ausgang davonstiefelte.
Als die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, atmete die gesamte Partygesellschaft hörbar auf.
»Was für ein Idiot!«, murmelte jemand und ich fragte mich, ob Mike gemeint war oder doch eher David.
Als David sicher sein konnte, dass das Gewitter an uns vorbeigezogen war, ließ er mich neben Henry stehen und ging einfach davon.
Sprachlos starrte ich hinter ihm her. »Was sollte das jetzt wieder?«, presste ich hervor.
Henrys Nasenflügel blähten sich. »Ich hab's ja gesagt!«
»Was meinst du? Sag nicht, du hast das eben kommen sehen?« Ich sprach schnell und mit genervter Stimme, weil ich meiner Wut Luft machen und irgendjemandem die Schuld für dieses ganze Chaos geben musste.
»Nicht nur ich«, nickte er. »David auch.«
Ich dachte an Davids Gesichtsausdruck, als Mike von Charlies Tod gesprochen hatte. Wie geprügelt hatte er ausgesehen und gleichzeitig auch sonderbar zufrieden. »Ich kapiere das nicht!«, murmelte ich. »Warum ist er hergekommen, wenn er befürchten musste, dass so eine Situation entstehen würde?«
Da flog ein düsterer Ausdruck über Henrys Gesicht. »Muss ich dir das wirklich noch erklären?« Er sah sich um und sein Blick fiel auf David, der am Poolrand stand und in das türkisfarbene Wasser starrte. Henry wartete nicht, dass ich auf seine Frage eine Antwort gab. »Wir sind hier, weil er glaubt, dass er die Reaktionen der anderen verdient hat«, sagte er.
Nach Mikes Abgang hatte Zac ein erleichtertes Lachen ausgestoßen und die anderen mit weit ausholender Geste zurück an Pool und Bar gescheucht. »Party, Leute!«, hatte er trompetet und die Musik wieder eingeschaltet. »Ihr sollt euch amüsieren und hier nicht auf Drama machen!«
Jetzt kam er zu Henry und mir und schlug vor, dass wir uns doch erst einmal umziehen sollten. Ohne weiter auf die betretene Stimmung zu achten, zerrte er uns zu den Umkleidekabinen und wachte darüber, dass wir sie auch tatsächlich betraten.
Ich hatte jetzt noch weniger Lust als zuvor, mich in Taylors Badeanzug zu werfen. Am liebsten hätte ich David genommen und wäre auf der Stelle von hier verschwunden, aber so wie es aussah, saßen wir fürs Erste fest. Also konnte ich genauso gut das Beste aus der Situation machen.
Seufzend sah ich mich in meiner Kabine um. Helle Holzbänke standen auf den teuren Terrakottafliesen. Es roch intensiv nach Zimt, ein Geruch, den ich an dieser Stelle nie im Leben erwartet hätte, der jedoch verblüffend angenehm war. Eine Blumenschale mit lachsfarbenen Rosen ruhte auf einem schmiedeeisernen Ständer und auf einem Vorsprung flackerten mehrere ebenfalls lachsfarbene Kerzen sanft vor sich hin.
Die Musik von draußen drang nur gedämpft durch die Tür, sodass ich mir für den Augenblick vorkam wie in einem schützenden Kokon. Seufzend ließ ich mich auf der hölzernen Sitzbank nieder. Ich ärgerte mich noch immer über David und über den gesamten Rest der Welt gleich mit.
Da ich nicht ewig in dieser Umkleidekabine bleiben konnte, gab ich mir schließlich einen Ruck, holte Taylors Badeanzug aus der mitgebrachten Tasche und hielt ihn vor meinem Gesicht in die Höhe. Er war dunkelblau und ziemlich extravagant geschnitten. Wenig begeistert zog ich mich aus und streifte ihn über. Der
Weitere Kostenlose Bücher