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Herz aus Glas (German Edition)

Herz aus Glas (German Edition)

Titel: Herz aus Glas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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hier war. Jetzt hob ich den Blick und schaute zu dem Typen auf, der mich angesprochen hatte.
    »Dafür, dass du gerade mal so groß wie Frodo bist, ist die Bezeichnung Kleine ganz schön gewagt«, konterte ich und es gelang mir nicht, den eisigen Tonfall aus meiner Stimme zu nehmen.
    »Hu!« Er schauderte demonstrativ. »Haben wir aber schlechte Laune! Kein Wunder, wenn du mit dem Bell-Arschloch hier bist.« Er war wirklich etwas klein gewachsen, gerade mal eins sechzig, schätzte ich. Trotzdem schien er entschlossen, was ihm an Körpergröße fehlte, durch sein übergroßes Ego wettzumachen. Mit einem breiten schneeweißen Grinsen sah er mich an. Er hatte rotblonde Haare und eine Menge Sommersprossen.
    »Haben in diesem Land eigentlich alle Leute gebleichte Zähne?«, machte ich einen zweiten Versuch, ihn abzuwimmeln. Auf der anderen Seite des Pools stemmte sich David aus dem Wasser und ließ sich auf dem Beckenrand nieder. Mit beiden Händen strich er sich die nassen Haare aus dem Gesicht.
    Der Typ neben mir lachte, dann setzte er sich einfach unaufgefordert auf die Nachbarliege und streckte mir die Hand hin. »Ich bin Chris.«
    »Juli.« Ich erwiderte seine Begrüßung. Irgendwie war ich beeindruckt von seiner Hartnäckigkeit.
    »Bist du nun die Kleine, die Mr Bell für David hat einfliegen lassen?«, fragte er ein weiteres Mal.
    Ich verzog das Gesicht. »Das klingt, als würdest du von einem Escort-Service reden«, beschwerte ich mich.
    Er bekam tatsächlich rote Ohren, obwohl ich eine sehr amerikanische Umschreibung des Wortes Prostituierte gewählt hatte. Wie schon sehr oft seit meinem Umzug von Deutschland hierher amüsierte ich mich im Stillen darüber, wie prüde die Amerikaner waren.
    Über den Pool hinweg begegnete ich Davids Blick.
    »Tut mir leid«, meinte Chris und holte meine Aufmerksamkeit wieder zu sich zurück. »So war das natürlich nicht gemeint.«
    Ich lachte. »Schon gut! Ich bin tatsächlich von Mr Bell gebeten worden, mich um David zu kümmern.«
    Nun schaute auch Chris zum anderen Ende der Halle. »Und?«
    Ich zuckte die Achseln. »Ich habe keine Ahnung, was du meinst.«
    David stand vom Beckenrand auf, trat zur Bar und lehnte sich mit dem Rücken dagegen, sodass er Chris und mich weiter beobachten konnte. Dann ließ er sich von Henry einen Drink geben, der aussah wie reiner Whiskey.
    »Hat er Charlie tatsächlich den Laufpass gegeben?«, fragte Chris.
    Den Laufpass?
    »Sie waren verlobt«, erinnerte ich ihn. »Sie wollten heiraten.«
    Chris nickte, aber er sah nicht aus, als sei er einer Meinung mit mir. »Unter den Jungs geht das Gerücht, dass er sie sitzen gelassen hat und sie deswegen gesprungen ist.«
    Diese Vermutung lag so dicht an dem, was ich selbst eben noch gedacht hatte, dass ich nicht wusste, was ich antworten sollte. Mein Blick begegnete erneut dem von David.
    Mit einem einzigen Schluck kippte er den Whiskey hinunter, stellte das Glas auf den Tresen zurück und sagte etwas zu Henry. Henry runzelte die Stirn, aber er füllte das Glas auf.
    Auch den zweiten Drink trank David auf ex. Über den Rand des Glases hinweg ließ er mich nicht aus den Augen.
    Demonstrativ drehte ich mich so, dass ich ihm den Rücken zuwandte. »Nach allem, was man über Charlie hört, wäre er ein ziemlicher Trottel gewesen, wenn er sie verlassen hätte«, sagte ich zu Chris.
    Er nickte so wissend, als hätte ich ihm gerade die Weltformel verraten. »Stimmt auch wieder.« Seine Ohren waren noch immer rot. Als er über meine Schulter hinwegblickte, weiteten sich seine Augen.
    Ich drehte mich um. David hatte sich von der Bar gelöst und kam auf uns zu. Er war noch nass vom Schwimmen, und als er uns erreicht hatte, konnte ich die Wassertropfen sehen, die über seine Brust und das Tattoo auf seinen Rippen rannen.
    »David«, begrüßte Chris ihn und stand auf.
    David nickte ihm zu. Was hatte er nur plötzlich? Er benahm sich wie ein aufgeblasener Gockel, so, als würde er Ansprüche auf mich erheben. Ich spürte, wie ich bei diesem Gedanken wütend wurde.
    »Wir haben uns nur ein bisschen unterhalten«, erklärte Chris ihm und wies zu den anderen hinüber. »Ich glaube, ich gehe dann mal besser …«
    David nickte zum zweiten Mal.
    Und Chris ging.
    »Was, bitte schön, sollte das denn jetzt wieder?«, fragte ich verärgert.
    David stand vor mir, blickte auf mich nieder und schwieg.
    »Falls du meinst, hier der Platzhirsch zu sein«, zischte ich, »darf ich dich darauf hinweisen, dass ich nicht deine

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