Herz aus Glas (German Edition)
was er in diesem Moment wohl vor seinem inneren Auge sah.
»Hat Crystal recht?«, erklärte ich, was ich gemeint hatte. Juli, du Idiot, warum hältst du nicht deine verdammte Klappe? Ängstlich wartete ich, wie David reagieren würde.
Er zuckte die Achseln. »Möglich.«
Ich schluckte. Das Tattoo auf seinen Rippen sah geheimnisvoll aus. Zu gern hätte ich gewusst, was es bedeutete. Sanskrit war die Sprache des Hinduismus, das wusste ich, mehr allerdings auch nicht.
Crystal beobachtete uns von der Bar aus. Ihre Miene wirkte verschlossen.
Ich deutete auf sie. »Hast du ihr mal das Herz gebrochen?«, fragte ich. Es war mir spontan eingefallen, dass das der Grund für Crystals zickiges Verhalten sein könnte.
Doch David schüttelte den Kopf. »Sie ist so, weil …« Er verstummte abrupt, biss die Zähne zusammen. »Sie war Charlies beste Freundin.«
»Hast du Charlies Herz auch gebrochen?«, rutschte es mir heraus.
Die Luft um uns schien sich von einer Sekunde auf die nächste in Eis zu verwandeln. Ganz langsam drehte David mir den Kopf zu. In seinen Augen stand ein Ausdruck, der mir durch Mark und Bein ging. Er war zornig, das war überdeutlich, aber gleichzeitig lauerte hinter dem Zorn auch noch etwas anderes. Er wirkte verletzt. Seine Lippen teilten sich, doch dann presste er sie so fest aufeinander, dass sie ganz blass wurden.
Mit einem eleganten Hechtsprung glitt er in das blaugrüne Wasser des Pools.
G ott, was hast du denn zu ihm gesagt?« Henry trat zu mir. Er hatte auch eine Badehose angezogen, trug aber noch immer das kurzärmlige schwarze T-Shirt, mit dem er gekommen war. In blutroten Buchstaben stand auf seiner Brust: This T is as black as my soul. Er reichte mir ein Glas mit einer Flüssigkeit, die wie Orangensaft aussah. Ich nahm es und roch daran. Rum, vermutete ich und beschloss, vorsichtig zu sein.
»Nichts«, log ich.
David zog Bahnen in dem Swimmingpool, als sei er nicht zum Vergnügen hier, sondern trainiere für die Olympiade. Super, Juli, dachte ich grimmig. Jetzt hast du ihn mal so richtig wütend gemacht!
Warum konnte ich auch nie meine Klappe halten?
Henry lachte und deutete auf David, der eben eine gekonnte Wende hinlegte. »Klar! So ist er ja sonst auch immer!« Er musterte mich und bedeutete mir, den Drink zu probieren .
Ich trank einen Schluck. »Lecker!«, lobte ich. Und es stimmte. Das Zeug schmeckte wirklich gut.
»Ich mache die besten Cocktails von Martha’s Vineyard!«, behauptete er. »Jetzt verrat schon, was hast du zu David gesagt?«
Ich schluckte. »Ich habe ihn gefragt, ob er Charlie das Herz gebrochen hat«, murmelte ich und kam mir vor wie ein Idiot.
Henry jedoch reagierte völlig unerwartet. »Echt?«, fragte er. Und dann nickte er und fügte hinzu: »Gut!«
Gut?
Stirnrunzelnd betrachtete ich ihn von der Seite, doch es dauerte eine Weile, bis er erklärend hinzufügte: »Alle weichen diesem Thema immer nur aus. David vergräbt es in sich und dort fault es vor sich hin wie eine eiternde Wunde. Es wird Zeit, dass endlich jemand kommt und diese Wunde aufpikt.«
Ich ging darüber hinweg, dass das Bild mich ekelte.
Eine Weile standen wir schweigend nebeneinander am Beckenrand und schauten David zu, wie er seine Bahnen zog. Die anderen Partygäste hatten sich zwischen die Kübelpflanzen zurückgezogen, wo offenbar ein kaltes Buffet aufgebaut war. Ich konnte sie lachen und über das Essen schwärmen hören. Die Musik war von Rock zu melodiöserem, aber nichtssagendem Pop übergegangen. Ab und an hörte ich den Papagei krächzen.
Direkt vor unseren Füßen vollführte David eine weitere Wende. Ganz kurz blitzte sein Tattoo über der Wasseroberfläche auf. Mit dem Glas in der Hand wies ich darauf und fragte Henry: »Weißt du, was das bedeutet?«
Er nickte. »Klar.« Dann schwieg er und ließ mich zappeln. »Das ist Sanskrit für: I am my beloved’s and my beloved is mine.« Er übersetzte es mit zusammengebissenen Zähnen und ich vermutete, dass das noch nicht alles gewesen war.
»Charlie hat es ihm verpasst«, fügte er hinzu.
Irgendwie hatte ich es geahnt.
»Du bist also die Kleine, die Mr Bell für seinen Sohn hat einfliegen lassen!«
Vor mir stand einer von Zacs Gästen, der mir bisher noch nicht vorgestellt worden war. Nachdem Henry hinter seine Bar zurückgekehrt war, hatte ich mir einen Liegestuhl gesucht und mich auf meinen Drink konzentriert. Wenn ich mich stark genug daran festhielt, dachte ich, würden die anderen vielleicht denken, dass ich gern
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