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Herz aus Glas (German Edition)

Herz aus Glas (German Edition)

Titel: Herz aus Glas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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soll.«
    Ich nickte verstehend. Das kannte ich von meinem Vater. Er sagte auch oft, dass ihm das Schreiben leichter von der Hand ginge, wenn er ein Thema hatte. Er nannte es »Motiv«.
    Henry verzog die Lippen zu einem ironischen Lächeln. »Sagen wir, ich brauche einen Arschtritt, etwas, das mich stark beschäftigt. Aber dann male ich ziemlich schnell, ja – und vor allem mache ich dann Sachen, die alles andere sind als seichter Kitsch.«
    Taylor blinkte und bog in eine Nebenstraße ab, deren Fahrbahnbelag aus feinem schneeweißem Kies bestand. Ein riesiger Kasten von Wohnhaus tauchte vor uns auf, ein Ungetüm aus Holz und Glas und Beton, das wahrscheinlich modern aussehen sollte, auf mich aber nur abweisend und kalt wirkte. Mein Blick fiel auf ein paar Krähen, die auf dem kahlen Boden neben der Straße hockten und an irgendetwas Rotem herumpickten. Eine einzelne Möwe befand sich mitten unter ihnen und wirkte mit ihrem weißen Gefieder wie ein Schaf unter lauter Wölfen. Meine Arme, die noch immer um meinen Oberkörper geschlungen waren, sanken in meinen Schoß.
    Taylor nahm die letzte Kurve der Auffahrt und hielt auf einem Parkplatz, auf dem bereits mehrere teure Wagen standen. Auf den ersten Blick entdeckte ich zwei Porsche, einen Mercedes und einen riesenhaften Schlitten, der aussah wie ein Oldtimer, dessen Fabrikat ich allerdings nicht kannte. Von dem Parkplatz führte ein schmaler Sandweg durch die Dünen und hinunter zum Strand, der ganz offensichtlich im Privatbesitz jener Leute war, denen auch das Haus gehörte.
    »Viel Spaß, ihr drei!«, wünschte Taylor uns, während wir ausstiegen. »Und denkt daran: Nicht zu viel trinken!«
    Schon von Weitem war die Musik zu hören, ein schnelles, rhythmisches Stampfen, das auch nicht melodiöser wurde, als wir näher kamen. House, dachte ich seufzend. Ich hasse House Music. In meinen Ohren hört es sich an, als prallen zwei Autos zusammen – und das stundenlang. Der Pfad führte an verkrüppelten Wacholderbüschen vorbei und dann abwärts zu einer Bucht mit feinem weißem Sandstrand, in der man sich im Sommer mit Sicherheit unbeobachtet sonnen konnte. Heute jedoch standen keine Strandliegen herum. Stattdessen waren drei große Feuer entzündet worden. Mit ihrem hoch aufgeschichteten Holz und den Flammen, die bis in den Himmel zu lodern schienen, erinnerten sie mich spontan an Scheiterhaufen.
    Ich ermahnte mich, nicht so melodramatisch zu sein, und stolperte hinter Henry und David her auf die Gruppe von Jugendlichen zu, die sich in dem Dreieck zwischen den Feuerstellen auf Baumstämmen niedergelassen hatten. Einige von ihnen wirkten bereits ziemlich angetrunken, obwohl die Party offiziell erst in einer halben Stunde beginnen sollte.
    »Hey!«, rief Crystal uns aus der Menge heraus zu. »Das ist ja cool, dass ihr gekommen seid!« Sie wandte sich an den Typen, der neben ihr saß, und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Obwohl der Typ eine Kapuze aufhatte, erkannte ich ihn sofort. Es war Mike, der Kerl, der mit David auf der Poolparty beinahe eine Schlägerei begonnen hatte. Wahrscheinlich hatte Crystal ihm gesagt, dass er sich zusammenreißen sollte.
    Der Blick jedenfalls, den Mike David jetzt zuwarf, war alles andere als freundlich.
    David tat so, als bemerke er ihn nicht. Er stand sehr dicht bei mir und ich konnte sein Aftershave riechen.
    Crystal erhob sich von ihrem Baumstamm und kam auf mich zu, was dazu führte, dass David sich zurückzog. Ich sah zu, wie er sich einen Platz etwas abseits suchte, dann hatte Crystal mich auch schon erreicht und ich wurde abgelenkt. Sie verabreichte mir die obligatorischen Wangenküsschen, dann hakte sie sich bei mir unter und zog mich zu ein paar Mädchen, die etwas abseits standen und angeregt miteinander schwatzten. Henry gesellte sich zu einem Jungen, der mir den Rücken zuwandte.
    »Leute, das ist Juli Wagner, von der ich euch erzählt habe!« Crystal schob mich in die Mitte der Gruppe und ich kam mir vor wie ein exotisches Tier, so neugierig, wie ich aus einem halben Dutzend Augenpaare gemustert wurde. Auch David beobachtete mich, stellte ich fest, und umschlang mich mit den Armen.
    »Du bist also die Tussi, die Mr Bell für seinen Sohn engagiert hat«, sagte die hochgewachsene Rothaarige zu mir, die ich schon auf Zacs Poolparty kennengelernt hatte. Ricky. Sie hatte stark geschminkte Lippen und zentimeterlange Fingernägel.
    Spontan musste ich an die Ich-Erzählerin aus Rebecca denken. War sie zu Beginn des Romans nicht auch

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