Herz-Dame
während er mit der anderen Hand in der Akte blätterte.
»Halt, warte mal«, sagte Justin, der ihm über die Schulter gesehen hatte, plötzlich. »Blätter mal zurück.«
Dylan runzelte die Stirn und schlug die vorherige Seite wieder auf.
»Was ist denn?«, fragte er irritiert, während er verständnislos auf Olivers Lebenslauf schaute.
»Mein Gott«, entfuhr es Justin entgeistert, »warum ist mir das bloß nicht gleich eingefallen.«
»Jetzt lass dir nicht alles aus der Nase ziehen«, knurrte Dylan ungeduldig.
»Da – Vater: Walter Ambrose, verstorben am 14. März 2009.«
»Ja und?«
»Erinnerst du dich nicht daran? Walter Ambrose, der Taxifahrer, der von einem Obdachlosen überfallen und getötet wurde«, erklärte Justin atemlos, »Das war damals eine fette Schlagzeile.«
Es dauerte ein paar Sekunden bis Dylan begriff, dann wurde er blass.
»Jetzt wird mir so einiges klar«, murmelte er tonlos und stürzte zur Tür. »Wir müssen sofort dorthin.«
Mit großen Schritten stürmte er über den Gang und hämmerte ungestüm auf dem Rufknopf des Fahrstuhls herum. Schließlich drehte er sich ungeduldig um und lief zum Treppenhaus, rannte immer zwei Stufen auf einmal nehmend nach unten.
Justin war ihm gefolgt, und als sie kurz darauf das Gebäude verließen, zog er Dylan zu seinem Wagen.
»Ich fahre, ruf du inzwischen die Polizei an.«
Während Justin das Fahrzeug konzentriert durch die Stadt lenkte, griff Dylan nach seinem Handy. Kurz darauf hatte er seinen Bekannten am Apparat und berichtete ihm knapp, worum es ging. Er gab ihm Olivers Adresse durch, und bat ihn, ein Einsatzkommando dorthin zu schicken.
»Und melde dich bitte sofort, falls es etwas Neues gibt«, bat er noch eindringlich, bevor er auflegte.
Unglücklich starrte er aus dem Fenster. Panik stieg in ihm auf, als er daran dachte, dass Oliver wirklich etwas mit dem Mord an Whisky-Mike zu tun haben könnte, und Grace sich jetzt vielleicht bei ihm befand.
»Jetzt mach dich nicht verrückt«, versuchte Justin ihn zu beruhigen, und legte ihm tröstend die Hand auf den Arm. »Wir wissen doch gar nicht, ob sie wirklich dort ist.«
Dylan schüttelte düster den Kopf. »Bete lieber, dass es noch nicht zu spät ist.«
»Was glaubst du, was er mit uns machen wird?«, flüsterte Grace voller Panik.
»Ich fürchte, das Gleiche wie mit den anderen«, brummte Bob, und fügte bedauernd hinzu: »Tut mir leid, dass ich Sie da mit reingezogen hab, Lady.«
»Das konnte doch niemand ahnen.«
Sie schwiegen einen Moment, und Grace begann an dem Seil zu zerren, mit dem sie festgebunden waren.
»Sparen Sie ihre Kräfte Lady, das bringt nix.«
»Aber irgendetwas müssen wir doch tun«, sagte sie verzweifelt. »Wir können doch nicht einfach tatenlos abwarten, bis er …« Ihre Stimme versagte.
»Wir können nix tun«, erklärte Bob resigniert, und mutlos ließ Grace den Kopf sinken.
Erneut kehrte ein banges Schweigen ein, welches nach einer scheinbar endlos dauernden Weile durch das Geräusch von Olivers Schritten auf der Treppe durchbrochen wurde.
Mit Entsetzen bemerkte Grace, dass er Spuren von Erde an seiner Hose hatte, und sie bemühte sich krampfhaft, die in ihrem Kopf aufsteigenden Bilder zu verdrängen.
Wortlos trat Oliver auf sie zu und löste das Seil, mit welchem sie an dem Pfosten festgebunden war.
»Lass die Lady gehen und nimm mich mit«, bat Bob inständig, doch Oliver schüttelte den Kopf.
»Nein, mit dir werde ich mich später in Ruhe befassen.« Er grinste hämisch. »Sie sollte froh sein, dass ich ihr den Anblick erspare.«
»Bitte nicht«, murmelte Grace ängstlich. »Bitte tu das nicht. Ich werde niemandem etwas sagen, ich verspreche dir, dass ich verschwinden werde, und ich kann Bob mitnehmen. Du wirst nie wieder etwas von uns hören.«
»Du erwartest doch nicht ernsthaft, dass ich dir das abkaufe? Sobald du hier raus bist, wirst du nichts Besseres zu tun haben, als zu den Bullen zu laufen. Und selbst wenn nicht, da ist ja schließlich noch dein Freund Dylan; du wirst ihm doch garantiert alles brühwarm erzählen.«
»Dylan und ich sind nicht mehr zusammen«, sagte Grace tonlos, und Tränen stiegen ihr in die Augen. »Ich hatte sowieso vor, zu kündigen und wegzugehen.«
»Wie auch immer, das interessiert mich nicht, also los jetzt.«
Grob packte Oliver sie am Arm und schob sie vor sich die Treppe hinauf. Oben angekommen brachte er sie nach draußen, überquerte mit ihr das Grundstück, bis sie im hinteren Bereich des Gartens angekommen waren.
Der Anblick
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