Herz dder Pflicht

noch jemand Miss Compton im Wasser gesehen?“, stieß er zwischen den Zähnen hervor.
    Rob schüttelte den Kopf. „Nein, Sir. Der Zolloffizier, der etwas früher dagewesen ist, war bereits wieder gegangen.“
    „Meinen Sie Sadler?“
    „Ja, Sir.“
    „Was zum Teufel hatte er dort zu suchen?“
    Rob, der sich inzwischen ernsthaft fragte, ob er seine Arbeit verlieren würde, erklärte eingeschüchtert: „Er stellte Miss Compton und Mr. Ritchie Fragen nach den Schmugglern. Doch beide erklärten, nichts darüber zu wissen.“
    „Das war alles?“
    Rob fiel noch etwas ein. „Nicht ganz. Miss Compton hat in der Höhle, als sie ihre Strümpfe und Schuhe wieder anzog, eine Goldguinea gefunden.“
    Williams Gesichtsausdruck verriet, dass er vor Wut kochte. „Das genügt, denke ich“, knurrte er schließlich und stürmte aus dem Stallhof.
    Nachdem er verschwunden war, packte George Rob an den Schultern und drehte ihn herum. „Beim Himmel, Junge, lernst du es denn nie, wann du den Mund halten musst? Hat Miss Pandora nicht schon genügend Ärger, auch ohne dass du sie verrätst und ihr das Leben zur Hölle machst? Wie konntest du nur über den Zolloffizier und Guineas schwatzen! Hast du denn gar keinen Verstand? Willst du, dass der ‚Dunkle Rächer‘ hinter dir her ist?“
    Robs Gesicht nahm eine gelbliche Farbe an. „Sag so etwas nicht. Ich habe nichts getan.“
    „Jedenfalls zu viel geredet. Und jetzt geh und hol mir ein paar Kübel Wasser. Vorher kriegst du dein Essen nicht.“
    Verträumt bürstete Pandora sich die Haare. Sie dachte an den erfreulichen Nachmittag am Strand, als jemand laut an die Tür ihres Schlafzimmers klopfte.
    „Schauen Sie nach, wer es ist, Janet“, rief sie. Doch bevor das Mädchen die Tür erreichte, wurde sie aufgerissen, und William kam mit finsterer Miene herein. Sein Zorn über den Ausflug seiner Halbschwester mit Ritchie war ins Unermessliche gestiegen, nachdem Brodribb, der ihnen in einiger Entfernung heimlich gefolgt war, Robs Geschichte bestätigt hatte.
    „Lassen Sie uns allein“, fuhr er Janet an, bevor er sich Pandora zuwandte.
    „Was habe ich da über dich erfahren, meine Liebe? Vor dem Hauslehrer und Jack und dem Stallburschen im Meer zu baden? Hast du den Verstand verloren? Und was soll das bedeuten, dass du mit dem Zolloffizier geplaudert und eine Guinea in der Höhle gefunden hast?“
    „Wer hat dir das erzählt?“, stammelte Pandora.
    „Das spielt keine Rolle. Stimmt es?“
    „In gewisser Weise ja, aber …“
    „Mangelt es dir völlig an Feingefühl?“, brüllte William sie an. „Und wenn man in der Grafschaft davon erfährt? Wer würde dich dann noch zur Gattin haben wollen?“
    „Da ich nicht auf der Suche nach einem Ehemann bin, kümmert mich das herzlich wenig. Ich glaubte ohnehin, du würdest es vorziehen, wenn mein Erbe in der Familie bliebe.“
    „Mein guter Freund Roger Waters hat den Wunsch geäußert, dich zu heiraten. Zum Teil ist dies der Grund für die Hausgesellschaft, die ich zu geben gedenke. Ihr sollt Gelegenheit haben, euch besser kennenzulernen. Was würde er denken, wenn er von den Vorfällen dieses Nachmittags erführe?“
    „Gar nichts, sofern du Roger Waters nicht darüber informierst. Ich werde es bestimmt nicht tun, außer natürlich, er würde so zudringlich, dass es die einzige Möglichkeit ist, ihn loszuwerden.“
    „Meiner Meinung nach haben unsere Großeltern einen großen Fehler gemacht, als sie aufhörten, unverschämte Töchter zu verprügeln“, zischte William. „Solltest du dich jemals wieder so schlecht benehmen, könnte ich auf den Gedanken verfallen, diesen Brauch erneut aufleben zu lassen.“
    Bereits im Begriff zu gehen, drehte er sich wieder um. „Diese Guinea, die du gefunden hast – hast du sie noch?“
    „Selbstverständlich“, versicherte Pandora kess. „Ich hatte bislang keine Gelegenheit, sie auszugeben.“
    Einen schrecklichen Augenblick lang glaubte sie, er würde sie schlagen. Stattdessen sagte er in drohendem Ton: „Her damit – sofort! Vielleicht werde ich dir dann die Vorfälle dieses Nachmittags vergeben.“
    „Ich brauche deine Vergebung nicht, und die Guinea werde ich nicht dir aushändigen, sondern dem Zolloffizier. Und wenn du sie mir wegnimmst, berichte ich ihm, wo ich sie gefunden habe. Baxter’s Bay wird dazu benutzt, Münzen außer Landes zu schmuggeln, habe ich recht?“
    William gelang es nur mühsam, sich zu beherrschen. „Wie zum Teufel soll ich das wissen? Aber mach, was du