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Herz des Winters (German Edition)

Herz des Winters (German Edition)

Titel: Herz des Winters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Puljic
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Geschlechtslinie weiter. Er hatte sich immer gefragt, wie sein Leben verlaufen wäre, hätte er dieses Kriterium erfüllt.
    „Ich dachte, die Gilde nimmt keine Anderlinge.“
    „Offiziell leugnet sie die Existenz wilder Magie. Außerdem wissen sie nichts von meiner Herkunft. Inoffiziell würden sie vermutlich alles daran setzen, Anderlingen den Zugang zu arkanem Wissen zu verwehren, wenn sie es wüssten. Du hörst ja, was dabei herauskommt, wenn man die beiden kombiniert.“
    Sie legte eine Hand auf seinen Arm und küsste ihn sanft. „Eine Einmannarmee. Genau, was wir brauchen.“
    Halbherzig versuchte er, sich ihrem Drängen zu widersetzen. Wäre es nach ihm gegangen, hätte sie ihr Weg statt aus dem Zimmer in das Bett zurückgeführt. Vor allem, da niemand wissen konnte, wie viel Zeit ihnen noch miteinander bleiben würde. Aber sie hatte Recht, die Welt war nicht stehen geblieben, nur weil sie beide einander endlich gefunden hatten.
    ***
    Sie waren spät dran. Die Halle begann bereits, sich zu leeren, doch bei der großen Anzahl der zu Versorgenden bedeutete das, dass sich immer noch mehr Leute hier befanden, als Berekh guthieß. Und die finsteren Mienen, die viele der Anwesenden aufgesetzt hatten, ließen darauf schließen, dass der Sare eifrig die frohe Kunde vom Schlächter in ihrer Mitte verbreitet hatte.
    Daena schlüpfte unter seinen Arm und legte den ihren um seine Hüfte, was ein unmissverständliches Zeichen war. Sie war an seiner Seite, in vollem Bewusstsein dessen, was er einmal gewesen war. Sie gehörte ihm. Die Blicke der Kämpfer verdüsterten sich, wurden aber zu Berekhs Erleichterung abgewandt.
    Dass er sich einmal an der Furcht und der Abneigung anderer erfreut hatte, schien ihm unverständlich. Vielleicht hatte Daena wirklich die Wahrheit gesagt, und er war ein anderer als damals. Er hoffte es.
    Immerhin waren sogar die Erinnerungen, die er so gefürchtet hatte, ausgeblieben. Nur Daena hatte sein Lager geteilt, keine Schatten der Vergangenheit.
    Erilis Geist konnte endlich ruhen. Sogar ihr Name, den er so lange in den Tiefen seiner Seele begraben hatte, brachte keinen Schmerz mehr, nur noch die dumpfe Trauer um lange verstorbene, einstmals geliebte Menschen. Er wusste nicht, ob er es gewesen war, der seine Frau endlich freigegeben hatte, oder ob sie ihrerseits von ihm abgelassen hatte. Er wusste nur, dass er sich zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder als ein Ganzes fühlte.
    Nach all der Zeit hatte er vollkommen vergessen gehabt, was dieses Gefühl in einem Menschen bewirken konnte. Bei Kraja und den anderen Bettgenossinnen seiner Vergangenheit war ihm vor allem eines wichtig gewesen: Es waren allesamt Frauen gewesen, für die er unter Garantie niemals etwas empfinden würde. Wenigstens in seinem Herzen sollte Erili weiterleben, einzig und allein.
    Dann war Daena gekommen, ein halbes Kind noch, als sie in sein Unleben eingetreten war. Im Lauf der Jahre hatte sie sich allmählich in sein Herz gedrängt und dort unbemerkt begonnen, jahrhundertealte Wunden verheilen zu lassen. Aber als sie aus den Minen zurückgekehrt war, war das Kind in ihr verschwunden gewesen und für ihn war es zu spät, sie aus seinen Gefühlen zu verbannen. Nicht, dass er das noch gewollt hätte.
    Daena hatte ihn inzwischen an einen Tisch geführt, der ein wenig abseitsstand, und zwar einen guten Überblick über die Halle bot, selbst jedoch durch einen Steinpfeiler ein wenig verborgen lag. Die Zielstrebigkeit, mit der sie darauf zugegangen war, verriet, dass sie des Öfteren diesen Platz gewählt hatte.
    Sie teilten den kümmerlichen Rest des allmorgendlichen Grützebreis, der in dem dort bereitstehenden Topf noch übrig und schon erkaltet war, von dem aber immer noch der verlockende Duft von gebratenen Nüssen und Kräutern aufstieg. Als sie diesen vertilgt hatten, griff Daena nach dem trockenen Brot und schob es sich stückchenweise in den Mund.
    Der Gedanke, dass er diesen Heißhunger mitzuverantworten hatte und auf welche Art und Weise das geschehen war, versetzte ihn in Hochstimmung. Kaum zu glauben, dass er sich selbst so lange um dieses Glück gebracht hatte. Hätte er sie mit seiner Dummheit in die Arme dieses stumpfsinnigen Prügelknaben getrieben …
    Müßig, darüber nachzudenken. Die Vergangenheit war vorbei, die Zukunft ungewiss. Nur das Hier und Jetzt zählte, und das bestand im Moment aus Frühstück mit seiner Liebsten.
    Er griff gerade nach einem verwaisten Apfel vom Nachbartisch, als der Junge

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