HERZ HINTER DORNEN
Sarazenen verteidigen. Er hat sein Lehen und sein Vermögen der Krone überstellt und wird aufbrechen, sobald seine Haft aufgehoben wird. Ich werde mich beim König dafür einsetzen, immerhin schulden wir ihm deine Freiheit.«
»Gütige Madonna!« Die Äbtissin bekreuzigte sich im ersten Schock, aber Roselynne fuhr mit einem Ruck zu ihrem Schwager herum.
»Er will sich von den Heiden umbringen lassen? Was für eine sinnlose Narretei! Wie typisch für ihn, in seinem dummen Stolz auf einen so törichten Ausweg zu verfallen. Du darfst nicht zulassen, dass er das tut.«
Die unerwartet temperamentvolle Rede verriet ihm endlich, dass er es tatsächlich mit Roselynne de Cambremer zu tun hatte und nicht mit Schwester Rose. Ihre Augen flammten und sie bebte vor ... ja, was waren das für Gefühle, die er plötzlich in ihren Augen las? Angst? Verzweiflung? Erbitterung? Trauer? Auf jeden Fall war es ein Aufruhr der leidenschaftlichsten Emotionen, der in flehend erhobenen Händen gipfelte.
»Was in drei Teufels Namen bedeutet dir Justin d'Amonceux?«, knurrte der Baron und versuchte den unangenehmen Verdacht abzutun, der in seinem Bewusstsein langsam zur Gewissheit wurde.
»Er ist der Mann, den ich liebe«, antwortete Roselynne ohne Umschweife und mit einem Stolz, der seiner Meinung nach einer besseren Sache würdig gewesen wäre.
»Der Vater deines Kindes«, fasste Ryan of Hythe auch das Ungesagte in Worte. »Weiß er das?«
»Natürlich nicht«, rief Roselynne empört. »Und du wirst es ihm auch nicht sagen, schwör mir das!«
»Ich denke nicht daran! Er muss dich heiraten und diesem Kind seinen Namen geben.«
»Nein!« Roselynne packte heftig den Arm des Barons und suchte ihn mit Blicken zu beschwören. »Gib mir dein Wort, dass du schweigst. Versprich es mir bei der Liebe, die du für meine Schwester empfindest, und auf die Köpfe deiner Kinder!«
»Schwester Rose, bitte ...«
Keiner von beiden achtete auf den besorgten Einwurf der Äbtissin. Ganz im Bann des violetten Blickes, versuchte der Baron herauszufinden, wie ernst es der jungen Frau mit dieser Drohung war.
»Er schuldet dir zumindest seinen Namen«, knurrte er in halber Kapitulation. »Danach kann er sich meinetwegen im Heiligen Land von den Sarazenen massakrieren lassen. Ich werde dem Schurken keine Träne nachweinen. Was hat er sich dabei gedacht, einer Ehrendame der Prinzessin die Jungfernschaft zu rauben?«
»Ich habe sie ihm geschenkt«, antwortete Roselynne schlicht. »Ich habe darauf gewartet, seit er kam, um meine Schwester zu freien. Es hat nie einen anderen Mann für mich gegeben.«
Ryan of Hythe knirschte mit den Zähnen. Wenn Roselynnes Gefühle nur halb so ausschließlich und leidenschaftlich waren wie die seiner eigenen Gemahlin, dann war jede Diskussion sinnlos. Er verzichtete auf neuerlichen-Widerspruch und drehte den Spieß um. »Wenn das so ist, dann lass diesen Unsinn mit dem Kloster und heirate den Schurken, ohne den du nicht leben kannst.«
»Mir liegt an ihm, aber ihm nicht an mir«, korrigierte die junge Frau tonlos. »Deswegen werde ich auch nicht dulden, dass meine Familie irgendeine Art von Zwang auf ihn ausübt. Ich will keinen Mann, der mit dem Dolch vor den Altar getrieben wird.«
»In dem Fall wird man dich nicht groß fragen, mein Fräulein«, entgegnete der Ritter unbeeindruckt. »Wenn dein Vater erst einmal erfährt, was hinter all diesem Durcheinander steckt ...«
»Kein Wort, Ryan of Hythe!« Roselynne straffte die Schultern und trotzte dem Gemahl ihrer Schwester mit der ganzen Macht ihres beträchtlichen Willens. »Ich werde im Sommer mein Gelübde ablegen und damit hat sich's. Niemand wird mich davon abhalten, weder du noch mein Vater!«
»Und dein Kind? Meinst du nicht, dass der Vater dieses Kindes auch ein Wörtchen zu sagen hat? Du bestimmst über sein Blut.«
Roselynne holte tief Atem und sah ihrem Schwager direkt in die sommerblauen Augen. »Du weißt, was es heißt zu lieben. Denkst du, ich würde Mitleid, Pflicht, Gehorsam oder Gewalt gegen ein solches Gefühl eintauschen wollen? Er hat nie gelernt zu lieben. Belassen wir es dabei. Ich habe nicht das Recht, ihn deswegen anzuklagen oder zu quälen. Ich wünsche ihm das bisschen Frieden, das er finden kann. Nur leben soll er, nicht sterben ... Schwör mir, dass kein Mann unserer Familie das Schwert gegen ihn erheben wird.«
Bezwungen von dem tiefen Schmerz in ihren Augen, leistete Ryan of Hythe diesen Schwur. Aber als Roselynne nach einem letzten Gruß
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