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Herz im Spiel

Herz im Spiel

Titel: Herz im Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Cheney
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zur Schule ging.
    Gott, was für ein gutes Gefühl, so edel zu sein!
    „Ich habe noch keine Erkundigungen eingezogen. Wenn Sie also eine Vorliebe für einen bestimmten Landesteil hegen oder für eine Schule, von der Sie vielleicht gehört haben, werde ich Ihre Wünsche natürlich in Erwägung ziehen.“
    „Ich … ich habe eine Zeit lang Miss Willmingtons Institut in der Miller Street besucht“, flüsterte Marianne.
    „Dann haben Sie eine gewisse Bildung genossen?“, fragte Desmond verblüfft. Zwar hatte er angenommen, die junge Frau sei zwar noch keine Dirne, aber doch einfach irgendein Straßengör, das Carstairs aufgelesen hatte, um es auf den Markt vorzubereiten.
    Das Mädchen nickte.
    „Sie können also lesen und schreiben?“
    Sie nickte noch einmal.
    „Möchten Sie denn an Miss Willmingtons Schule zurückkehren?“
    „Die habe ich abgeschlossen“, erwiderte sie fast unhörbar. „Es war eine Schule für Kinder.“
    „Ich verstehe.“ Er schluckte heftig. Das Mädchen, das vor ihm saß, war immer noch fast ein Kind. „Nun gut. Dann müssen wir etwas anderes suchen, aber jetzt sehe ich, dass ich nicht nach einem Institut Ausschau zu halten brauche, das die einfachsten Grundlagen vermittelt, sondern Sie unter Gleichaltrigen unterbringen kann.“
    Marianne blickte ihn nur wortlos aus großen Augen an, was ihn sehr aufwühlte.
    „Ich werde alles in die Wege leiten“, versprach er. „Es mag ein oder zwei Wochen dauern, aber ich werde mir eine Wohnung in Reading nehmen, bis ich einen Platz für Sie gefunden habe. Sie sollen sich hier auf Kingsbrook wie zu Hause fühlen, und Mrs River wird Ihnen bei allem, was Sie brauchen, behilflich sein. Haben Sie noch irgendwelche Fragen bezüglich Ihrer Ausbildung?“
    Er hielt inne, um der jungen Frau eine Möglichkeit zum Sprechen zu geben, doch diese schüttelte den Kopf.
    „Wenn Ihnen noch etwas einfällt, können Sie Mrs River fragen. Ich werde ihr umfassende Anweisungen hinterlassen. Vielleicht sehe ich Sie nicht mehr, bevor Sie abreisen, Miss Trenton, daher erlauben Sie mir, noch einmal mein Bedauern über unser kleines Missverständnis zum Ausdruck zu bringen.“
    Tief erleichtert holte er Luft. Es war vorbei. Er hatte jede ihm mögliche Wiedergutmachung dafür geleistet, dass er das Mädchen hergeholt und sich wie ein Wüstling aufgeführt hatte. Und nun brauchte er es, wenn er Glück hatte, nie wiederzusehen und konnte diese Episode ein für alle Mal vergessen. In Zukunft würde er froh über die Abgeschiedenheit von Kingsbrook sein und dankbar für sein einsames Bett. Er war sogar versucht, das Kartenspiel aufzugeben, obwohl er keinen Eid darauf geschworen hätte. Verluste konnte er wettmachen. Es waren eher seine Gewinne, die ihm Angst machten.

4. KAPITEL
    Knapp eine Woche später erhielt Mrs River einen Brief mit Anweisungen von Mr Desmond. Er setzte sie und sein Mündel darüber in Kenntnis, dass er ein ehrenwertes Institut für Damen in der Nähe von Farnham ausfindig gemacht habe. Er hatte Miss Trenton dort bereits einen Platz gesichert.
    In der Zwischenzeit hatte Mr Desmond, wie versprochen, Kingsbrook verlassen, damit Marianne für sich sein konnte. Sie fühlte sich jetzt auf seltsame Weise daheim in dem weitläufigen Haus und verbrachte ihre Tage damit, von Zimmer zu Zimmer zu streifen. Meistens hielt sie sich ein wenig länger in der Bibliothek auf, deren hohe Regale mit über Jahrzehnte zusammengetragenen Büchern vollgepackt waren.
    Dafür, dass die Bibliothek nicht die Sammlung einer einzigen Person darstellte, sprachen die unterschiedlichen Themen, die dort zu finden waren: Vogel- und Pflanzenkunde, Geschichte, politische Aufsätze und sogar ein paar schmale Bände mit Lyrik, verfasst von Dichtern, deren Namen Marianne noch nie gehört hatte. Außerdem gab es Bücher über Mineralien und Etikette und eine ziemlich große Auswahl über Pferde und Reitkunst.
    Auf einem niedrigen Regalbrett an der Nordwand des Raumes, leicht zu erreichen und gerade über der Augenhöhe des Mädchens, standen Bände mit höchst faszinierenden Titeln: Medea, Antigone , die Ilias , die Äneis . Eines, dessen Umschlag fast abgerissen war und das leicht aufklappte, was nahelegte, dass es häufig vom Regal genommen und gelesen wurde, trug den Titel Odyssee .
    Doch als Marianne einige Bücher aufschlug, wurde sie enttäuscht, denn sie waren in einer fremden Sprache geschrieben, manche sogar in einer fremden Schrift. Trotzdem war sie fasziniert von der neuen Welt, die

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