Herz im Zwiespalt (German Edition)
zwischen ihre Lippen zu drängen.
»Nein«, schrie sie erneut auf, doch auch dieser Schrei wurde von seinem Mund verschluckt. Er tat ihr weh! Sein Mund war grob, und seine Finger bohrten sich schmerzhaft in ihre Wangen, um dadurch das Öffnen ihrer Lippen zu erzwingen. Tränen der Angst traten ihr in die Augen. Sie stemmte ihre Hände gegen seine breite Brust und versuchte ihn von sich zu stoßen, doch er trat keinen Millimeter zurück. Mit aller Kraft versuchte sie sich gegen diesen widerwärtigen Angriff zu verteidigen. »Allan«, schrie alles in ihr. Doch plötzlich wurde ihr bewusst, welche Konsequenzen es haben mochte, wenn ihr Cousin ihr jetzt zu Hilfe käme. Er würde diesen Bastard auf der Stelle mit seinem Schwert niederstrecken. Die Rache der Douglas’ würde gewiss nicht lange auf sich warten lassen. Und der König ... Nein! Sie musste sich selbst helfen, und zwar schnell. Plötzlich war die Angst verschwunden. Alles, was sie jetzt noch spürte, war heiße, unkontrollierbare Wut. Wie konnte dieser Widerling es wagen? Wie konnte er es wagen, sich ihr so aufzudrängen, und damit ihre ganze Familie in Gefahr bringen?
Ohne zu überlegen, schlug sie ihm die Zähne in die Unterlippe.
»Du elende Schlampe«, rief Will erzürnt und wich einen kleinen Schritt zurück. Ungläubig betastete er seine blutende Lippe. »Das wirst du mir büßen.«
Er holte mit der Hand aus, gewillt, Lizz mitten ins Gesicht zu schlagen - doch sie war schneller. Mit aller Kraft rammte sie ihm ihr Knie zwischen die Beine. Will torkelte unter heftigsten Schmerzen zurück an die gegenüberliegende Wand. Er hustete und keuchte, doch er ging nicht zu Boden, wie Lizz es sich eigentlich gewünscht hätte.
»Fass mich niemals wieder an, du Bastard«, zischte sie. Ihr Atem ging so schnell, dass sie kaum sprechen konnte. »Und jetzt verschwinde, sonst werde ich dem König persönlich Bericht erstatten.«
Sein anziehendes Gesicht verzog sich zu einer wütenden Fratze. »Du wagst es, mir zu drohen, du Miststück?!« Blitzschnell stieß er sich von der Wand ab und packte Lizz erneut.
»Will«, donnerte plötzlich eine aufgebrachte Stimme von der Stalltür her. »Verdammt noch mal, kann man dich denn keine Sekunde aus den Augen lassen?« Will zuckte wie unter einem Peitschenhieb zurück.
George Douglas’ kraftvolle, dunkle Erscheinung war beeindruckend und Furcht einflößend zugleich. Er stand reglos in der Tür. Dennoch überkam Lizz das seltsame Gefühl, als wäre gerade ein brausender Sturm über sie hereingebrochen. Von diesem Mann ging eine Kraft aus, die sie nicht zu benennen vermochte. Er schien mit seiner bloßen Gegenwart alles und jeden um sich herum zu beherrschen - und er war wütend. Großer Gott, Lizz fühlte sich augenblicklich an eine entfesselte Urgewalt erinnert. Ein leises Frösteln durchfuhr sie, als sie beobachtete, wie er mit kalter Entschlossenheit näher trat. Er trug die Kleidung des Clanoberhaupts mit solcher Selbstsicherheit, als wäre er darin geboren. Der kurze, dunkelgrüne Kilt saß auf seinen Hüftknochen und enthüllte muskulöse, kräftige Schenkel. Das über die Schulter drapierte Plaid hatte er mit einer Brosche festgesteckt, auf der das uralte Emblem seines Clans prangte - das gekrönte Herz der Douglas’.
Lizz versuchte ein erneutes Schaudern zu unterdrücken.
»Weshalb bist du nicht auf dem Weg zur Grenze? Meine Männer stehen seit bald einer Stunde bereit«, forderte George zu wissen.
William straffte die Schultern. »Ich habe dir bereits heute Morgen erklärt, dass ich es vorziehe, auf Stirling Castle zu bleiben.«
»Du wirst meine Anordnung befolgen. Sattle dein Pferd«, erklärte George entschieden. Damit war die Angelegenheit für ihn erledigt. Lizz erkannte, dass dieser Mann es gewohnt war, Befehle zu erteilen. Weitere Diskussionen würde er nicht dulden.
Als sich der jüngere Bruder zum Gehen wandte, sah sie glühenden Hass in seinen Augen. Dieses Gefühl hatte nichts mit dem gerechten Zorn eines Mannes zu tun, der wusste, dass er sich einem Stärkeren beugen musste. Nein, es war ein Gefühl, das weit tiefer ging und einer uferlosen Enttäuschung entsprang.
In Lizz’ Augen war das nur ein weiterer Beweis dafür, dass der Douglas-Clan ein durch und durch verkommener Haufen war. Sollten sie sich doch gegenseitig die Schädel einschlagen.
Als hätte George Douglas ihre Gedanken erraten, blieb sein finsterer Blick voller Missbilligung an ihr hängen. »Und was dich betrifft ... Teste deine
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