Herz im Zwiespalt (German Edition)
Margarete herzerweichend. »Ich versuche mich gerade etwas auszuruhen. In wenigen Stunden werden wir von Papa zum Dinner abgeholt.«
»Wovon musst du dich denn ausruhen? Wir haben doch seit unserem Eintreffen nichts anderes getan, als sinnlos herumzustehen und hübsch auszusehen«, maulte Lizz missmutig, während sie sich einen Keks in den Mund steckte. Die Erwähnung dieses Douglas hatte ihr die gute Laune schlagartig verdorben.
»Was machst du denn da?«, wollte Anabella wissen und beobachtete, wie Lizz in ihr Reitkostüm schlüpfte.
»Ich reite aus. Nachdem ich so viele Stunden in dieser stickigen Halle verbringen musste, sehne ich mich geradezu nach frischer Luft.«
»Elizabeth, du wirst doch nicht allein ausreifen?«, erkundigte sich Margarete entsetzt.
»Das wäre unschicklich, wie du weißt.«
»Ich bin ja nicht dumm. Natürlich wird Allan mich begleiten. Er wartet bestimmt schon auf mich.« Sie zögerte kurz: »Wollt ihr beiden uns vielleicht begleiten?«
Margarete schüttelte den Kopf. »Du weißt doch, dass ich mich vor Pferden fürchte.«
Annabella verneinte ebenfalls. »Ich werde mir noch einige Namen notieren.«
Lizz versuchte sich ihre Erleichterung nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. Das Letzte, was sie jetzt wollte, war ein Ausritt im Schritttempo. Sie musste nämlich dringend Dampf ablassen.
»Na schön, wie ihr wollt. Falls Papa nach mir sucht, sagt ihm bitte, dass Allan mich heute zu Tisch begleitet.«
Mit diesen Worten schlüpfte Lizz aus dem Zimmer und eilte durch die langen Korridore des Ostflügels. Die Gänge waren nur von wenigen Fackeln in Wandhalterungen erhellt und eine seltsame Stille lag bleischwer in der Luft. Nicht einmal ihre eigenen Schritte waren zu hören, da der dicke rote Läufer diese verschlang. Anscheinend hielten sich doch viele an die auferlegte Ruhezeit. Lizz atmete erst auf, als sie den Flügel hinter sich ließ. Insgeheim hatte sie nämlich befürchtet, ihrer Mutter zu begegnen. Lizz zweifelte keinen Augenblick daran, dass sie sogleich mit einer strengen Rüge zurück auf ihr Zimmer geschickt worden wäre. Seit sie auf Stirling Castle waren, nahm es ihre Mutter mit den höfischen Sitten und Gebräuchen peinlichst genau.
Mit raschen Schritten eilte Lizz dem Ausgang zu. Endlich konnte sie aufatmen.
»Puh«, entfuhr es ihr. War sie gerade gegen eine Wand geprallt?!
»Hoppla«, bemerkte die Wand und grinste belustigt auf Lizz hinunter.
Sie erkannte ihn sofort. Natürlich. Das musste einer dieser elenden Douglas’ sein. Wer sonst konnte auch so einfältig im Weg herumstehen?
Zumindest war es nicht der Riese aus dem Saal. Lizz glaubte sich zu erinnern, dass dieser hier William Douglas hieß und der jüngere Bruder des ungehobelten Klotzes war. Nun, viel kleiner war er ja auch nicht, doch mit seinem jungenhaften Lächeln wirkte er wesentlich geselliger. Sie rang sich mühsam eine Entschuldigung ab.
»Wohin denn so eilig, schönes Kind?«, erkundigte er sich galant.
Als ihr eine dicke Alkoholfahne entgegenschlug, hielt Lizz angewidert den Atem an.
»Ich habe es wirklich eilig.«
»Das habe ich am eigenen Leib gespürt.« Er grinste sie an, wobei seine Augen wohlwollend über ihren Körper strichen.
»Ihr scheint ebenfalls ausreifen zu wollen. Darf ich Euch vielleicht begleiten, Mylady?«
»Ich bin bereits mit meinem Cousin verabredet. Ich bezweifle, dass Ihr unsere Gesellschaft genießen würdet«, lehnte Lizz höchst unfreundlich ab.
»Dann werde ich Euch zumindest zu Eurem Pferd begleiten«, erwiderte er und hielt mit ihren eiligen Schritt mit.
War dieser Kerl taub oder einfach nur dumm? Wie deutlich musste sie denn noch werden?
»Das ist wirklich nicht nötig. Ich bin durchaus imstande, diese wenigen Schritte allein zu gehen«, gab sie spitz zurück, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
»Das glaube ich gern. Trotzdem werde ich Euch begleiten, Mylady. Nur für den Fall, dass jemand so wagemutig ist und Euren Weg kreuzen möchte. Ich werde jeden gebührend warnen, bevor es tatsächlich noch Verletzte gibt.«
Die Anspielung auf ihren Zusammenprall trieb Lizz die Röte in die Wangen.
»Ich nehme an, Ihr werdet Euch sowieso nicht von Eurem Vorhaben abbringen lassen?«
William fasste sich theatralisch ans Herz: »Wie schnell Ihr mich durchschaut habt, schönes Kind.«
Lizz schüttelte den Kopf und ging raschen Schrittes an den Wohngebäuden vorbei, durch ein kleines Tor hindurch und dann den schmalen Weg entlang, der zu den Pferdeställen
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