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Herz im Zwiespalt (German Edition)

Herz im Zwiespalt (German Edition)

Titel: Herz im Zwiespalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Alge
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Frühstück zu verschiedenen Spielen auf den terrassenähnlich angelegten Grasflächen versammelt. George Douglas stand als Einziger auf der riesigen Veranda und beobachtete das Geschehen zu seinen Füßen. Er konnte solcherlei Vergnügungen nichts abgewinnen. Er war ein Mann der Tat, und es passte ihm ganz und gar nicht, dass er gezwungen war, seine Zeit hier zu vertrödeln.
    Er ließ seinen Blick ins Tal hinunter schweifen und genoss den Anblick der reifen Kornfelder und der saftig grünen Wiesen. Die Ernte versprach dieses Jahr endlich wieder einmal genügend abzuwerfen, damit die Pächter und Leibeigenen in den kalten Wintermonaten nicht darben mussten. George nahm dies mit einem wohlwollenden Nicken zur Kenntnis, denn auch seine eigenen Felder standen kurz vor dem Einbringen der Ernte. Die letzten zwei Winter waren unglaublich hart gewesen. Oft hatte er kaum gewusst, wie er die hungrigen Menschenschlangen vor seinen Toren hatte sättigen sollen. Etliche Male war er sogar gezwungen gewesen, in England einzufallen, um dort Getreide und Fleisch zu erbeuten. Obwohl er unter gewöhnlichen Umständen kaum einen Gedanken an seine englischen Opfer verschwendete, war er alles andere als stolz auf diese Diebeszüge. Es war eine Sache, ob man seine Feinde im offenen Kampf tötete, eine ganz andere jedoch, ob man sie jämmerlich verhungern ließ. George hatte getan, was getan werden musste, und er dankte Gott dafür, dass ihm dieses Jahr wenigstens diese Sorgen erspart blieben. Sein Blick glitt weiter zum Forth, der sich weit unten träge durch das Tal schlängelte. Sein Wasser schimmerte wie reinstes Silber im hellen Sonnenlicht. In der Ferne erhoben sich die purpurfarbenen Hügelketten des Hochlands. »Die Wächter Schottlands«, wie seine Mutter ihre geliebte Heimat gern genannt hatte. Es war immer ihr brennendster Wunsch gewesen, noch einmal in ihrem Leben die Highlands zu durchstreifen. Leider war ihr dies nicht mehr vergönnt gewesen. Vor bald vier Jahren hatte eine unbekannte Krankheit ihr alle Kräfte geraubt. Sie war einfach immer weniger geworden, bis sie schließlich sogar zum Atmen zu schwach gewesen war. George zwang sich, die schrecklichen Erinnerungen an ihren qualvollen Tod beiseite zu drängen. Er hatte im Augenblick wahrlich genug Kummer mit den Lebenden. Damit meinte er keineswegs seinen Bruder oder die Engländer ... George widmete seine Aufmerksamkeit wieder der fröhlich lachenden Meute.
    Eines musste man dem jungen König wirklich lassen: Er verstand es ausgezeichnet, seine Gäste zu unterhalten. Es gab Kricket- und Federball-Turniere, Geschicklichkeitsspiele für Männer und selbst ein Bogenschieß-stand für Frauen war etwas abseits errichtet worden. Genau dort erblickte George auch sein neuestes Problem. Elizabeth Drummond.
    In ein leuchtend gelbes Sommerkleid gehüllt, lieferte sie sich gerade einen Wettstreit mit einer ihrer Schwestern und wirkte dabei äußerst vergnügt. Seltsamerweise wunderte es George keineswegs, sie ausgerechnet beim Bogenschießen zu entdecken. Schließlich konnte man von einer so streitlustigen Person kaum erwarten, dass sie sich mit etwas so Banalem wie Kricket abgab. Sein Blick blieb an ihrer schlanken Gestalt haften und eine steile Falte bildete sich auf seiner Stirn. Was war es nur? Was hatte diese Frau an sich, dass er vergangene Nacht urplötzlich ein so verzehrendes Verlangen nach ihr verspürt hatte? Zugegeben, sie war ganz ansehnlich, gestand er sich widerwillig ein. Besonders ihre dunkelrote Haarflut hatte ihn vom ersten Augenblick an fasziniert. Nie zuvor hatte er eine so exquisite Masse gesehen -Haar von der Farbe dunklen Rotweins. Ungebeten stiegen die Erinnerungen an ihr erstes Zusammentreffen wieder in ihm auf. Unglaublich weich und lebendig hatten sich diese schweren Locken zwischen seinen Fingern angefühlt, und erst dieser süße Mund ... George schüttelte verärgert den Kopf. Solche Gedanken brachten ihn auch nicht weiter. Außerdem hatte er von genügend Frauenlippen gekostet, um zu wissen, dass manche davon ihm länger im Gedächtnis blieben als andere. Zum Teufel noch mal, dieses Mädchen war noch nicht einmal eine auffallende Schönheit. Er konnte auf der Stelle mindestens zwanzig Frauen aufzählen, die wesentlich mehr nach seinem Geschmack waren. Nein, es war etwas anderes, das sein Verlangen nach ihr auslöste. Etwas, das er nicht genau benennen konnte, und doch wusste er, dass sie es besaß.
    Vielleicht lag es an ihrem ungezügelten Temperament?

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