Herz in Fesseln
cremefarbener Rosen überreichte.
„Und das hier soll ich Ihnen auch geben.“ Er drückte ihr zwei große Flaschen Mineralwasser in den freien Arm. „Dieser griechische Typ meinte, Sie sollen auf keinen Fall vergessen, sie heute mitzunehmen.“ Mit einem Schulterzucken fügte er hinzu: „Hoffentlich können Sie mehr mit dieser Botschaft anfangen als ich.“
Anna murmelte einen Dank und stieß die Tür mit dem Fuß zu. Sobald sie Blumen und Flaschen auf dem Küchentresen abgelegt hatte, griff sie mit bebenden Händen nach der Karte, die zwischen den Rosen steckte.
Lassen Sie mit Ihrem Training nicht nach. Ich freue mich schon darauf, Sie die Ziellinie passieren zu sehen!
D.
Keine Frage, es war eine subtile Erinnerung an ihr Versprechen, nach dem Lauf mit ihm zum Dinner zu gehen. Ein Versprechen, dass Damon ihr praktisch gegen ihren Willen abgerungen hatte. Im ersten Moment war Anna versucht, die Rosen in den Mülleimer zu werfen, aber als sie den süßen Duft einatmete, brachte sie es nicht übers Herz und stellte sie in eine Vase.
Als sie am Nachmittag von ihrem Training zurückkehrte, ließ sie sich zur Entspannung ein heißes Bad ein. Sie war gerade in den duftenden Schaum eingetaucht, als das Telefon läutete. Zuerst ignorierte Anna es, doch es klingelte gnadenlos weiter. Schließlich stieg sie leise fluchend aus der Wanne, wickelte sich in ein Badetuch und tappte hinunter in die Diele, wobei sie eine Spur nasser Fußabdrücke auf dem Teppich hinterließ.
Aus der Hartnäckigkeit des Anrufers schloss sie, dass es sich nur um ihre Mutter handeln konnte. Vor knapp sechs Monaten hatte Judith sie mit der Nachricht überrascht, dass sie gerade zum dritten Mal geheiratet habe und mit ihrem neuen Mann nach Frankreich gezogen sei. Wahrscheinlich will sie mir jetzt mitteilen, dass sie die Scheidung eingereicht hat, dachte Anna zynisch und nahm den Hörer ab.
„Ich hoffe, ich habe Sie nicht gestört.“
Beim Klang der tiefen Stimme mit dem unverwechselba ren Akzent schlug ihr Herz unwillkürlich schneller. „Keineswegs“, erwiderte sie trocken. „Ich ruiniere nur gerade meinen Teppich mit Wasserflecken, nachdem Sie mich aus der Badewanne geholt haben.“
Damon, der es sich auf seinem Hotelbett bequem gemacht hatte, schloss die Augen und stellte sich vor, wie Anna mit feuchter Haut und rosigen Wangen dastand, während ein Handtuch nur notdürftig ihren atemberaubenden Körper verhüllte. Vielleicht hat sie ja auch auf das Handtuch verzichtet, überlegte er, worauf prompt sein Adrenalinspiegel in die Höhe schoss.
„Das tut mir leid. Soll ich gleich noch einmal anrufen, damit Sie sich etwas überziehen können?“
„Schon gut.“ Anna räusperte sich und versuchte, ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen. „Sagen Sie mir lieber, was Sie von mir wollen.“
Damon unterdrückte den Impuls, ihr diese Frage in aller Ausführlichkeit zu beantworten. „Ich habe für heute Abend zwei Karten für das Royal Ballett“, teilte er ihr stattdessen in beiläufigem Ton mit. „Es gibt Schwanensee, und ich dachte, dass Sie vielleicht Lust hätten, mich zu begleiten.“
Das Angebot war verführerisch, und wider Willen fühlte Anna sich versucht, Ja zu sagen. Während sie noch zögerte, ließ sie den Blick durch die Diele schweifen und sah durch die geöffnete Tür zum Esszimmer die Rosen, die sich auf der polierten Platte des Mahagonitisches spiegelten. Plötzlich hatte sie das Gefühl, sich am Rande eines Abgrunds zu bewegen.
„Warum haben Sie mir die Blumen geschickt?“, erkundigte sie sich misstrauisch.
„Weil sie mich an Sie erinnert haben.“ Damons Stimme wurde eine Nuance dunkler. „Duftend, zerbrechlich und unglaublich schön. Gefallen sie Ihnen nicht?“
„Doch, natürlich. Welche Frau mag keine Blumen?“
Ihre letzten Worte brachten Anna unvermittelt in die Re alität zurück. Damon Kouvaris war ein routinierter Verführer. Vermutlich schickte er jeder Frau Rosen, die er ins Bett zu locken gedachte. Und vermutlich haben sie es alle als Zeichen verstanden, etwas Besonderes für ihn zu sein.
„Tut mir leid, aber ich habe einer Freundin versprochen, heute Abend für sie den Babysitter zu spielen.“ Im Stillen beglückwünschte Anna sich zu ihrer Geistesgegenwart. Gegen diese Ausrede würde selbst Damon Kouvaris kein schlagendes Argument vorbringen können.
„Vielleicht kann ich Sie ja dabei unterstützen“, schlug er vor. „Ich habe ein gutes Händchen für Kinder.“
„Karten fürs Royal
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