Herz in Fesseln
aufzubauen, und die Vorstellung, ihn nach so vielen Jahren aufzugeben, machte ihr Angst.
Nachdem Damon gegangen war, kehrte Anna ins Wohnzimmer zurück, nahm mit mechanischen Bewegungen das Tablett auf und trug es in die Küche. Dann ging sie ins Bett. Am nächsten Morgen hatte sie ein Fotoshooting für ein Modemagazin und danach würde ein weiteres Training für den Marathonlauf folgen. Sie brauchte dringend ihren Schlaf, aber kaum hatte sie das Licht ausgemacht, begannen ihre Gedanken, wild durcheinanderzuwirbeln.
Damons Kuss und ihre heftige Reaktion darauf ließen sie lange nicht zur Ruhe kommen. Als sie endlich einschlief, tauchten in ihren unruhigen Träumen immer wieder Bilder von Damon als liebender Ehemann auf, dessen Herz für immer seiner toten jungen Frau gehörte.
Der Wohltätigkeitsmarathon im Hyde Park wurde ein großes Medienereignis. Angespornt von der johlenden Menge, überquerte Anna nach weniger als drei Stunden die Zielli nie. Sie war völlig erschöpft von der Anstrengung, doch das Wissen, dass sie eine beträchtliche Summe für das Kinderhospiz zusammengebracht hatte, erfüllte sie mit einem geradezu euphorischen Glücksgefühl.
Den folgenden Tag verbrachte sie mit süßem Nichtstun. Sie verließ das Haus nur, um einen Wellness-Klub aufzusuchen, wo sie ihren schmerzenden Muskeln eine ausgiebige Massage gönnte. Danach kehrte sie nach Hause zurück und machte es sich mit einem spannenden Roman auf dem Sofa bequem. Als am frühen Abend der himmlische Frieden durch ein nachdrückliches Klingeln an der Tür unterbrochen wurde, murmelte sie einen leisen Fluch und stand widerwillig auf, um nachzusehen, wer der Störenfried sein mochte.
Es war Damon, der lässig im Türrahmen lehnte und ihr ein unwiderstehliches Lächeln schenkte.
Anna hatte nicht damit gerechnet, dass er so bald zurück sein würde, und konnte bei seinem unerwarteten Anblick nur mit Mühe die Fassung bewahren.
„Ich bin erst seit einer Stunde wieder in England, aber ich habe schon von deinem Erfolg gehört und möchte dir das hier überreichen …“
Mit heftig klopfendem Herzen nahm Anna den Scheck entgegen, den er ihr hinhielt. Als ihr Blick auf die Summe fiel, die darauf eingetragen war, verschlug es ihr sekundenlang den Atem. Der Betrag war doppelt so hoch wie der, den Nik gespendet hatte. „Das kann doch unmöglich dein Ernst sein …“, brachte sie fassungslos hervor.
Damon machte ein gespielt beleidigtes Gesicht. „Bezweifelst du etwa mein soziales Engagement?“
Darauf wusste Anna nichts zu erwidern. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass er immer noch auf dem Flur stand, und sie öffnete die Tür ein Stück weiter, um ihn eintreten zu lassen. „Ich bin überrascht, dass du mir den Scheck jetzt schon gibst“, platzte sie heraus, ehe sie es verhindern konnte.
„Du meinst, bevor du deinen Teil der Vereinbarung erfüllt und mich zum Dinner begleitet hast?“ Er nahm die heftige Röte wahr, die ihr bei seiner Frage in die Wangen gestiegen war und fügte hinzu: „Ehrlich gesagt, hatte ich gehofft, dass du meine Einladung freiwillig annimmst, anstatt sie als Erpressung zu betrachten.“
Dieser Mann ist wirklich mit allen Wassern gewaschen, ging es Anna durch den Kopf. Kein Wunder, dass er in seiner Branche als gefährlicher Verhandlungspartner galt.
„Nachdem du so unglaublich großzügig gewesen bist, ist es wohl das Mindeste, was ich tun kann“, erklärte sie so locker wie möglich.
„Ich freue mich, das zu hören.“ Damon durchquerte die Diele Richtung Wohnzimmer, als wäre er hier zu Hause. „Ich gebe dir eine halbe Stunde“, rief er ihr über die Schulter hinweg zu.
„Heißt das, du willst heute mit mir essen gehen?“ Mit ungläubiger Miene folgte Anna ihm. „Aber … ich habe mich immer noch nicht von dem Lauf erholt“, protestierte sie. „Ich bin viel zu müde, um auszugehen!“
Damon blieb stehen und drehte sich mit einem herausfordernden Lächeln zu ihr um. „Es ist nur ein Abendessen, pedhaki mou . Falls dir allerdings eine kräftezehrendere Betätigung vorschwebt …“
„Schon gut“, schnitt sie ihm ungehalten das Wort ab. „Lass es uns heute Abend erledigen, dann habe ich es wenigstens hinter mir.“
6. KAPITEL
Um ihrer Unsicherheit etwas entgegenzusetzen, entschied Anna sich für ein Designerkleid aus mitternachtsblauem Satin, dessen betont schlichter Stil den Eindruck kühler Eleganz vermittelte. Der diskrete Schmuck – ein mit Saphiren besetztes Armband und dazu passende
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