Herz in Gefahr (German Edition)
auf.
»Hab dich nicht so und erspare mir deine Tränen«,herrschte Sir Matthew, der sich langweilte, es an. »Ich bin sicher, auch du hattest deinen Spaß. Was ist schon dabei, von einem richtigen Mann ins Heu geworfen zu werden? Verschwinde! Geh dorthin zurück, wo du hergekommen bist, und bezahle mir vorher 15 Schillinge, weil du meine Eier zerbrochen hast.«
»Aber ich kann beweisen, dass ich unschuldig bin! Ich habe mich gewehrt. Seht Euch Euren Stallmeister an, und fragt ihn selbst, woher die Kratzspuren in seinem Gesicht stammen! Und fragt die Küchenmägde und die Stallburschen, die dabei standen und Maulaffen feilgehalten haben«, warf das Mädchen verzweifelt ein. Es warf sich schluchzend seinem Vater an die Brust. Unter sichtlichen Qualen brachte es stammelnd hervor: »Ich bin entehrt! Welcher anständige Mann wird mich jetzt noch ehelichen wollen?«
Nun konnte auch der Abt nicht länger schweigen.
»Sir Matthew!«, beschwor Pater Gregor eindringlich den Herrn von Warthorpe und beugte sich zu ihm hinüber. »Wenn es stimmt, was das Mädchen sagt, so hat sich Euer Stallmeister eines schweren Vergehens schuldig gemacht, für das er nach dem Gesetz des Königs und der Heiligen Kirche mit Blendung, Kastration oder gar mit der Hinrichtung bestraft werden muss. Wollt Ihr Euch etwa mitschuldig machen? Euch den Zorn der Kirche und den Unmut des Earls of Clifford, der für seine Gerechtigkeit bekannt ist, zuziehen? Lasst den Stallmeister holen und seht ihn Euch an, ehe Ihr Euer Urteil fällt«, flüsterte er ihm beschwörend ins Ohr. »Und vergesst dabei nicht, dass es sich hierbei um die Tochter des Pristonbauern handelt. Der Mann hat Einfluss, die anderen Pächter hören auf sein Wort. Es wäre in der jetzigen Lage unklug, sich ihn zum Feind zu machen. Lasst ihm und seiner Tochter heute Gerechtigkeit widerfahren!«
Sir Matthew, der dem ganzen Vorgang bisher wenigBedeutung beigemessen hatte, wurde nachdenklich. Der Abt war Zeuge der bisherigen Verhandlung gewesen. Es wäre also leichtsinnig, sich seinem Rat zu widersetzen. Obwohl Matthew Warthorpe an einer Vergewaltigung bei Gott nichts Schlimmes finden konnte, musste er nun auf die Anschuldigung reagieren. Mit einer knappen Handbewegung befahl er seinen Gefolgsleuten, die an der Tür standen und für Ordnung während der Verhandlung sorgen sollten, den Stallmeister und einen der Knechte, der das Vergehen beobachtet hatte, herbeizubringen. Wenig später standen zwei Männer vor dem Gericht. Zwei lange, blutige Striemen überzogen die Wangen des feisten Stallmeisters, und auch am Hals konnte man etliche Kratzer erkennen. Er sah aus, als hätte er kürzlich mit einer Wildkatze gekämpft. Neben ihm stand ein junger Knecht, der seine Blicke fest auf den Boden geheftet hatte. »Wie ich höre, habt Ihr diese hier anwesende Jungfrau geschändet«, führte nun Pater Gregor die Verhandlung fort und wandte sich an den Stallmeister, der ihn mit einem dümmlichen Grinsen anschaute. »Als Beweis dafür dienen die Verletzungen auf Eurem Gesicht und nötigenfalls die Aussage des Knechtes. Gebt Ihr zu, Euch an dem Mädchen vergangen zu haben? Und seid Ihr bereit, die Geschändete zu Eurer rechtmäßigen Ehefrau zu machen, um Euer Vergehen zu sühnen und Eurer gerechten Strafe zu entgehen, oder wollt Ihr der Gerichtsbarkeit des Earls of Clifford überstellt werden, auf dass Ihr bei Schuldspruch geblendet, kastriert oder gehängt werden mögt?«
Der Stallmeister war bei den Worten zusammengezuckt.
»Ich ... ich bekenne mich schuldig und werde das Mädchen heiraten«, antwortete er schließlich voller Widerwillen und sah erwartungsvoll seinen Herren an, ob diesem sein Eingeständnis genügen würde. Auch derAbt betrachtete Sir Matthew, der vollkommen entrückt seinen eigenen Gedanken nachhing. Ihm war plötzlich eine Idee gekommen, so faszinierend einfach in der Ausführung und doch so wirkungsvoll, dass sie ihm geradezu genial erschien. Sir Matthew hatte eben die endgültige Lösung für all seine finanziellen Probleme gefunden: eine Heirat, durch die Reichtümer ins Haus kamen! Selbstverständlich konnte er bei seinen Hochzeitsplänen nicht so töricht vorgehen wie sein dummer, selbstgefälliger Stallmeister. Eine Vergewaltigung, um die Ehe zu erzwingen, mochte ja unter Bediensteten und Leuten niederer Abstammung üblich sein, für einen Edelmann wie ihn verbat sich solch ein Vorgehen jedoch von selbst. Er würde nicht nur seinen Ruf gefährden, sondern wäre der Rache der
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