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Herz in Gefahr (German Edition)

Herz in Gefahr (German Edition)

Titel: Herz in Gefahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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sage ich, bewege dich!«
    Der Bursche schüttelte leicht den Kopf und wagte dann voller Unsicherheit, seinem Herrn zu widersprechen.
    »Sir, es gibt nichts mehr zu holen. Erst vor wenigen Tagen haben Eure Männer die letzten Kornsäcke, das letzte Stück Vieh und die letzten Alefässer aus den Bauern herausgepresst. Sie haben dabei sogar manchen Hof niedergebrannt, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Pächter werden aufständisch. Einige sind Euren Männern mit Knüppeln und Äxten entgegengetreten. Überall herrschen Unruhe, Not und Verzweiflung. Plünderungen stehen an der Tagesordnung. Es wird gewildert, geraubt und gestohlen. Selbst Euer Verwalter hat in der vergangenen Nacht klammheimlich die Burg verlassen.«
    Müde winkte Sir Matthew ab und befahl seinem Bediensteten zu gehen. Er wusste, dass der Bursche Recht hatte. Seine einstmals blühenden Ländereien lagen brach, auf den Weiden wucherte das Unkraut mannshoch, selbst das Wild aus seinen Wäldern hatte sich davon gemacht. Warthorpe stand vor dem wirtschaftlichen Ruin, und keine Macht der Welt konnte dem Verfall Einhalt gebieten. Bisher hatte Sir Matthew den Gedanken an seinen unaufhaltbaren Untergang erfolgreich verdrängt. Solange der Wein noch floss konnte es nicht so schlimm um Warthorpe bestellt sein. Doch jetzt, da es selbst auf der Burg an den lebensnotwendigen Dingen fehlte, ließ sich der Zustand seines Besitzes nicht länger verleugnen.
    Und niemand wusste besser als er, dass es allerhöchste Zeit war, einen letzten verzweifelten Rettungsversuch zu unternehmen, ehe die Gläubiger ihm seine Ländereien unter der Hand wegpfändeten, und er vielleicht sogar im Schuldturm landete, falls er nicht vorher verhungert und verdurstet war. Er musste handeln, und zwar so schnell wie möglich. Beunruhigt und getrieben von einem letzten Hoffnungsschimmer schlug Matthew auf der Suche nach Rettung jeden Truhendeckel auf. Er schaute in alle Kisten, öffnete sämtliche Wandschränke und lief schließlich sogar noch einmal nach oben in sein Schlafgemach. Dort angekommen, hielt er inne und lauschte den Geräuschen im Gebäude. So vertrauensselig und geschwätzig Sir Matthew sein konnte, wenn der Wein durch seine Blutbahn kreiste, so misstrauisch und wortkarg war er im nüchternen Zustand. Und gerade heute Morgen, nachdem ihn sein Verwalter betrogen und im Stich gelassen hatte, war er argwöhnischer denn je. Als er sicher war, unbeobachtet zu sein, legte er sich flach auf den Boden und angelte mit einer Hand nach der Schatztruhe, die er unter seinem Bett versteckt hielt. Er zog das feingearbeitete Kästchen hervor, fingerte den Schlüssel von dem großen Bund, das er am Gürtel trug, und schloss die kleine Truhe auf. Hastig schlug er den Deckel hoch und starrte hinein. Vom Grund des Bodens schaute ihn der eingravierte Hund, Kennzeichen aller Geldladen, an. Kein Goldstück, kein Silberling, nichts. Die Truhe war leer, und Matthew war buchstäblich ›auf den Hund gekommene‹.
    Er verschloss das Kästchen und beförderte es mit einem ärgerlichen Tritt zurück unter das Bett. Dann verließ er schleunigst sein Zimmer und begab sich zurück in die Wohnhalle. Während er dort unruhig auf und ab lief, hatte sich Jonathan unbemerkt genähert.
    »Herr«, sprach er Sir Matthew an. »Ich habe Euch heißes Wasser bereiten lassen. Heute ist Gerichtstag auf Warthorpe. Da Euer Verwalter nicht mehr da ist, müsstIhr ihn abhalten. Die Leute haben sich bereits im Burghof versammelt, um ihre Klagen vorzubringen. Auch der Abt des nahen Klosters, Pater Gregor, ist schon da.«
    Sir Matthew hielt inne. Jonathan hatte Recht. Er war der Herr, er war das Gesetz. Wie in jedem anderen Lehensgebiet war es auch auf Warthorpe üblich, dass der Lord selbst oder aber der Verwalter unter Mitwirkung eines Geistlichen einmal im Monat Recht sprach. Die Bauern seines Lehens versammelten sich zu diesem Zweck in der Burg und brachten ihrem Herrn Klagen und Streitigkeiten zu Gehör. Dieser urteilte über die einzelnen Vergehen, verhängte Strafen und erlegte Bußen auf. Und der Gerichtstag war immer auch ein einträgliches Geschäft für den Herrn selbst, denn die Strafgelder wanderten selbstverständlich in den eigenen Beutel. Doch obwohl Matthew sich um die übliche Form der Rechtsprechung, die bisher seinem Verwalter unterstanden hatte, nach dem Tod seiner Frau nie mehr gekümmert und sie eigentlich schon vergessen hatte, kam sie ihm heute wie gerufen. »Auf solch eine Gelegenheit habe ich

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