Herz in Gefahr (German Edition)
Bewunderung entgegenbrachte. Niemals mehr würde er eine Frau heiraten, die so unansehnlich, alt und fett war, dass selbst ein Schafbock sich angeekelt abgewendet hätte.
Doch dann war er endlich sein eigener Herr gewesen. Endlich hatte er nach Herzenslust tun und lassen können, was und wie es ihm beliebte. Jetzt wollte er das Leben in vollen Zügen genießen und sich den Respekt und die Achtung verschaffen, die er verdiente.
Sir Matthew umgab sich mit heuchlerischen Gesellen, die ihm mit Worten schön taten, und verfiel seiner versteckten Trunksucht immer mehr. Er wartete nicht einmal bis zur Beerdigung seiner Frau damit. Bereits an deren Grab konnte er sich vor Trunkenheit kaum auf den Beinen halten. Er bemerkte nicht einmal, dass seine Pächter sich über ihn lustig machten, und Pater Gregor, der Abt, der die Totenmesse hielt, bekümmert sein Haupt schüttelte. Von diesem Tag an leerte er schon vor dem Frühstück mehrere Krüge Wein und wandte seine gesamte Aufmerksamkeit dem Würfelspiel zu. Sein Besitz kümmerte ihn nicht mehr. Er ließ dem Verwalter, einem hinterhältigen, grobschlächtigen Kerl, der ihm schmeichelte, freie Hand, und sah tatenlos zu, wie dieser die Bauern um ihr letztes Bisschen betrog. Zwar führte der Verwalter Buch über die Arbeiten und Abgaben, die die Pächter ihrem Lehnsherren schuldig waren, um auf seinem Land ihre dürftigen Hütten bauen und den steinigen Ackerboden bestellen zu dürfen, doch verfuhr er hierbei ungerecht und betrügerisch, und dachte hauptsächlich daran, auf Kosten der Bauern die eigenen Taschen zu füllen. Die Pächter wiederum ergriffen jede sich bietende Gelegenheit zur Meuterei gegen den Mann. Sie ließen ihre Böden unbestellt und kümmerten sich nur notdürftig um das Vieh. Die Auseinandersetzungen und der Widerstand gegen den Verwalter und Sir Warthorpe, der sich um nichts mehr scherte, wurden immer alltäglicher. Es dauerte nicht lange, und die Ernten wurden karg und kärglicher, bis schließlich alles Land brachlag. Unterdessen ließ sich Matthew von zwielichtigen Gestalten ganz und gar zur Spielsucht verleiten. Tag für Tag saß er mit seinen falschen Freunden in der Halle der Burg, ließ die Würfel rollen und den Wein in Strömen fließen. Hier fühlte er sich als ganzer Kerl, der es beim Saufen noch mit jedem anderen aufnehmen konnte. Er hielt sich für einen großen Herrn, veranstaltete üppige Trinkgelage und bemerkte dabei nicht, dass ihm nur der Wein und die heuchlerischen Worte der falschen Freunde seine Größe vorgaukelten.
Dann hatte eines Tages der Oberlehnsherr des Königs, der Earl of Clifford, seine Vasallen, unter ihnen die Herrn der Warthorpe und Bloomfield Manors, zu den Waffen gerufen, um in Frankreich für die englische Krone zu kämpfen. Doch der Krieg hatte Matthew keineswegs eines Besseren belehrt. Im Gegenteil, alles war noch viel schlimmer geworden als je zuvor, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der Warthorpesche Ruin in aller Munde sein würde.
Helen kannte den Grund für Sir Matthews Veränderung nicht, doch sie sah deutlich den Verfall seiner Manors. Sie fühlte Mitleid mit Warthorpe, den sie ebenfalls seit Kindertagen kannte. Ob die Liebe einer Frau ihn wohl erlösen könnte?, fragte sie sich. Würde ich die Kraft dazu aufbringen? Schnell wischte sie diesen abwegigen Gedanken beiseite. Sie würde Lord Robin heiraten, das stand für sie schon seit langem fest. Nur noch wenige Wochen trennten sie davon, Lady Bloomfield zu werden, und sie freute sich darauf. Wie oft hatte sie sich schon vorgestellt, in Robins starken Armen zu liegen, Tag für Tag neben ihm aufzuwachen und ihm zahlreiche Söhne zu schenken! Was hatte sie nur plötzlich? Woher kamen die leisen Zweifel, die abwegigen Gedanken? Fast schien es ihr, als hätte sie ein wenig Angst vor Robin. Doch sie genoss diese Angst, die sich als Prickeln zwischen ihren Schulterblättern bemerkbar machte und ihr in wohligen Schauern über den Körper rann, wann immer Robin in ihre Nähe kam. Es stimmte zwar, dass auch Lord Bloomfield als ein anderer aus Frankreich heimgekehrt war. Fast noch ein Knabe war er gewesen, mit schwarzen Locken, die ihm bis auf die Schultern reichten mit weichen roten Lippen und einem Blick, der sich oft in Träumereien verlor, als er von England aus über den Kanal aufbrach. Im Krieg war er endgültig zum Manne gereift. Seine Kraft und Stärke, der unbeugsame Wille und die Autorität, die er nun ausstrahlte, hatten etwas Bezwingendes, dem
Weitere Kostenlose Bücher