Herz ist Trumpf
seinem energischen Kinn mit dem leichten Bartschatten und seinen sinnlichen Lippen wandern.
Sie blinzelte und lächelte. „Sie werden mich küssen, nicht wahr?“
Er erwiderte ihr Lächeln. „Ich fürchte, ich kann der Versuchung nicht widerstehen, Amariah.“
„Ich genauso wenig, Guilford.“ Sie schlang ihm die Arme um den Nacken.
Es war keine Überraschung für sie, dass er seinen Mund auf ihren senkte und dass sie seinen Kuss erwiderte. Was sie jedoch über die Maßen überraschte, war, dass es sich völlig anders anfühlte, Guilford zu küssen, als jeden anderen Mann zuvor. Natürlich hatte sie kaum Erfahrung und daher auch nicht viele Vergleichsmöglichkeiten, aber Guilford – Guilford wusste , wie man küsste. Er tat es zärtlich, selbstsicher und leidenschaftlich. Die verführerischen Lockungen seiner Zunge weckten immer stärkere Gefühle in ihr, bis sie die Lippen öffnete, hörbar nach Luft schnappte und ihm gestattete, ganz von ihrem Mund Besitz zu ergreifen. Sie klammerte sich an ihn und registrierte benommen, dass ihre Finger in rastloser Erregung über seine breiten Schultern strichen. Sie hatte sich nicht vorstellen können, dass es sie in einen solchen Rausch versetzen könnte, den Körper eines Mannes so nah an ihrem eigenen zu spüren.
Und dann war es plötzlich vorbei, er zog sich von ihr zurück, setzte sich gerade auf und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Wenn ich so galant wäre, wie Sie behaupten“, sagte er verdrossen, „hätte ich das nicht getan.“
Sie setzte sich ebenfalls auf. „Doch“, versetzte sie entschieden, „weil ich es wollte.“ Er sah aus dem Fenster. „Nein, Sie wären nicht einmal auf den Gedanken gekommen.“
„Seien Sie nicht so ein eingebildeter Wichtigtuer“, schalt sie ihn und rückte so weit wie möglich von ihm ab. „Ich weiß, Sie sind der Duke of Guilford, aber Sie hätten mich nicht dazu bringen können, Sie zu küssen, wenn ich es nicht zugelassen hätte.“ Die angenehme Benommenheit nach dem Weingenuss war verschwunden und machte dem unbehaglichen Gefühl Platz, dass sie etwas getan hatte, das sie bedauern würde. „Wie weit ist es noch bis Penny House?“
Er atmete tief durch. „Ich nehme an, wir müssen nicht mehr als fünf Minuten in dieser gemeinsamen Hölle aushalten.“
„Das finde ich nicht lustig“, erwiderte sie spitz. „Zutreffend vielleicht, aber nicht im Mindesten amüsant.“
Er senkte das Kinn und sah sie verärgert an. „So spricht eine wahre Xanthippe.“
„In der Tat“, versetzte sie bissig. Sosehr sie dieses schreckliche Wort auch hasste, sie würde ihm nicht die Genugtuung verschaffen, sich noch einmal mit ihm darüber zu streiten. „Sie sind nicht der Einzige, der die Initiative zu einem Kuss ergreifen kann, selbst wenn dieser Kuss im Nachhinein ein grober Fehler war.“
„Sie hatten nichts dagegen!“
„Sie ebenfalls nicht“, entgegnete sie schnippisch und sah aus dem Fenster. „Sagen Sie dem Kutscher, dass wir sind da sind. Vielen Dank für das Dinner, Guilford, und für die Großzügigkeit, die Sie Billy Fox erwiesen haben.“ Sobald die Kalesche anhielt, stieß sie den Schlag auf und sprang hinaus, ohne darauf zu warten, dass der Lakai ihr den Tritt herunterließ.
„Verdammt noch mal, Amariah, kommen Sie zurück!“
Ohne auf Guilfords Protest zu achten, überquerte sie die schmale Gasse und marschierte über den Hinterhof zur Küchentür von Penny House. Wenn sie noch einen Beweis dafür gebraucht hätte, dass es ein Fehler war, sich mit Clubmitgliedern einzulassen, dann hatte sie ihn jetzt.
Zu ihrer Überraschung brannte kein Licht mehr in den Wirtschaftsräumen. Waren die Dienstboten tatsächlich bereits zu Bett gegangen? Amariah holte den Schlüssel aus ihrem Retikül, schloss die Tür auf und betrat die finstere Küche.
Auf ihrem Weg zur Hintertreppe trat sie mit ihren Slippern auf etwas Hartes. Zuerst hielt sie es für eine Brotkruste, doch dann schloss sie aus dem knirschenden Geräusch, dass es Glasscherben sein mussten. Vorsichtig tappte sie wieder in die Küche und entzündete eine Kerze. Als sie zurückkam, entdeckte sie das Loch in der Scheibe. Unter dem Fenster lag ein halber Backstein, um den ein Stück Papier gewickelt war. Amariah hob ihn auf, band den Zettel los, strich ihn glatt und hielt ihn ins Licht, um die fein säuberlich geschriebene Botschaft zu lesen.
„Meine liebe Mistress Penny,
Weshalb beachten Sie meine Warnung nicht?
Sie gewähren dem BETRÜGER immer noch
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