Herz ist Trumpf
Schöneres, als so ein süßes Neugeborenes im Haus zu haben, nicht wahr?“ Ein zufriedenes Lächeln lag auf Lettys Gesicht.
Amariah seufzte wehmütig. Sie würde Sammy vermissen, wenn er mit seiner Mutter abreiste. Wieder einmal sagte sie sich, dass Penny House alles war, was sie zu einem sinnvollen Leben brauchte. Ihre Tage und Nächte waren angefüllt mit Verantwortung, amüsanter Gesellschaft und nützlicher Wohltätigkeit. Wo sollte sie da noch die Zeit für einen Gatten hernehmen, geschweige denn für die Bedürfnisse eines kleinen Kindes?
Aber war nicht genau das der Kernpunkt jener Wette bei White’s, der sie so wütend gemacht hatte? Dass sie die Einzige der Penny-Schwestern sei, die unverheiratet bleiben würde, eine alte Jungfer und eine Xanthippe?
„Da sind Sie ja, Miss Penny!“ Boyd kam die Treppe heruntergetrampelt, und aufgeregt bedeuteten ihm die beiden Frauen, leise zu sein. Zerknirscht schlich der junge Lakai auf Zehenspitzen in die Küche und legte ein in Packpapier gewickeltes Paket auf den Tisch.
„Das wurde eben von einem Diener Seiner Gnaden, des Duke of Guilford, abgegeben“, flüsterte er. „Der Mann sagte, ich soll es Ihnen aushändigen.“
„Tatsächlich.“ Amariah seufzte. Wie oft musste sie Guilfords Friedensangebote noch zurückweisen, ehe er begriff, dass sie sie nicht akzeptieren konnte? Indes bat er sie wenigstens um Verzeihung. „Nun, was immer in dem Päckchen ist, ich werde es Seiner Gnaden sofort zurückschicken, sobald ich eine kleine Nachricht dazu geschrieben habe.“
Boyd räusperte sich unbehaglich. „Es tut mir leid, Miss Penny, aber das Paket ist nicht für Sie, sondern für Janey Patton und das Baby.“
„Doch nicht von Seiner Gnaden, Boyd?“ Mit gerunzelter Stirn beugte Amariah sich vor und zog die Karte hervor, die unter der Verschnürung steckte. „Lassen Sie mich sehen.“
Die in der ordentlichen Handschrift des Ladenbesitzers geschriebene Botschaft war unmissverständlich. Boyd hatte recht. Das Paket war nicht für sie. Amariah steckte die Karte wieder unter die Schnur. Also kein Friedensangebot.
„Es ist für Janey und Sammy“, verkündete sie so fröhlicher, als ihr zumute war. „Wie überaus freundlich von Seiner Gnaden.“
Als habe man ihm sein Stichwort gegeben, riss der Kleine die Augen auf, fing an zu schreien und ließ sich durch kein Schaukeln und Trösten wieder beruhigen. Die Tür zu Bethanys Arbeitsraum, der behelfsmäßig als Kinderzimmer diente, ging auf, und Janey eilte in die Küche. Sie rieb sich den Schlaf aus den Augen und nahm Letty den Kleinen ab.
„Seien Sie nicht böse, wenn er schreit, Miss Penny“, murmelte sie, während sie ihr Mieder aufband. „Sammy hat nur Hunger.“
„Er ist ein Baby, Janey“, sagte Amariah sanft. „Hier, dieses Paket ist eben für dich abgegeben worden. Ein Geschenk vom Duke of Guilford.“
Das Mädchen sah sie verdutzt an. „Für mich, Miss? Weshalb sollte ein Duke mir Geschenke machen?“
„Auf der Karte steht, es ist für dich und das Baby.“ Amariah lächelte Janey ermutigend zu. „Ich habe ihm von dir erzählt, und er hat sich wohl daran erinnert.“
„Machen Sie das Paket auf, Miss“, sagte Janey verunsichert. „Sie sind mit dem Duke bekannt, nicht ich.“
„Na schön.“ Amariah nahm ein Messer und schnitt die Schnüre durch. Sie faltete das steife, braune Papier auseinander, hob den Deckel der darin befindlichen Schachtel an und stieß einen Laut des Entzückens aus, als sie die winzigen Kleidungsstücke, Mützchen und Söckchen aus feinem und doch praktischem weißem Leinen entdeckte. „Janey, sieh nur, wie zauberhaft!“
„Oh Gott.“ Janey schossen die Tränen in die Augen. „Weshalb schickt der Duke meinem Sammy solche Sachen?“
„Weil Seine Gnaden etwas Gutes tun wollte.“ Auch Amariah stiegen die Tränen in die Augen. Zuerst Billy Fox und jetzt das. Sie hatte Guilford nicht annähernd genug Anerkennung gezollt. Er war viel aufmerksamer, als sie geglaubt hatte, und verstand genau, worum es ihr ging. Und er hatte erkannt, welches Friedensangebot sie niemals zurückweisen würde.
Ehrfürchtig berührte Janey ein kleines Jäckchen. „Er ist ein feiner Mensch, Miss, wenn er das für Sammy und mich tut“, flüsterte sie.
Amariah schwieg nachdenklich.
Guilford schloss die Augen und überließ sich der vertrauten Routine der Rasur, mit der sein Tag wie üblich gegen Mittag begann. Das Wetter war schön, die Fenster seines Schlafgemachs standen offen, und
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