Herz ist Trumpf
nickte zufrieden. „Ich kenne eine Taverne in der Nähe, wo es die besten Pasteten gibt, die man sich vorstellen kann. Wir werden etwas essen und uns über Pferde unterhalten. Und denk daran, während wir das tun, wird von Miss Penny überhaupt nichts zu sehen sein.“
6. KAPITEL
„Guten Abend, Mylord.“ Amariah knickste gerade so tief, wie es bei einem Viscount angemessen war. „Wir haben Sie in Penny House vermisst, solange Sie auf dem Land waren.“
Der Viscount nahm die Mitteilung sichtlich erfreut zur Kenntnis und schlenderte voller Stolz ins Kartenzimmer. Er wird heute Abend hohe Einsätze wagen, dachte Amariah zufrieden, drehte sich zu der nächsten Gruppe von Herren um, die zur Tür hereinkamen, und ihr herzliches Lächeln galt nun ihnen. Wie seltsam, wenn sie sich daran erinnerte, wie schwer es ihr zu Anfang gefallen war, die Gentlemen willkommen zu heißen, und dass ihr größtes Problem darin bestanden hatte, sich all die Namen und Titel zu merken. Was für eine belanglose Sorge im Vergleich zu denen, die sie nun plagten!
Sie dachte an den Brief, der in der vergangenen Nacht mit dem Backstein durch das Fenster geworfen worden war. Sie hatte Pratt den Zettel gezeigt, und obwohl auch er sie bedrängt hatte, die Konstabler zu rufen, hatte sie sich bei ihm ebenso geweigert wie bei Guilford. Solange sie keine weiteren Beweise hatte, würde sie Penny House nicht in einen verhängnisvollen Skandal stürzen.
Das zweite Problem war nicht so einfach zu bewältigen. Sie hatte ein Clubmitglied geküsst und war dem Gentleman entwischt, nur um ihn dann ein zweites Mal zu küssen. Bis gestern war sie der Meinung gewesen, sie sei über ein solches Verhalten erhaben und besäße eine unerschütterliche Selbstbeherrschung. Doch die brachte Guilfords gefährlicher Charme zum Bröckeln. Kein Wunder, dass sie bis zum Morgengrauen wach gelegen und sich verärgert im Bett herumgewälzt hatte.
Erneut öffnete der Lakai die Eingangstür, und Guilford betrat den Club.
Dass dieser verflixte Mann ihr Herz zum Rasen zu bringen vermochte wegen nichts – gar nichts!
„Guten Abend, Euer Gnaden.“ Irgendwie schaffte sie es, nicht zu erröten und angemessen zu knicksen. „Wir freuen uns sehr, dass Sie uns die Ehre erweisen.“
„Was für ein Unsinn, Miss Penny“, sagte er grinsend, nahm ihre Hand und hob sie gerade hoch genug, dass er die Luft darüber küssen konnte. „Nach dem gestrigen Abend wäre es Ihnen doch lieber, ich würde mich nie mehr in Ihrem Etablissement blicken lassen.“
Sie entzog ihm anmutig ihre Finger und schenkte ihm ein liebenswürdiges Lächeln. „Keineswegs, Euer Gnaden. Sie spielen so schlecht und verlieren so oft, da würde Ihr Fernbleiben einen großen Verlust für uns bedeuten.“
Er stellte er sich neben sie, wie er es häufig tat. Niemandem, der sie beisammen sah, würde auffallen, dass an diesem Abend etwas anders war.
„Dann haben Sie eine höchst merkwürdige Art, mir Ihre geldgierige Zuneigung zu zeigen, Miss Penny“, sagte er. „Gestern Abend hielten Sie die Stellung nicht einmal lange genug, um mir süße Träume zu wünschen, geschweige denn meine Taschen zu leeren.“
Unverändert freundlich lächelnd neigte sie den Kopf in Richtung zweier weiterer hereinkommender Gentlemen. „Es war ein langer Tag, Guilford. Ich war so erschöpft, dass ich mich keinen Augenblick länger auf den Beinen halten konnte.“
„Ich hätte Sie nach oben getragen und persönlich zu Bett gebracht.“ Wie zufällig strich er mit den Fingern über ihren Arm.
Sie wich ein Stück von seiner Hand zurück. „Leider besteht darauf für Sie keinerlei Aussicht.“
„Ich weiß“, erwiderte er träge. „Deshalb gefiel es Ihnen so gut in meiner Kutsche.“
„Es reicht, Guilford, wenn das alles ist, was Sie …“
„Sind Sie heute Morgen bei den Konstablern gewesen und haben ihnen gemeldet, was gestern Nacht passiert ist?“
Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. „Guilford, ich erklärte Ihnen doch bereits, dass ich das nicht tun werde. Wir haben beträchtliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um sicherzustellen, dass am Hazard-Tisch nicht betrogen wird. Abgesehen von den Briefen gibt es keinen einzigen Hinweis, dass irgendwer falschspielt.“
„Briefe?“, fragte er scharf. „Dann haben Sie noch einen bekommen, Amariah?“
„Wie ich schon sagte, ich gehe nicht zu den Konstablern, also Schluss damit“, wich sie aus. Guilford war klug; das war eines der Dinge, die sie an ihm mochte.
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