Herz nach Maß (German Edition)
hochwertige Arbeit und deine Visionen. Du bist ein wahrer Künstler.«
Jack kam nicht umhin zu grinsen, gleichzeitig erfreut und belustigt über das überschwängliche Lob des jungen Mannes. »War mir ein Vergnügen«, murmelte er. Er setzte das Glas an und nahm einen Schluck von dem kräftigen, ein wenig süßlichen Alkohol. Es fühlte sich gut an, wie er seine Kehle hinunterbrannte.
»Noch einen?« Will hielt die Flasche hoch.
»Sicher, warum nicht?«
Will schenkte erneut ein paar Fingerbreit ein. Jack aß zwei weitere Cannoli und trank seinen Kaffee, der, wie er widerwillig zugeben musste, tatsächlich ein bisschen besser schmeckte als das Zeug, das er zu Hause zubereitete.
Will aß nichts. Er hatte einmal von seinem Gebäckstück abgebissen und den Rest auf seinem Teller liegen gelassen. Auch seine Kaffeetasse war noch beinahe randvoll. Stattdessen starrte er in seinen Cognac. Seine Hände umschlossen das bauchige Glas, als ob er sie daran wärmen würde. Er sah angespannt aus.
»Alles in Ordnung?«, fragte Jack.
»Bei mir? Ja. Was meinst du? Mir geht's gut.«
Jack lächelte. Er spürte, wie sich das Grinsen langsam und befreit auf seinem Gesicht ausbreitete. Er fühlte sich gut – und er wusste, dass er angetrunken war. Er wusste, dass seine Schilde heruntergefahren waren. Er wusste, dass er wahrscheinlich besser gehen sollte, aber wo zum Teufel sollte er schon hingehen? Zurück in sein leeres Haus, um fernzusehen oder zu lesen oder das verdammte Kreuzworträtsel aus der Tageszeitung zu lösen wie ein alter Mann, der auf seinen Tod wartete?
Er mochte Will. Er mochte die Art, wie Will ernsthaft an den Renovierungsarbeiten interessiert zu sein schien, wie er in jeden Schritt miteinbezogen werden wollte. Er hatte heute Abend beim Pool-Spielen und Pizza-Essen Spaß gehabt.
Demonstrativ starrte er Will an, der weiter in sein Cognacglas hinunterschaute. Ihm gefielen Wills Lippen, die zu einem Amorbogen geschwungen zu sein schienen. Er hatte ein kantiges Kinn, einen kräftigen Kiefer und gerade Brauen über diesen unglaublich grünen Augen.
Er sah wirklich aus wie Luke. Oder wie der Luke längst vergangener Tage. Der Luke, an den sich Jack erinnerte. Der, der seinen Oberschenkel berührt hatte, das Gesicht so ernst, während er sich nach vorne gebeugt und nicht gewollt hatte, dass Jack sich zurückzog, als sich ihre Lippen getroffen hatten…
»Jack, geht's dir gut?«
»Was?« Jack zwang seine Gedanken zurück in die Gegenwart und richtete den Blick verwirrt auf Will. »Ja. Tut mir leid. Ich glaube, ich habe mehr getrunken, als mir bewusst war.«
»Setzen wir uns doch aufs Sofa rüber, hm? Außer du willst noch mehr Cannoli?« Noch immer lagen zwei der süßen, üppigen Gebäckstücke auf dem Teller.
Jack schüttelte den Kopf. »Wenn ich noch einen esse, platze ich.«
Will stand auf und nahm seinen halbvollen Cognacschwenker mit. »Nachschub?«, fragte er und deutete auf Jacks leeres Glas.
»Nein, nein. Ich hatte mehr als genug«, versicherte Jack ihm. »Aber ich nehme gern noch Kaffee.« Er goss sich eine Tasse voll ein und fügte etwas Sahne hinzu, ehe er Will in den angrenzenden Raum folgte. Er würde die Tasse austrinken und danach hoffentlich wieder nüchterner werden.
Jack ließ sich auf die Couch sinken, während Will die Musikanlage einschaltete. Danach setzte sich Will ebenfalls auf die Couch, allerdings nicht dicht bei ihm. Halb hatte Jack erwartet, dass Will sich direkt neben ihm niederlassen würde, dass er einen Arm um ihn legen würde, ihn dichter an sich heranziehen würde…
Plötzlich ging ihm auf, dass er nur angenommen hatte, dass Will schwul war. Er hatte eine voreingenommene Vermutung angestellt, basierend auf Wills äußerer Erscheinung, seinem Interesse an der Küche, seiner Aufmerksamkeit bei künstlerischen Details, dem Fehlen einer Frau im Gesamtbild. Was, wenn er komplett falsch lag? Was, wenn Will genauso hetero war wie er?
Wie sprach man so etwas an? Nach einer Freundin oder einer Exfrau stochern? Nachfragen, ob er dieses Jahr bei der Schwulenparade mitmarschiert war?
»Du grinst, Jack, aber ich habe keine Ahnung, wieso«, sagte Will mit einem halben Lächeln.
Jack setzte sich auf und nahm einen Schluck Kaffee. »Hör mal, Will... Ich bin den Cognac nicht gewöhnt, das ist wohl meine Entschuldigung.« Er schenkte Will ein schiefes Grinsen und plapperte weiter: »Ich werde dich einfach direkt fragen, weil ich nicht weiß, wie ich es sonst anstellen soll. Bist du
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