Herz ueber Bord
mit Brian zusammenstehen. Die beiden waren in ein Gespräch vertieft und nahmen keine Notiz von mir. Natou sah umwerfend aus und bedachte Brian immer wieder mit intensiven Blicken. Irgendwie wirkten die beiden sehr vertraut. Energisch verscheuchte ich das Gefühl, am falschen Ort zu sein, und ging an den beiden vorbei.
Zurück an meinem Arbeitsplatz hastete ich zwischen dem Amore und der riesigen Küche hin und her. Der Maître dâHôtel, der über die Tische verfügte, hatte mich im Restaurant eingeführt, und so schleppte ich Teller um Teller, räumte benutzte Wein- und Wassergläser ab, griff freundlich lächelnd nach halb leeren Dessertschalen und klebrigem Besteck. Als es gerade richtig gut zu laufen schien und ich von Prof. Ucker, dem älteren Herrn, der mich in der Lobby âºHerzchenâ¹ genannt hatte, 20 Euro Trinkgeld zugesteckt bekam, schlug die Stimmung an seinem Tisch um.
Prof. Uckers blond gefärbte Frau verlangte nach meiner Mutter, um sich zu beschweren. Alle Bemühungen des Professors, seine Frau zu beruhigen, schlugen fehl. Madame thronte am Tisch, keineswegs bereit, auf ein ordentliches Spektakel zu verzichten.
»Wir haben eine Dreibettkabine gebucht, weil unsere Enkelin mit auf Reisen ist«, erklärte sie Mum, als die schlieÃlich vor ihr stand.
»Und was kann ich in dem Zusammenhang für Sie tun?« Meine Mutter lächelte professionell, während ich mit gespitzten Ohren und einem Schwung schmutziger Teller davonbalancierte.
»Für ordentliche Betten sorgen«, zischte Frau Ucker.
Als ich zurückkam, war die Stimmung am Brodeln. »Ich sage Ihnen doch, wir haben nur zwei vernünftige Betten in der Kabine. Das dritte ist zum Ausklappen. Wo gibt es denn so was? Wir sind hier doch nicht in einem billigen Motel.«
»Sie haben die Kabine mit den Pullmanns«, sagte meine Mutter. Ihre Stimme war noch immer freundlich.
»I wo, wir wohnen allein, wir teilen unsere Kabine nicht mit anderen«, warf die Ucker erbost ein.
»Entschuldigen Sie!«, meine Mutter konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. »Pullmanns heiÃen die Schlafstätten, die man ausklappen kann. Sie sind nach dem Erfinder benannt.«
Frau Ucker verzog den Mund. »Wie auch immer«, haspelte sie. »Mir ist egal, wie der Erfinder dieses unsäglichen Klappbetts hieÃ. Ich bestehe auf eine Kabine mit vernünftigen Schlafmöglichkeiten. Auch für meine Enkelin. SchlieÃlich zahlen wir genug.« Sie schnaufte laut, weil sie sich so aufregte. »Und davon abgesehen, möchte ich beim Lunch von jemand Professionellem bedient werden.«
Ich stand wie zur Salzsäule erstarrt da, denn Frau Ucker bedachte mich mit einem abschätzigen Blick.
»Dieses junge Ding hier ist doch noch gar nicht trocken hinter den Ohren. Ist es überhaupt erlaubt, so jemanden zu beschäftigen?« Ich griff nach dem letzten Gedeck und versuchte, so zu tun, als hätte ich ihre spitze Bemerkung gar nicht gehört.
»Und du hast ihr auch noch ein fürstliches Trinkgeld zugesteckt, obwohl sie nur abräumt. Glaubst du, ich hätte das nicht bemerkt?!«, schnaufte Frau Ucker und funkelte ihren Mann dabei an.
Ich griff in meine Hosentasche, um die 20 Euro auf den Tisch zu knallen. Doch bevor ich mein Trinkgeld zurückge ben konnte, erschien der Maître dâHôtel, griff nach meiner Hand und gab mir zu verstehen, das Geld zu behalten, ohne dass es jemand mitbekam.
»Entschuldigen Sie, gnädige Frau. Sicher kann ich behilflich sein.« Sein Gesicht strahlte, als sollte er ein Lob entgegennehmen. Prof. Ucker nutzte den Moment und steckte mir erneut etwas zu. Diesmal waren es fünfzig Euro.
»Schweigegeld!«, flüsterte er und zuckte traurig die Schultern.
Ich huschte davon, um mich aus der Gefahrenzone zu bringen und den letzten Schwung Geschirr in die Küche zu tragen. Dort angekommen, lieà ich mich erschöpft auf einen Stuhl fallen. »Oh Mann, es gibt ziemlich abgefahrene Leute an Bord!«, fluchte ich. Ich legte meine Hände auf die Oberschenkel und keuchte. »Diese schrecklich gefärbte Wasserstoffblondine ist der Albtraum.«
»Immer lächeln, immer freundlich! Das ist die goldene Regel, principessa «, munterte Enzo mich auf.Als ich ihm einen verzweifelten Blick zuwarf, fragte er, was Schlimmes passiert sei.
Ich erzählte die Story kurz und knapp. »Und plötzlich stürzt sie sich auf
Weitere Kostenlose Bücher