Herz ueber Bord
ernst nehmen.«
»Glaubst du, dass du mit Brian dein erstes Mal erleben möchtest? Bist du in ihn verliebt? So richtig, meine ich.«
Darüber musste ich nicht lange nachdenken. »Ja, bin ich«, gab ich zu. »Ich kriege kaum noch einen geraden Gedanken hin, weil Brian ständig in meinem Kopf herumschwirrt.«
Inka begann, wie verrückt vor ihrer Webcam herumzuspringen. »Mensch, Katja.« Sie hatte sich eine Orange geschnappt und jonglierte damit herum. »Du erlebst den ersten Sex deines Lebens in der Karibik. Mit einem Tänzer aus London, der hübsche französische Frauen für dich links liegen lässt. Das ist ja sooo aufregend. Wie ungeschickt, dass du den Liebesbrief im Klo versenkt hast. Jetzt hast du gar nichts mehr davon«, tadelte sie mich.
Inka schwatzte ohne Punkt und Komma und war um keine Idee verlegen, und sei sie noch so abwegig. »An Bord der Harmony wirdâs wohl irgendwo Kondome zu kaufen geben. Besorg dir welche, ohne dass deine Mutter was davon mitbekommt.«
Ich stöhnte laut auf. »Gehtâs vielleicht noch âne Spur unromantischer?«, beschwerte ich mich.
»Ich will nur, dass nichts passiert. Du weiÃt doch: Selbst ist die Frau!« Inka war verantwortungsbewusst, wenn es um das Abschätzen von Risiken ging, und dass sie sich um mich sorgte, rührte mich, aber ich spürte auch, dass ich mein erstes Mal nicht zerreden wollte.
Meine Gefühle waren inzwischen so intensiv, dass die Fantasie regelrecht mit mir durchging. Ich malte mir eine Liebesnacht am Strand aus, mit vielen bequemen Kissen um mich herum. Ein anderes Mal sah ich Brian und mich in einem dieser karibischen Stelzenhäuser übereinander herfallen. Ich brauchte nur ein Stichwort, etwa âºHängematteâ¹, und schon ging es los.
»Wenn es passiert ist, skype mich bitte an. Ich muss wissen, ob es dir gut geht«, drängte Inka.
Ich versprach hoch und heilig, auf mich achtzugeben, bevor wir uns voneinander verabschiedeten und die Verbindung unterbrachen.
Nach dem aufregenden Gespräch mit Inka ging ich ins Bad, stützte meine Hände aufs Waschbecken und sah in mein erwartungsvolles Gesicht. Mein Vertrauen in Brian war nicht verschwendet, und die Aufregung, die ich deswegen empfand, stand mir gut. Jetzt war wieder alles möglich!
Nach dem Telefonat schuftete ich zwei Stunden im Hexenkessel der Galley, bevor Enzo mich früher entlieÃ, weil der Dirty-Dancing -Workshop diesmal am Vormittag stattfand.
Ich war spät dran. Die Stunde hatte schon begonnen. Alle standen in Reih und Glied aufgefädelt da und hatten ihre Augen auf Brians FüÃe geheftet, während der ihnen neue Tanzschritte zeigte. Ich schob mich zwischen Ole und Biggi hindurch und blickte mich um. Von Natou war weit und breit nichts zu sehen. Ob sie wegen des Streits gestern schwänzte?
Ich konnte kaum an etwas anderes denken als daran, mit Brian bei nächstbester Gelegenheit über seine Liebesbotschaft zu sprechen. Inzwischen tat es mir höllisch leid, den Zettel in der Vakuumtoilette entsorgt zu haben. Wie gern hätte ich ihn mir jetzt noch mal durchgelesen.
Drei Schritte vor, vier zurück, dann seitwärts ausscheren und einmal um die eigene Achse drehen. Vorläufig musste ich mich auf die neuen Schritte konzentrieren, so gut ich konnte. Wie viel Spaà machte es plötzlich, im Theaterraum herumzuwirbeln. Vor, zurück, seitwärts ausscheren, drehen, erneut vor, zurück, zur anderen Seite drehen â¦
Als ich die neue Schrittfolge bereits zum vierten Mal pro bierte, tauchte Natou doch noch auf. Sie vermied beharrlich jeden Blickkontakt mit Brian, sprang auf die Bühne, rief: » Bonjour, alle zusammen!«, und begann dann zu tanzen.
Heute trug sie hautenge Leggins, ein Shirt und ein Band im Haar â alles in der Signalfarbe Rot. Sie sah verführerisch schön aus und wirkte wie ein abgeschossener Pfeil, der kurz davor war, die Mitte der Zielscheibe zu treffen. Brian wechselte später ein paar Worte mit ihr und das schien okay zu sein.
Natou wirkte professionell, und für kurze Zeit dachte ich, ich hätte den Streit gestern nur geträumt. Doch als die Stunde vorbei war, verzog sie abfällig das Gesicht, als Brian auf sie zukam, um sich zu verabschieden, und ging ohne ein Wort davon. Ihre stolze Haltung verriet, dass sie tief gekränkt war, jedoch alles daransetzte, es sich nicht anmerken zu lassen.
Auf mich wirkte
Weitere Kostenlose Bücher