Herz ueber Bord
mit Artos und Rubille den Strand hinunter verschwand. Ich spürte ein wehmütiges Gefühl, als ich den Pferden und ihr nachsah. Am liebsten wäre ich für immer hiergeblieben. Mir fiel so vieles ein, was Brian und ich in La Romana noch in Angriff hätten nehmen können. Doch wir mussten zurück an Bord unseres Schiffes.
»Lass uns zum Abschluss noch schnell ins Meer springen«, bat ich Brian.
Er lachte übermütig. »Kannst du hellsehen? Genau das wollte ich gerade auch vorschlagen.«
Wir erklommen die Gangway in gemütlichem Tempo. »Treffen wir uns nach dem Dinner auf einen Sundowner ?« Brian gefiel der Gedanke offenbar nicht, mich zum letzten Mal an diesem Tag gesehen zu haben.
»Ein Cocktail vorm Schlafengehen wäre genau das Richtige«, stimmte ich begeistert zu.
»Dann erwarte ich dich bei den Liegen am Pool.«
Brian beugte sich gerade vor, um mich zum Abschied zu küssen, als Prof. Uckers Frau sich an uns vorbeidrängte. Sie schleppte ein Dutzend Einkaufstüten und hantierte ungeschickt damit herum.
»Kein Platz hier ⦠können nicht mal aus dem Weg gehen â¦Â«, schimpfte sie vor sich hin, während sie sich langsam hinaufkämpfte. Ihre Enkelin tappte hinter ihr her. Ein blasses Mädchen in verschwitztem T-Shirt, das offenbar froh war, den Einkaufsmarathon überstanden zu haben. Von Prof. Ucker selbst war nichts zu sehen. Vermutlich war er an Bord geblieben, um sich allein ein paar nette Stunden zu machen.
»Wenn Blicke töten könnten, läge ich jetzt erledigt am Boden«, zischte ich Brian zu und deutete mit dem Kopf in Frau Uckers Richtung.
»Dann würde ich dich mit einem laaangen Kuss erwecken. Wie Dornröschen«, raunte er zurück. »Und danach würde ich der Dame gehörig die Meinung sagen. Schade eigentlich, dass sich das hier nie jemand traut.«
Als ich in meine Mini-Suite kam, blieb gerade noch genug Zeit, um mich in mein einziges festliches Kleid zu werfen. Es war tiefblau, mit durchsichtigen Pailletten an den Trägern. Ich nahm es vom Bügel und hörte die Seide leise rascheln, als sie an meinem Körper hinabglitt. Jetzt noch in die Sandalen schlüpfen, Mascara und einen Hauch Lipgloss auftragen, dann wäre ich fertig.
Ich tupfte mir gerade lila Lidschatten auf die Augen, weil das so schön verrucht aussah, als Kapitän Troller anklopfte. Ich griff nach meiner Stola und öffnete dann die Tür. Da stand er: kerzengerade und seine Augen fragend auf mich geheftet.
» Good evening, Miss Asmussen. Sie sehen bezaubernd aus«, sagte er und schenkte mir dann ein breites Lächeln.
»Danke für das Kompliment«, gab ich selbstsicher zurück. Nach dem Nachmittag mit Brian fühlte ich mich für alles gewappnet. »Wie ich sehe, sind Sie ebenfalls ausgehbereit.«
Die Uniform eines Kreuzfahrtkapitäns machte schon etwas her. Jedenfalls sah Kapitän Troller schnittig aus. Sogar die weiÃen Strähnen im Haar standen ihm gut. Ich zog die Kabinentür hinter mir zu und folgte Troller den Gang hinunter.
»Wir starten mit der versprochenen Brückenführung â¦Â«, erklärte der Käptân, »⦠was natürlich eine grandiose Aussicht aufs Meer beinhaltet. Und auf das Flimmern der Bildschirme, die wir andauernd im Blick haben müssen«, lachte er. »Selbstverständlich steht auch ein Probesitz auf dem Kapitänsstuhl an. Wenn das Ihrem Kleid nicht schadet.«
»Gibt es auch ein Steuerrad?«, erkundigte ich mich, als wir kurz darauf in der Kommandozentrale standen.
»Das Steuerrad ist längst passé«, klärte der Käptân mich auf. »Heutzutage benutzen wir dafür eine Art Joystick.« Er deutete auf den einen groÃen Hebel im Schaltpult.
»Der erinnert mich eher an einen überdimensionalen Lippenstift«, rutschte es mir heraus.
Kapitän Troller grinste breit. »Ich gestehe, dass ich mich mit Lippenstiften nicht besonders gut auskenne. Aber jetzt, wo Sieâs sagen ⦠ja, könnte stimmen.« Dann setzte er seine Führung fort: »Das ist übrigens das Bugstrahlruder, mit dessen Hilfe wir im 90°-Winkel vom Kai wegkommen, wenn wir wieder ablegen. Wir verfügen über ein elektronisches Kartensystem, das theoretisch alle Seegebiete abdeckt. Und wenn die Karte versagt, sind Radar und Echolot-Navigation angesagt«, plauderte er.
Ich fragte mich erneut, weshalb er sich
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