Herz ueber Bord
erhob sich von der Liege und zupfte sich sein Hawaiihemd zurecht. »Gut, dass du mal ein Machtwort gesprochen hast. Wäre doch jammerschade, wenn niemand Zeuge deiner selbstlosen Aktion geworden wäre.«
Frau Ucker hatte Ole entdeckt und hetzte auf ihn zu. »Hallo. Sie da!«, schrie sie. Sie war auÃer sich. »Sie haben sicher mitbekommen, wie dieses junge Ding hier«, sie deutete abfällig auf mich, »mich behandelt hat.«
Ole zwinkerte mir zu. »Der Wind ist heute dermaÃen laut«, antwortete er mit einer Unschuldsmiene, »man versteht kaum sein eigenes Wort.« Dann ging er die paar Schritte bis zu der Stelle, wo noch immer die Dollarscheine auf dem Boden lagen. »Jedenfalls ist es nett von Ihnen, Katja ein Trinkgeld zu geben.« Er hob das Geld auf und steckte es mir zu. Frau Ucker blieb der Mund offen stehen. »Viel Spaà in Curaçao, Frau Ucker!« Ole packte mich am Arm und eilte mit mir davon. Ich schluckte mit Mühe einen Kicheranfall hinunter.
»Viel Spaà in Curaçao, Frau Ucker!«, äffte ich ihn nach, als wir in Sicherheit waren. Dann brachen wir beide in lautes Gelächter aus.
Ich lieà das Frühstück wegen Appetitmangel ausfallen und trat gleich meinen Dienst in der Küche an. Enzo teilte gerade die Aufgabenlisten aus, als ich durch die Edelstahltür trat.
»Was für eine Ãberraschung, dich um die Uhrzeit hier zu sehen, principessa «, begrüÃte er mich und nippte an seinem Espresso.
»Mit den Ãberraschungen hab ichâs derzeit nicht so«, entgegnete ich, als er mir eine Liste in die Hand drückte. Ich band mir die Haare zusammen und setzte die Haube auf, die in der Küche Pflicht war.
»Das bisschen Wind und die paar Wellen werden dich doch nicht aus der Ruhe gebracht haben«, erkundigte Enzo sich.
»Die Ãberraschungen, die ich meine, fallen eher in die Kategorie Orkan.«
Enzo nickte bedeutungsvoll. »Auch Orkane gehen vorbei. Stürz dich in die Arbeit, Katja. Dann vergisst du alles.«
Ich bezweifelte, dass meine Probleme sich durch Arbeit oder Abwarten lösen lieÃen, doch darüber wollte ich mit Enzo nicht diskutieren.
»Deine erste Aufgabe für heute besteht darin, die Tische im Amore festlich einzudecken.« Enzo sprach fröhlich weiter, während er begann, ein Messer zu schleifen. »Die Gänge, die heute Mittag serviert werden, sind durch verschiedene Länder inspiriert. Wer das jeweilige Land zur Speise errät, gewinnt eine Nacht in der begehrten Honeymoon-Suite.«
Ich hörte kaum zu, weil ich pausenlos mit mir selbst beschäftigt war.
Die Harmony lag heute in Curaçao, einer Trauminsel, die neben Aruba und Bonaire zu den ABC-Inseln gehörte, und ich hatte nichts Besseres vor, als mich an allen Fronten um Schadensbegrenzung zu bemühen. Wenn ich aus der Hektik der Küche raus wäre, würde ich als Erstes Inka anskypen. Vielleicht hatte sie einen heiÃen Tipp parat, wie ich den Zoff zwischen Natou, Brian und mir auflösen konnte. Danach würde ich Mum zur Rede stellen und auf einer lückenlosen Aufklärung meiner Herkunft bestehen .
Ein näherer Blick auf Käptân Troller wäre auch dringend nötig. Jetzt fiel mir auf einmal ein, dass er ziemlich viele Sommersprossen im Gesicht hatte. Und gewellte Haare. Genau wie ich. Waren das wichtige Hinweise darauf, dass er mein Vater war? Der Gedanke war mir so fremd, dass ich ein beklemmendes Gefühl in meiner Kehle verspürte. Die Fakten wurden langsam bedrohlich und diese Kreuzfahrt zu einer Reise mit höchster Risikostufe.
Enzos Stimme hallte von den Wänden der Küche wider, als er mich ins Amore scheuchte. Ich schnappte mir einen Stapel frisch gebügelter Stoffservietten und die Speisekarten für den heutigen Mittag und peilte die Rolltreppe an.
Dass ausgerechnet die Liebe mich ins Chaos stürzte, hätte ich nie gedacht. Mums verflossene Liebe zu Troller, die dafür sorgte, dass ich meinen Vater verlor. Die verhängnisvolle Liebe von Natou zu Brian, deretwegen ich in einem Eifersuchtsdrama feststeckte und die mich um pikante Fotos bangen lieÃ. Und nicht zuletzt meine frisch entflammte Liebe zu Brian, die ich nur auskosten wollte. Ich musste zusehen, dass ich aus diesem Schlamassel herausfand.
Nur, wie sollte ich das anstellen, ohne mit einer Gabel zu werfen, die Natous Arm durchbohrte?
»Nein, das sind nicht Grimms Märchen. Jedes
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