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Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
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seiner schwarz glänzenden Rückseite auf der Tischplatte kreisen, als spielte er die Apple-Version von Flaschendrehen, und sagte leise: »Das wäre eine große Chance für sie zu zeigen, dass sie mit jedem Thema gut umgehen kann. Und im Moment wollen halt alle diese Geschichte. Auch die seriösen Blätter. Sie ist wirklich nett, sie würde dich nicht belästigen oder diesen typischen Quatsch schreiben. Ich denke, ihr könntet auch beide ganz gut daran verdienen, falls das für dich eine Rolle spielt.« Wenn ich sein Angebot jetzt annahm, könnte ich es später auf die mögliche Zusatzeinnahme schieben.
     
    »Dann gib mir ihre Nummer. Ich rufe sie an.« In meinem Inneren sahen der Schrecken und die Angst, die gerade dabei waren, IHRE Marmorgruft zu polieren, kurz auf und tuschelten.
     
    »Das geht euch nichts an!«, sagte ich leider laut.
     
    »Was?« Markus sah mich verwirrt an.
     
    »Ich rufe sie an. Sonst kommt sie nicht durch, hast du ja bemerkt, nicht wahr?«
     
    »Echt? Du bist immer noch wunderbar.« Er strahlte, als hätte ihm soeben jemand die Lottozahlen der nächsten Ziehung verraten, zog eine Visitenkarte aus seiner Jeans und reichte sie mir. Sie war fleckig feucht und die rechte untere Ecke war geknickt. Irene Thomas, deren Namen schön geschwungen über ihrer Telefonnummer zu lesen war, wäre wahrscheinlich nicht sehr glücklich über diese Präsentation ihrer Daten gewesen.
     
    Wir tauschten noch eine Weile Geschichten über ehemalige Klassenkameraden aus und dann machte er sich wieder auf den Weg. Ich begleitete ihn hinab und lieh ihm einen Schirm meiner Mutter, denn der Regen war noch stärker geworden. Wer nicht darauf achtete, dass die Tür geschlossen war, konnte auch nicht darauf hoffen, seine Habseligkeiten immer vollzählig vorzufinden. Auf der letzten Stufe blieb er noch einen Moment stehen und sagte dann: »Und wenn ihr fertig mit eurem Termin seid, gehen wir alle zusammen zum Italiener. Ich lade euch ein.«
     
    »Dann fang schon mal an zu sparen, ich habe da nämlich schon eine genaue Vorstellung, wo ich meine Pizza mit ganzen, weißen Trüffeln verspeisen möchte.«
     
    »Du hasst Trüffel.« Er drückte mich fest an sein immer noch feuchtes T-Shirt.
     
    »Das wird mich nicht aufhalten«, grinste ich
     

Ein heller Vollmond
     
    hatte sich dem Gasometer als aufwendig illuminierte Dekoration aufgedrängt und hing seit Einbruch der Dunkelheit wichtigtuerisch am Nachthimmel. Ein einzelner blinkender Stern hatte sich ihm vorschnell spitzbübisch zugesellt, aber er schien unschlüssig, ob er dort bleiben sollte, als der Rest des Firmaments begann, sich in bedeutungsvollen Sternbildern zu gruppieren. Ich suchte den Himmel mit den Augen ab. IHR Sternbild war eine der imposantesten Konstellationen, obwohl man es am Sommerhimmel nicht ganz so einfach finden konnte. Aber ich hatte ja viel Zeit gehabt damals und mir dafür extra ein kleines Teleskop gekauft. Als brächte mich die Suche nach den Lichtjahre entfernten Sternen IHR hier auf unserem kleinen Planeten näher. Ich wusste auch heute und ohne Fernglas immer noch genau, wo ich suchen musste. Da hing es, ganz knapp über dem Horizont. Seine helleren Sterne bilden die klar erkennbare Gestalt eines Skorpions mit Scheren und Stachel. Was mich vielleicht hätte warnen sollen.
     
    Der starke Besucherstrom, der den ganzen Abend für jede Menge Arbeit gesorgt hatte, war in der letzten Stunde abgeebbt. Die Geschäftsleitung hatte geschäftstüchtig wie immer beschlossen, trotz meines Fundes vor drei Wochen an dieser langen Museumsnacht teilzunehmen. Wir hatten die Aufsichtskräfte und die Einlasskontrolle vorsichtshalber verdoppelt und ein Streifenwagen umkreiste uns wachsam wie ein feindlicher Spionage-Satellit, aber niemandem war den Abend über etwas Ungewöhnliches aufgefallen. Der volle Mond hatte in dieser warmen Sommernacht wider Erwarten nicht die Wahnsinnigen, sondern die Liebenden zu uns getrieben. Die schlaflose Nacht, die ich nach der Entscheidung, diese Schicht zu übernehmen, verbracht hatte, war grundlos gewesen. Und das Pfefferspray, das Baby mir aufgedrängt hatte, auch. Ich hatte mich in der Nacht ohne Schlaf mehrmals gefragt, wie ich es auf einen neuen gefrorenen Fuß anwenden sollte, war aber zu keinem Ergebnis gelangt.
     
    Was die Liebenden anging, so machte sie ihre kürzlich erworbene Unsterblichkeit sicher immun gegen Pfefferspray. Nicht, dass ich es absichtlich in ihre liebesblinden Augen gesprüht hätte. Höchstens

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