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Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
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Interviewanfragen auf mich zukommen würde und sie fürchtete, mich damit noch mehr ins Licht der Öffentlichkeit gestoßen zu haben.
     
    »Licht hat doch auch Vorteile«, hatte ich gesagt und sie zurück auf den Pfad gezogen, den man im Morgenlicht ohne Probleme hatte erkennen können.
     
    Ich hatte mich nach unserer Rückkehr in meinem Wohnzimmer auf dem Sofa zusammengerollt, weil die Zeit für mehr als ein kurzes Nickerchen nicht mehr gereicht hatte. Aber der Schlaf schien ausreichend damit beschäftigt zu sein, die REM-Phasen der restlichen Menschen in meiner Zeitzone zu überwachen und dachte gar nicht daran, auf ein kurzes Tête-à-Tête bei mir vorbeizuschauen. Also folgte ich meinen Gedanken, die zwischen den beiden neuen, hoch magnetischen Polen meiner Welt hin und her gezogen wurden, als wären sie nicht flüchtig, sondern ein Geflecht aus Eisen. Gegen meinen Willen zog es sie immer wieder zum Pol mit Tod und grünen Strümpfen und sie froren dort vollkommen ratlos in einer grauen, kalten Welt fest, die undurchdringlich war. Und dann ließen sie sich plötzlich zum anderen Pol ziehen, dessen magnetische Kraft so stark und schön war. Und auf eine wunderbare Art genauso tödlich.
     
    Nach gefühlten zwanzig Minuten Schlaf zog und dehnte sich mein Arbeitstag auf eine unfassbare Länge. Ich nickte mehrmals am Schreibtisch über den Dienstplänen ein und machte viele vollkommen unnötige Rundgänge über das Gelände. Immer, wenn ich dabei an den Brombeersträuchern am Rande der Zäune vorbeigekommen war, hatte ich lächeln müssen und war versucht gewesen, Irene eine SMS zu schicken.
     
    »Besuch für dich.« Helmuts Stimme aus dem Funkgerät holte mich aus einem erneuten Sekundenschlaf über den Lohnabrechnungen. Wenigstens war damit sichergestellt, dass die singenden Brombeeren, die sich gerade aus dem Bildschirm geschlängelt hatten, kein Teil der Wirklichkeit waren.
     
    »Wer?« Ich war mit einem Schlag wach und glücklich.
     
    »Polizei.«
     
    Ich war nur noch wach.
     
    »Schick sie ins Büro.« Ich rieb mir die Augen und hoffte, dass man mir meinen mangelnden Schlaf nicht zu sehr ansah.
     
    »Ist nur einer und er ist schon auf dem Weg.«
     
    »Großartig.«
     
    Es war dieses Mal ein Beamter, den ich noch nie gesehen hatte, aber auch seinen Namen verstand ich nur schlecht. Ich überlegte, ob das so war, weil alle Polizisten ihre Namen nuschelten oder ob ich mich einfach innerlich weigerte, ihre Namen zu verstehen. Dieser Staatsdiener war klein und schwitzte. Die etwas zu langen, dünnen Haare, die seine Halbglatze umkränzten, verliehen ihm das Aussehen eines mittelalterlichen Vertreters der Inquisition. Er bemerkte meinen Blick und wischte sich mit einem nicht mehr ganz frischen Taschentuch über den Kopf. Jetzt hatte der unbehaarte Teil Streifen. Ich musste grinsen. Er starrte mich missmutig an und erklärte mir dann umständlich, dass der neue Fundort die Vermutung, dass es zwischen den grünen Füßen und mir eine Verbindung gab, erhärtet hätte. Ich tat so, als ob ich das zum ersten Mal hörte, und war froh, dass es nicht wirklich so war. Dann hätte ich jetzt an seiner Schulter weinen müssen und möglicherweise hätte auch er mich später gebeten, seine Eheschließung zu bezeugen. Auf keinen Fall wäre ich jedoch vorher in Versuchung gekommen, über eine gemeinsame Nacht mit ihm nachzudenken. Das wäre uns beiden hoffentlich nicht eingefallen. Mir wurde schon jetzt bei dem Gedanken an den Gedanken ausgiebig übel.
     
    »Wir müssen einfach davon ausgehen, dass Sie die Aufmerksamkeit des Täters erregt haben.« Er sah mich kurz missbilligend an. So wie er das Wort »erregt« aussprach, klang es, als ob ich das durch einen Tanz an einer Metallstange getan hatte. Ich bemühte mich, nicht übersensibel zu reagieren, und überhörte den anzüglichen Tonfall.
     
    »Ich wüsste nicht wodurch. Ich habe Ihnen und Ihren Kollegen doch schon alles erzählt.« Sein Gesichtsausdruck, der irgendwo auf halber Strecke zwischen leer und neugierig lag, und seine feuchte Glatze machten mich langsam wütend. Und ich bekam noch mehr Grund zur Wut.
     
    »Bei ihrem Lebensstil könnte es doch sein, dass sich ein Mann …« Er suchte in den wenigen dunklen Gehirnzellen unter der kahlen Kopfhaut nach einem Wort. »… zurückgewiesen gefühlt hat? Oder eifersüchtig geworden ist?«
     
    Bei meinem Lebensstil? Wann war diese bizarre Situation plötzlich mein Fehler geworden. Ich fühlte eine Mischung aus

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