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Herzblut 02 - Stärker als der Tod

Herzblut 02 - Stärker als der Tod

Titel: Herzblut 02 - Stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Darnell
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Leben erweckt hätte, wäre es nicht wirklich Nanna gewesen.
    „Bitte, es muss doch etwas …“, flüsterte ich. Ich starrte auf die winzigen Fältchen in Nannas Lidern und streichelte ihre weichen Wangen. Bis ich merkte, dass sie schon kalt und grau wurde.
    Nein. Das durfte nicht passieren. Sie konnte nicht tot sein.
    „Es tut mir leid, aber wir können nichts mehr tun“, sagte Mr Coleman leise. „Wenn ich sie dir zurückbringen oder ungeschehen machen könnte, was heute passiert ist, würde ich es tun, das schwöre ich. Aber selbst Nachfahren können nicht alles.“
    Also war es vorbei. Mit seiner ganzen angeblichen Macht war der Clann nicht besser als ich. Er konnte Nanna das Leben nehmen, aber sie nicht zurückbringen. Sie war wirklich tot. Ich war zu spät gekommen, um sie zu retten.
    Und jetzt musste ich mich verabschieden.
    „Nanna“, flüsterte ich. Der Schmerz breitete sich wie bleierne Schwere in mir aus. Ich konnte mich kaum noch rühren. Er stieg in mir auf, erfüllte meine Kehle und brannte in den Augen, bis ich dachte, gleich würde mein Schädel platzen. Hätte ich gestanden, hätte er mich wie eine Flutwelle umgerissen. Aber ich kniete schon, und so krümmte ich mich über meiner toten Großmutter zusammen und rang nach Luft.
    Als ich sie in die Arme nahm und an mich drückte, dachte ich daran, wie oft sie mich als Kind auf den Schoß genommen und uns auf ihrem Schaukelstuhl gewiegt hatte. Und wie sie jeden Tag, trotz ihrer knirschenden, altersschwachen Gelenke, genau so im Garten gekniet hatte, um den Kräutern und Gemüsepflanzen gut zuzureden. Nie wieder würde ich meine Großmutter in den Armen halten. Sie hatte mich mit großgezogen und war manchmal eher für mich da gewesen als meine Mutter.
    Und jetzt war sie gestorben. Wegen mir.
    „Nanna, es tut mir so leid.“ Ich konnte es nicht oft genug sagen. Und wenn ich mich mein ganzes Leben entschuldigen würde, es würde nicht genügen.
    „Savannah“, sagte Mr Coleman. „Dein Verlust tut mir schrecklich leid. Mein tiefstes Beileid auch für Jo… deine Mutter. Keiner von uns wollte das. Ich wollte nur meinen Sohn zurückhaben, und wir dachten, deine Großmutter wüsste … Ich hätte nie gedacht …“
    Diesem Hünen von einem Mann fehlten die Worte. Als ich den Blick hob, sah ich Tränen in seinen Augen, die Tristans so ähnlich sahen. Sie gaben mir einen flüchtigen Eindruck davon, wie Tristan später werden würde. Aber dann würde ich nicht mehr zu seinem Leben gehören.
    Jemand legte seine Hände auf meine und versuchte sanft, meine Finger aufzubiegen. Verwirrt sah ich, dass Dr. Faulkner meine Hände von Nanna lösen wollte.
    Von Nannas Leiche. Denn Nanna war nicht mehr hier.
    Ich ließ sie aus meiner Umarmung gleiten, und er legte sie auf den Boden. Ich konnte mich nicht bewegen, spürte meine Arme und Beine nicht mehr, nicht mal meine Kleidung und Haare, die klatschnass an mir klebten.
    Was sollte ich jetzt tun? Was taten normale Menschen, wenn jemand, den sie liebten, mitten im Wald in ihren Armen starb? Es musste doch einen bestimmten Ablauf geben, Dinge, die jemand erledigen musste. Aber mein Verstand wollte sich mit dieser Frage einfach nicht beschäftigen. Ich wackelte mit den Fingern und merkte, dass ich die Hände in die Erde gedrückt hatte. Als ich sie herauszog, klebten Moos und Matsch an ihnen. Der gleiche Matsch, der an Nannas Rücken klebte.
    Nanna hätte das nicht gefallen. Sie hätte nicht gewollt, dass ich schluchzend im Dreck neben ihrer Leiche sitze, vor allem nicht vor den Nachfahren, die sie ausgestoßen und alleingelassen hatten. Sie hätte gesagt, ich solle aufstehen, tapfer sein und meinen Schmerz verbergen. Ihnen zeigen, wie stark wir Evans-Frauen sein konnten. Tun, was getan werden musste, und später allein meinen Gefühlen nachgeben.
    Um ihretwillen holte ich tief Luft und versuchte meine Hände an meiner Hose abzuwischen. Allerdings war meine Kleidung auch schon vom Matsch verschmiert. Ich würde meine Hände erst zu Hause richtig säubern können.
    Zu Hause. Wo Mom auf eine Erklärung warten würde. Mein Gott. Sie wusste es noch gar nicht …
    „Wir helfen dir, alles zu regeln“, versprach Mr Coleman leise, und Dr. Faulkner nickte zustimmend.
    Was hätte Nanna jetzt von mir erwartet?
    „Ich glaube … sie hätte sich gewünscht, zu Hause im Schlaf zu sterben“, sagte ich zu Dr. Faulkner. „Sie hätte nicht gewollt, dass jeder weiß …“ Ich brachte den Satz nicht zu Ende. Mit einer Geste deutete

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