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Herzblut 02 - Stärker als der Tod

Herzblut 02 - Stärker als der Tod

Titel: Herzblut 02 - Stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Darnell
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Und mich fragen würde: Was wäre passiert, wenn ich stärker gewesen wäre? Wenn ich meinen Gefühlen für ihn widerstanden hätte? Wenn ich mich doch nur an die Regeln gehalten hätte …
    Dann hätte Nanna jetzt noch gelebt.

3. KAPITEL
    D ie nächsten Minuten rauschten an mir vorbei. Ich hockte in Dads Mietwagen, und langsam fraß sich der Schmerz in mich hinein. Irgendwann kam ein Krankenwagen. Er wendete in der Einfahrt und fuhr rückwärts auf das Grundstück der Colemans. Zwei Sanitäter sprangen heraus, luden eine Transportliege aus und trugen sie in den Wald. Nach einer Weile kamen sie zurück, dieses Mal langsamer. Auf der Liege zwischen ihnen bauschte sich ein unförmiger schwarzer Sack auf.
    Ich wandte den Blick ab, legte den Arm auf das Armaturenbrett und lehnte den Kopf an.
    Irgendwann kam Dad zum Auto zurück und stieg ein. Einen Moment lang saß er stumm da, dann tätschelte er mir unbeholfen den Rücken. Es war so ungewohnt, von ihm getröstet zu werden, dass es mich wachrüttelte. Aber noch musste ich mich zusammenreißen. Erst mussten wir Mom erzählen, was passiert war.
    Dad ließ den Motor an, fuhr über die kreisförmige Auffahrt und zu mir nach Hause.
    Zu Nanna nach Hause.
    „Hast du Mom angerufen?“, fragte ich. Meine Stimme klang belegt, ich musste mich räuspern.
    „Nein.“
    „Dann warte noch damit. Sie soll es nicht hören, solange sie im Auto unterwegs ist.“
    Er sah auf die Uhr. „In einer halben Stunde müsste sie zu Hause sein.“
    Schweigend fuhren wir heim.
    Als wir in die kurze Einfahrt einbogen, die mit Kiefernnadeln bedeckt war, waren alle Fenster im Haus dunkel. Als die Nachfahren Nanna entführt hatten, hatten sie die Haustür zugezogen, aber nicht abgeschlossen. Ich betrat das Haus mit einem flauen Gefühl im Magen, weil ich Angst hatte, dass es von einem magischen Kampf verwüstet sein könnte. Aber entweder hatten die Nachfahren sich angeschlichen, oder sie hatten Nanna bewusstlos geschlagen, bevor sie reagieren konnte. Jedenfalls sah alles noch genausoaus wie beim letzten Mal, als ich es gesehen hatte.
    Ich schaltete das Licht im Wohnzimmer ein, holte Handtücher aus dem Wäscheschrank im Flur und gab auch Dad welche, damit wir uns abtrocknen konnten. Umziehen konnte ich mich später noch, wenn Mom zu Hause war. Ich wagte nicht, vorher in mein Zimmer zu gehen, weil ich dann vielleicht wirklich zusammenklappen würde.
    Ich ließ mich auf die Klavierbank sinken, die einzige Sitzgelegenheit im Zimmer, die nicht gepolstert war und nicht unter meiner nassen Kleidung leiden würde. Dann zog ich die triefnassen Turnschuhe aus und schälte mir die Socken von den Füßen. Jede kleine Ablenkung war mir recht.
    Kein Laut war im Haus zu hören. So leise war es hier sonst nie. Bei Nanna wäre jetzt der Fernseher im Esszimmer gelaufen, damit sie in der Küche beim Kochen oder beim Häkeln in ihrem Schaukelstuhl zuhören konnte. Oder sie hätte im Wohnzimmer am Klavier gesessen und Kirchenlieder durch das Haus klingen lassen, um für den Gottesdienst zu üben.
    Ich drehte mich zu dem Klavier um und legte die Hände auf die Tasten. Sie waren kalt und glatt, genau wie meine Haut. Zum ersten Mal fiel mir auf, dass die Tasten der Oktaven neben dem eingestrichenen C rauer waren, weil sie öfter gespielt worden waren als die ganz hohen und tiefen Töne. Ich strich über die Oberflächen, die Nannas Fingerspitzen abgerieben hatten. Sie hatte versucht, mir das Spielen beizubringen, aber ich konnte nicht gut Noten lesen.
    Auf der Notenablage war immer noch ein ledergebundenes Gesangsbuch aufgeschlagen. Das letzte Lied, das Nanna gespielt hatte, war „Amazing Grace“. Eine Zeile sprang mich förmlich an:
    I was blind, but now I see .
    Ich musste aufstehen, weg vom Klavier.
    Ein Auto näherte sich rumpelnd dem Haus, der Motor wurde ausgestellt, kurz darauf schlug eine Tür zu. Dad und ich sahen uns an.
    Mom war nach Hause gekommen.
    Ich hätte mir mehr Zeit gewünscht.
    Immer wieder verschlang ich die Finger ineinander, bis sie die Tür öffnete.
    Mom stürmte wie ein Wirbelwind herein. „Savannah! Mein Gott,du bist ja klatschnass. Hast du etwa in deinen Sachen geduscht?“ Sie schloss ihren knallpink-braun getupften Regenschirm, schüttelte ihn über der Schwelle aus und lehnte ihn gegen die Wand.
    Dann streckte sie mir die Arme entgegen, um mich zu begrüßen wie immer. Aber ich konnte mich nicht rühren. Ich war wie angewurzelt. Als sie nach rechts sah, verschwand ihr Lächeln. Mit einer

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