Herzblut 02 - Stärker als der Tod
Hirnschaden riskieren würde.
„Ach, du weißt schon. Rocker. Computernerds. Videospielfreaks. Leute, die für sie nicht ‚cool‘ genug sind.“
Mom war es wahnsinnig wichtig, dass unsere Familie ein gutes Image hatte. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie als Mädchen eine Außenseiterin gewesen war und jetzt durch ihre Kinder leben wollte.
„Hast du immer noch Fieber?“ Ich fühlte ihr die Stirn, wie Mom es bei mir gemacht hatte, wenn ich mir mal ein Virus eingefangen hatte. „Ja, du fühlst dich warm an. Ich hol dir ein paar Medikamente.“
Als ich aufstand, winkte sie ab. „Spar dir die Mühe. Davon wird mir nur schlecht. Es kommt sofort wieder hoch.“
„Wie oft musst du denn spucken?“
Sie legte den Kopf auf ihr Kissen und schloss die Augen. „Ich habe aufgehört zu zählen. Fast durchgehend tags und nachts, ich schlafe immer nur kurz ein. Ich habe mich so oft übergeben, dass mich meine Bauchmuskeln fast umbringen. Dabei hätte ich vorher geschworen, dass ich schon genug trainiere.“
Langsam kam ich mir nutzlos vor. Ich holte ihr ein Glas frisches Wasser aus dem Bad. „Wir wäre es mit diesem Grippemittel zum Trinken? Ich glaube, das hat sich Dad letztes Mal besorgt, als er krank war und Mom nichts mitbekommen sollte.“ Nicht mal Dad konnte ihren Kräutertrank ausstehen.
Sie verzog das Gesicht. „Wir können es versuchen. Aber wahrscheinlich spucke ich das auch wieder aus.“
Ich lief nach unten in die Küche und fand das Mittel hinter Dads geheimem Junkfood-Vorrat. Er hatte die Sachen in der Klappe über dem Kühlschrank versteckt, an die Mom nicht herankam, weil sie zu klein war. Ich machte eine Tasse Wasser in der Mikrowelle heiß, rührte das Mittel laut Anleitung ein und brachte es Emily nach oben.
„Am Kühlschrank klebt ein Zettel von Mom. Anscheinend willsie ein paar neue Kräuter an dir ausprobieren. Sie hat geschrieben, dass sie zum Einkaufen in die Stadt gefahren ist.“
„Toll.“ Mit finsterer Miene tippte sie auf ihrem Handy herum. So kannte ich sie gar nicht.
„Du bist ja abhängig von dem Ding“, zog ich sie auf.
Als Antwort grummelte sie nur. Als ich die dampfende Tasse auf ihren Nachttisch stellte, sah sie mich kaum an.
„Kann ich meiner Grippeprinzessin noch etwas holen?“, fragte ich.
„Nein. Danke, Tristan.“ In jeder anderen Woche hätte ihr Lächeln normal gewirkt. Heute sah es so aus, als müsste sie sich dazu zwingen. „Vielleicht gehe ich nachher mal raus an die frische Luft.“
„Dann zieh dich warm an und geh nicht zu weit“, warnte ich. „Draußen hat es höchstens zehn Grad.“
Wenn Mom erst zu Hause war, würde sie Emily sowieso nicht aus dem Haus lassen.
„Bist du nachher noch zu Hause?“, fragte sie, während ihre Daumen über die Handytastatur flogen.
„Keine Ahnung. Wieso?“
Sie zuckte schwach mit einer Schulter. „Heute ist Freitag. Ich mache mir nur Sorgen, dass du gar kein Leben mehr hast, seit du abgeschossen worden bist. Zwei Mal.“
Autsch. „Weißt du was? Die Grippe bringt deine Gemeinheit richtig schön zur Geltung.“
Sie seufzte. „Tut mir leid. Ich wollte nur sagen, dass du mal rausgehen und was unternehmen solltest. Das Leben besteht nicht nur aus Football und Savannah.“
Jetzt musste ich grummeln. „Mach dir um mich keine Sorgen. Ruh dich lieber aus.“
Später kam Mom nach Hause und sah nach Emily. Ihre Stimmen schallten über den Flur.
„Ach, Emily“, seufzte Mom. „Ich komme gerade aus dem Laden. Warum hast du nicht vorher gesagt, dass du Sprite und Cracker brauchst?“
„Weil ich es vorher noch nicht wusste“, erklärte Emily. „Ich habees gerade auf Facebook gelesen, da hat es jemand empfohlen. Es soll bei Magengeschichten helfen. Na ja, bei einer Lebensmittelvergiftung wahrscheinlich nicht. Aber es soll den Magen beruhigen, bis das Virus ausgestanden ist.“
Mom stand im Türrahmen von Emilys Zimmer. „Ich verstehe einfach nicht, warum die Heiltrunke dieses Mal nicht wirken.“
„Ach, ich fühlte mich schon gar nicht mehr so krank. Es geht mir schon viel besser. Nur mein Magen macht noch Probleme.“
Anscheinend wirkte das Grippemittel. Dad würde sich freuen, dass sein Medikament besser funktionierte als Moms Kräuter und Magie.
„Hm. Vielleicht hast du doch Dads nervösen Magen geerbt“, überlegte Mom. „In letzter Zeit isst er Magentabletten, als wären sie Bonbons.“ Sie seufzte und fuhr sich mit einer Hand über die Stirn. „Na gut, ich fahre noch mal los und hole dir
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