Herzblut 02 - Stärker als der Tod
wenn er mich aus seinen grünen Augen ansah, könnte ich sicher sein, dass er wieder gesund wurde.
„Miss“, sprach mich einer der Sanitäter an. „Sie müssen loslassen, damit wir ihn einladen können.“
„Ich will mitfahren.“
Emily legte mir eine Hand auf den Arm. „Das geht nicht. Ich habe meine Eltern angerufen. Sie sind schon auf dem Weg zum Krankenhaus. Sie werden auf ihn warten.“
„Das ist mir egal. Ich muss mitfahren.“
„Das geht nicht“, wiederholte Emily bestimmter. „Du weißt, was passieren würde.“
„Bitte“, flehte ich sie an. „Ich muss wissen, dass es ihm gut geht.“
„Er wird schon wieder. Aber du musst ihn jetzt loslassen.“ Sie beugte sich zu mir und flüsterte: „Bitte zwing mich nicht, Magie zu benutzen, um dich zu retten. Ich weiß, dass du ihn liebst. Und ich verspreche dir, dass ich dir Bescheid sage, wenn es etwas Neues gibt.“
In diesem Moment hasste ich sie fast. Aber die Vernunft brachte mich dazu, Tristans Hand loszulassen und zurückzuweichen.
„Wie ist die Handynummer von deiner Freundin?“, fragte Emily, während die Sanitäter Tristan in den Rettungswagen schoben.
„Was? Wieso?“
„Weil ich zum Krankenhaus hinterherfahre. Irgendwer muss dich abholen.“
Ich nannte ihr Annes Nummer, und sie rief sofort an. Anne willigte schnell ein, mich abzuholen.
„Sie will in zehn Minuten hier sein“, berichtete Emily, nachdem sie das Gespräch beendet hatte. „Und wie ist deine Nummer?“
Verwirrt sah ich sie an. Ich hatte so vertieft zugesehen, wie die Türen des Rettungswagens geschlossen wurden, dass ich ihre Frage nicht verstand.
Sie berührte mich an der Schulter. „Savannah, ich brauche deine Nummer, damit ich dich anrufen kann, wenn es was Neues gibt.“
„Willst du mich wirklich anrufen?“, fragte ich.
Sie lächelte still. „Das habe ich doch gesagt, oder? Hat Tristan nicht erwähnt, dass ich meine Versprechen immer halte?“
Also gab ich ihr meine Nummer. Wo war überhaupt mein Handy? Vielleicht hatte Anne es.
Emily speicherte meine Nummer in ihrem Handy. „Kommst du zurecht, bis sie hier ist? Soll ich solange bei dir bleiben?“
„Nein!“ Ich schrie beinahe vor Panik. Der Fahrer des Rettungswagens warf uns einen kurzen Blick zu, als er einstieg. „Nein, fahr ihnen nach. Bitte.“ Sie würde meine einzige Verbindung zum Krankenhaus sein. Nur über sie würde ich etwas erfahren, falls es Tristan schlechter ging.
Nach einem Moment drückte sie mich kurz und fest an sich. „Kopf hoch. Er wird schon wieder. Ruck, zuck ist er wieder der alte verwöhnte Tristan. Und, Savannah?“
Der Rettungswagen war losgefahren. Seine Rücklichter verblassten auf der Straße zur Stadt hinunter. „Hm?“
„Danke.“
Ich sah sie an. „Dank mir, indem du mich auf dem Laufenden hältst.“
„Das mache ich. Versprochen.“
Damit verschwand auch sie. Sie folgte dem Rettungswagen.
Plötzlich stand ich ganz allein im Dunkeln, nur mit Tristans demoliertem Auto neben mir, mitten auf einem Feld. Trotzdem hatte ich kein bisschen Angst. Solange Tristan wieder gesund wurde, war alles andere ziemlich egal.
Eine Bewegung am Waldrand ließ mich aufblicken. Im Mondlicht sah es aus, als würde jemand in den Wald gehen. Die Gestalt war zu weit entfernt, als dass ich Einzelheiten hätte erkennen können,bevor sie vom Wald und der Dunkelheit verschluckt wurde. Ein Nachbar, der sich das Drama ansehen wollte? Wahrscheinlich.
Mein Blick fiel auf den Schrotthaufen zwischen dem Waldrand und mir. Schwankend ging ich zu dem demolierten Auto und blieb vor der offenen Fahrertür stehen. Ich sah Tristan noch vor mir, wie er bewusstlos und blutüberströmt in sich zusammengesackt war. Wie von selbst glitten meine Finger über das aufgeplatzte Leder der Kopfstütze. Ich schauderte.
Heute hätte ich ihn fast verloren.
Wenig später fand mich Anne. Sie berührte meinen Arm und schnappte nach Luft. „Sav, du bist ja eiskalt! Ist alles in Ordnung? Was ist passiert?“
„Tristan hat sein Auto zu Schrott gefahren. Emily sagt, er würde wieder gesund werden.“
„Na komm, wir bringen dich erst mal ins Warme.“
Ich folgte ihr zur Straße, wo ihr Auto mit laufendem Motor wartete. Wir stiegen ein, und sie stellte die Heizung an. Dann fuhr sie zurück in die Stadt.
„Hast du mein Handy?“, fragte ich. Mein ganzer Körper war taub. Ich spürte nicht mal die warme Luft, die ich aus dem Armaturenbrett rauschen hörte. „Emily hat versprochen, dass sie mich auf dem
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