Herzblut 02 - Stärker als der Tod
Ordnung zu sein, also mache ich mich wieder an die Renovierungsarbeiten. Sehen wir uns zum Abendessen? Um acht Uhr?“
Vor lauter schlechtem Gewissen presste ich nur die Lippen zusammen und nickte. Ich hatte Angst, wenn ich den Mund aufmachte, könnte ich damit herausplatzen, weshalb ich wirklich hier war.
Als Dad um das Haus herum zu seinem Auto gegangen und losgefahren war, konnte ich wieder normal atmen.
Ich musste das machen, sagte ich mir. Dylan und die Zickenzwillinge und der ganze Clann zwangen mich mit ihrem Hass, mich und meine Freunde zu beschützen. Sogar Nannas Geist, falls er Mom wirklich heimgesucht hatte, wollte, dass ich zaubern lernte.
Wenn ich die Magie nur zum Schutz einsetzte, konnten sich der Clann und der Vampirrat doch nicht beschweren.
Seufzend ging ich mit dem Zauberbuch für Anfänger nach draußen und setzte mich mitten im Garten auf die kühle Erde unter einen alten Baum. „Also gut, Nanna. Du wolltest, dass ich das lerne. Wie wäre es mit ein bisschen Hilfe?“
Ich musste etwas in dem Buch übersehen haben. Tristan hatteeinmal erzählt, dass die Nachfahren mit ihrer Ausbildung anfingen, sobald die Pubertät einsetzte, also war ich auf jeden Fall alt genug. Wenn ein Zwölfjähriger einfache Zauber hinbekam, würde ich das wohl auch schaffen.
Ich blätterte zur allerersten Lektion über das Erden zurück. Das war zwar nichts, was ich lernen wollte, aber vielleicht musste ich die Übungen der Reihe nach durchgehen. Lektionen zu überspringen hatte jedenfalls nicht geholfen.
Wie im Buch beschrieben, schloss ich die Augen, drückte die Handflächen auf das Gras und stellte mir vor, wie ich Energie durch meine Hände hervorströmen ließ.
Meine Handflächen kribbelten leicht. Weil der Zauber endlich funktionierte, oder kitzelten mich nur die Grashalme?
Ich versuchte es noch einmal. Ich würde diesen Garten nicht verlassen, bevor ich es geschafft hatte.
Ein stechendes Kribbeln überlief meine Handflächen, breitete sich in den Fingern aus und ließ mich nach Luft schnappen.
Wo ich den Boden berührt hatte, zeichneten sich im Gras zwei dunkle Handabdrücke ab.
„Es funktioniert!“, jubelte ich. Sofort schlug ich mir eine Hand vor den Mund. Im Garten nebenan war niemand zu sehen, aber wenn ich zu laut wurde und die Nachbarn zu Hause waren, kamen sie vielleicht nachsehen.
Okay, ganz ruhig, Sav, befahl ich mir. Das Erden funktioniert schon mal. Jetzt kommt der nächste Schritt.
Ich blätterte eine Seite weiter und las als nächste Lektion, wie man der Erde Energie entzog. Also musste ich das Gleiche nur umgekehrt machen, oder?
Mit geschlossenen Augen drückte ich die Handflächen wieder auf den Boden und stellte mir vor, wie ich die Energie der Erde durch meine Hände aufnahm.
Nichts. Kein Kribbeln, keine Wärme.
Ich las die Anweisungen noch einmal durch, fand aber nichts, was ich übersehen hätte. Mein Rücken und mein Kopf schmerzten schon, wahrscheinlich, weil ich so lange vornübergebeugt auf dem Boden gesessen hatte. Grummelnd legte ich mich auf das ausgedörrteGras und versuchte es noch einmal.
Komm schon, dachte ich und presste die Hände auf den Boden. Gib mir endlich Energie!
Als meine Hände wärmer wurden und kribbelten, seufzte ich erleichtert. Endlich funktionierte es. Aber als ich mich aufsetzen wollte, konnte ich mich nicht rühren. Ich fühlte mich, als hätte jemand ein Auto auf mir geparkt.
Oh Mist. Was hatte ich denn jetzt angerichtet?
Anscheinend hatte ich aus Versehen noch mehr Energie abgegeben, statt sie aufzunehmen.
Panisch riss ich die Augen auf und wollte um Hilfe rufen. Aber ich bekam nur ein leises Piepsen heraus. Und mein Handy lag in unerreichbarer Ferne im Haus.
Schon gut, beruhig dich. Du schaffst das. Du hast herausgefunden, wie du Energie abgibst. Vielleicht sogar zu gut. Jetzt bleib ganz locker und mach einfach das Gegenteil!
Dieses Mal erwärmten sich meine Hände nur ganz leicht, und meine Gedanken wurden wirr.
Im Garten schien es dunkel zu werden. War es schon so spät, dass die Sonne unterging?
Eigentlich hätte ich auch frieren müssen, aber mir war nicht kalt. Außer einer bleiernen Müdigkeit fühlte ich kaum etwas. Aber eine Stimme in meinem Unterbewusstsein sagte mir, es sei gar keine gute Idee, jetzt einzuschlafen. Lieber solle ich jemanden rufen.
Ich versuchte mich in Richtung Terrassentür zu rollen, doch ich konnte nicht mal den kleinen Finger bewegen. Sogar das Atmen fiel mir schwer.
Im Garten war es so still, dass ich
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