Herzblut 02 - Stärker als der Tod
die Antwort mit Schimpfwörtern gespickt, die ihre Betreuer bestimmt nicht gern auf ihrem Handy gelesen hätten.
Für sie war ganz klar, dass er nie eine andere Freundin haben sollte. Er sollte mir sein Leben lang nachtrauern und als unglücklicher, einsamer alter Mann sterben.
Es tat mir gut, dass sie so zu mir hielt, ich musste sogar lächeln. Ein winziger Teil von mir gab ihr recht, aber im Grunde war mir klar, dass es Unsinn war.
Zum Glück hatte ich zweieinhalb Monate Zeit, um auch meinHerz davon zu überzeugen, bevor ich ihn in der Schule wiedersehen musste.
Dann warf ein seltsamer Anruf meine Pläne für den Sommer völlig über den Haufen.
„Wie sind deine Klausuren und die Charmers-Party gelaufen?“, fragte Mom, als sie in der ersten Ferienwoche anrief.
„Ach, ganz gut, glaube ich.“
Ehrlich gesagt fiel mir dieses „Entscheide dich für das Glück“ fiel schwerer, als die ganzen Selbsthilfebücher versprochen hatten. Mom hatte mich mit reichlich Lektüre versorgt, als wir Nannas Hausstand aufgelöst hatten.
Schweigen in der Leitung. Schließlich fragte Mom: „Sag mal, erinnerst du dich noch an den Karton mit Büchern, den ich dir gegeben habe?“
„Ja. Ich arbeite mich gerade durch. Im Moment bin ich mitten in Lieb dich selbst und ändere dein Leben .“ Auch wenn es kein bisschen half.
Sie räusperte sich. „Na ja, sieh doch mal ganz unten im Karton nach. Am besten, wenn dein Vater nicht in der Nähe ist.“
Hm-hm. „Warum?“
„Unten liegen ein paar Bücher von deiner Nanna.“
Nannas Bücher? Nanna hatte ständig gelesen, am liebsten Biografien von Prominenten. Sie hatte oft gesagt, das Leben der Stars sei viel verrückter als alles, was sie selbst je durchgemacht hatte, und sie würde sich im Vergleich richtig normal vorkommen. Allerdings war keiner dieser Promis gestorben, nachdem eine Bande durchgeknallter Nachfahren sie mithilfe von Magie entführt und in einem Wald festgehalten hatte.
Wieder schwieg Mom.
„Okay, Mom, was willst du mir sagen?“
„Das sind keine … normalen Bücher.“
Langsam bekam ich ein mulmiges Gefühl. „Meinst du etwa …“
„Am Telefon sollten wir nicht darüber reden. Und dein Dad sollte sie nicht sehen. In Ordnung?“
Ich kramte in dem Karton herum, der mir fast bis zur Taille reichte. Ganz unten fand ich alte, in Leder gebundene Bücher,von Hand geschrieben und voller Zeichnungen. Zauberbücher. Ich schnappte nach Luft.
„Mom! Was zum Teufel hast du …“
„Ich musste ihr versprechen, dass ich dir die Bücher gebe, wenn ihr irgendwas passiert. Sie wusste, dass ich diese Fähigkeiten nie wollte. Es ist schon richtig, wenn du sie jetzt bekommst. Was nicht heißt, dass ich es gut finde. Ich will nicht mal wissen, was du damit anstellst. Ich halte nur mein Versprechen. Ach, und ich soll dir unbedingt noch sagen, dass sie und ich dem Clann etwas versprochen haben, aber du nicht.“
Bei ihren Worten überlief mich eine Gänsehaut. Vor zwei Wochen, nach Tristans Unfall und der kleinen Unterhaltung mit Dylan am Sonic, hatte ich genau das Gleiche gedacht.
Sie seufzte. „Jetzt taucht sie vielleicht nicht mehr jede Nacht in meinen Träumen auf und nervt mich deswegen.“
„Was, Nanna spukt bei dir?“
„Na ja, vielleicht ist es nicht wirklich ihr Geist. Keine Ahnung. Die Träume wirken so real, dass ich das Gefühl habe, ich wäre wach. Aber egal, was es ist, vielleicht hört es jetzt auf, wenn ich den Befehl der Zauberkönigin ausgeführt habe.“ Sie klang ganz schön verschnupft.
Jetzt wurde es aber wirklich unheimlich.
Nach dem Gespräch mit Mom wollte ich Nannas Zauberbücher in einen kleineren Karton räumen. Aber wo wollte ich sie verstecken? Unter meinem Bett? Nein, da könnte Dad sie finden, wenn er doch irgendwann dazu kam, das Parkett zu renovieren.
Heute war Dad nicht zu Hause. Er war nach Tyler gefahren, um Kristalltropfen für einen Kronleuchter zu holen.
Bevor ich es mir anders überlegen oder kneifen konnte, schrieb ich ihm schnell eine SMS, ich müsse noch was für eine Spendenaktion der Charmers erledigen und käme abends wieder nach Hause.
Dann schnappte ich mir den Karton mit Nannas heißer Ware und trug ihn zu meinem Auto.
Als ich in die Einfahrt vor Nannas altem Haus einbog, stiegen so viele Gefühle in mir auf … Ich war überrascht, dass vor dem Haus kein Schild von einem Makler stand, erleichtert, dass dasHaus noch unberührt wirkte, war traurig, hatte Heimweh und vor allem Schuldgefühle. Hier zu sein war
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