Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
gerade historische Häuser renovierte. Allerdings würde er ganz sicher nicht in der Nähe von Jacksonville wohnen, nicht mit so vielen Nachfahren in dieser Gegend. Würde ich zu meinem Vater ziehen, müsste ich auf jeden Fall die Schule wechseln.
Und hätte keinen Geschichtsunterricht und kein Charmers-Training mehr mit Tristan. Wir würden uns nicht mehr im Flur über den Weg laufen …
Ich schauderte.
Beim Einschlafen dachte ich daran, wie ich mit Tristan getanzt hatte. Deshalb überraschte es mich nicht, dass ich sofort von ihm träumte.
„Hallo, Savannah.“ Tristan stand am Rand eines Waldes, der grau im Mondlicht lag. „Gehst du mit mir spazieren?“
„Gern.“ Bei jedem Schritt raschelte das kühle Gras unter meinen nackten Füßen. Als er meine Hand nahm, fühlte sich die Berührung so warm und stark an, als wäre ich wach gewesen.
Er lächelte mich an. Im silbrigen Licht funkelten seine Augen wie geheimnisvolle Smaragde. Während er mich tiefer in den Wald hineinführte, fiel mir auf, dass es uns nichts ausmachte, barfuß zu sein. Hätten wir nicht längst auf Kletten oder Kiefernzapfen treten müssen? Ich blickte zu Boden. Eine dicke, weiche Moosschicht bedeckte den ganzen Waldboden und zog sich halb die Baumstämme hinauf wie grüne Schneeverwehungen. Es fühlte sich flauschig an. Als würde man über ein kühles, dickes Handtuch laufen.
Schweigend gingen wir weiter bis zu einer Lichtung mit einem Wasserfall und einem Bach. Jemand hatte am Ufer eine Decke ausgebreitet und einen Picknickkorb bereitgestellt. Im Mondlicht, das in Silberstreifen durch die Bäume fiel, hätte ich am liebsten getanzt und mich wie ein kleines Kind im Kreis gedreht. Und zudem kam mir alles irgendwie vertraut vor. Als sei ich schon einmal hier gewesen.
„Komm, setzen wir uns“, sagte er, und nur zu gern folgte ich ihm auf die Decke.
„Hierher hätte ich dich gern zu unserer ersten Verabredung gebracht. An einen Ort, der genauso schön ist wie du.“
„Ich und schön? Jetzt weiß ich, dass es ein Traum ist.“
„Und wenn ich dir sagen würde, dass es kein normaler Traum ist? Dass wir in Gedanken wirklich verbunden sind?“
„Hm-hm. Du willst mir also erzählen, dass du nicht nur in meiner Fantasie hier bist.“
„Im Grunde, ja.“ Er strich mit einem Finger über meinen Handrücken und sah mich an, und ich genoss es unglaublich, dass ich ihn ohne Gefahr direkt ansehen konnte.
„Machst du das öfter? Besuchst du in Gedanken oft andere Leute, wenn sie schlafen?“
„Nein, nur dich. Du bist die einzige Nachfahrin, mit der ich mich je im Traum verbinden wollte. Das funktioniert nur bei zwei Nachfahren. Sonst kann man den anderen sehen, aber er kann einen weder sehen noch hören.“
„Komisch.“
Er grinste. „Aber auch schön. Als Kinder haben wir das ständig gemacht. Weißt du noch?“ Auf einen Schlag erinnerte ich mich an diese vielen Träume. Ich war wirklich schon einmal hier gewesen … in unseren Träumen. Das hier war unser Ort, unsere Lichtung, auf der wir so oft miteinander gespielt hatten. „Du hast immer meine imaginären Muffins gegessen, wenn ich sie dir angeboten habe, und mit mir unser Baumhaus eingerichtet. Ach, und du hast mir gezeigt, wie man ganz tolle Tunnel für Spielzeugautos gräbt! Dabei mochte ich die Autos und Roller von Barbie lieber.“ Ich lachte. „Meine Mom hat mich immer gefragt, warum ich an meinen Nägeln knabbere. Um den Dreck wegzubekommen, habe ich gesagt. Aber das hat sie nie verstanden, weil ich im echten Leben nie im Dreck gespielt habe.“
Er lachte leise.
„Warum haben wir damit aufgehört?“
Er runzelte die Stirn und dachte nach. „Na ja, in letzter Zeit habe ich es oft genug versucht. Zuerst dachte ich, es würde daran liegen, dass meine Eltern mein Zimmer verhext hatten. Aber diesen Zauber konnte ich umgehen. Trotzdem hat es mit dem Kontakt nichtjedes Mal geklappt.“ Mit schief gelegtem Kopf musterte er mich. „Irgendwas ist heute Nacht anders an dir.“ Er starrte mich lange an, dann schnippte er mit den Fingern. „Genau. Deine Kette. Du trägst immer dieses goldene Medaillon.“
Automatisch griff ich nach meiner Kette. Dann fiel es mir wieder ein. „Ach ja, heute musste ich sie abnehmen. Sie hatte sich in meinen Haaren verfangen. Und weil ich sie nicht wieder umlegen konnte, trage ich sie nicht.“
„Seit wann hast du sie? Hat sie dir jemand aus deiner Familie geschenkt?“
Ich nickte. „Meine Großmutter hat sie mir gegeben. In der vierten
Weitere Kostenlose Bücher