Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
Aber wenn’s geht, etwas freundlicher.“
„Ist es heute nicht gut gelaufen?“ Sein Lächeln verblasste.
„Das kannst du laut sagen.“ Seufzend riss ich ein Büschel Gras aus. „Wenn mir alle immer die Wahrheit gesagt hätten, wäre ich in letzter Zeit echt besser klargekommen. Dann hätte ich wenigstens schon gewusst, was mich erwartet, und hätte mich darauf einstellen können, weißt du?“
„Von mir aus halten wir uns an die Wahrheit, wenn es dir damit besser geht.“
„Ja, bitte“, sagte ich und seufzte.
„Warum siehst du in der Schule niemandem in die Augen?“
Ich riss den Kopf hoch und wandte instinktiv den Blick ab. „Das sollte nicht heißen, dass ich Wahrheit oder Pflicht spielen will.“
„Traust du dich nicht?“
„Doch.“ Ein Blick in seine Augen verschlug mir den Atem. Wenn er mich so anlächelte wie jetzt und seine Augen fröhlich strahlten … es war fast zu viel. Die Gefühle überwältigten mich. Als könnte er jeden meiner Gedanken und jedes Gefühl erkennen.
„Schon besser“, sagte er leise. „Erzähl mir, was heute passiert ist.“
„Ehrlich gesagt, will ich gar nicht darüber nachdenken. Erzähl mir lieber, was du gemacht hast. Du siehst so aus, als wäre dein Tag wesentlich besser gelaufen.“ Ich deutete auf die Stelle, an der er gerade noch so friedlich gelegen hatte.
„Ja, er war ziemlich gut. Eigentlich überraschend, weil ich mit meinem Dad trainiert habe.“
„Trainiert? Für Football?“
Das Lächeln wich aus seinen Augen und von seinen Lippen. Er nickte knapp.
„Erzähl mir, warum dich das glücklich macht.“ Ich wollte nicht, dass mein Unterbewusstsein den Traum unangenehm werden ließ.
Er rupfte einen Grashalm aus und spielte damit. „Ach, ich weiß nicht. Wahrscheinlich war es schön, was mit meinem Vater zu unternehmen. Irgendwie hat er mich immer eingeschüchtert. Aber in letzter Zeit sind wir fast Freunde geworden.“
„Ich habe Fotos von deinem Vater in der Zeitung gesehen. Mitdem Bart sieht er wirklich ein bisschen beängstigend aus. Wie ein großer Eisbär.“
Tristan stimmte in mein Lachen ein. „Ja, genau. Dabei ist er eigentlich ziemlich witzig. Er passt zum Beispiel auf meine Mutter und meine Schwester auf und sorgt dafür, dass ihnen nichts passiert, während sie das nicht einmal merken. Also spielt er den großen bösen Beschützer, weil er sie für zarte Wesen hält, muss es aber heimlich machen, weil er Angst hat, dass sie es herausfinden und wütend werden.“
Jetzt musste ich richtig lachen. „Ihr Männer glaubt immer, Frauen wären schwach und müssten beschützt werden.“
„Stimmt das etwa nicht?“ Grinsend strich er mit dem Grashalm über meine Zehen.
Ich atmete scharf ein und zog meine Füße näher heran. Oh nein, er wusste noch, wie kitzlig ich war. Wobei kitzlig noch stark untertrieben war.
„Ach, kann man dich immer noch so gut kitzeln? Siehst du, das beweist doch, dass du ein zartes Mädchen bist und beschützt werden musst. Du erträgst nicht mal ein bisschen Gras an den Zehen.“
Wieder kitzelte er mich, und ich musste laut lachen. Ich stieß seine Hände weg. Er packte mich mit einer Hand und kitzelte mich weiter mit der anderen. Zu gern hätte ich mich auf seine warme Haut konzentriert, auf die Berührung dieser Finger, die so hinreißend stark waren. Aber diesen Grashalm konnte ich nicht ignorieren.
Mein Fuß zuckte reflexartig zurück und stieß dann vor, um Tristans unbarmherziger Attacke zu entgehen. Dabei erwischte ich ihn mit der Ferse am rechten Schienbein.
„Oh, das wollte ich nicht!“ Ich riss den Fuß zurück und zog das Bündchen der Jogginghose hoch. „Aua. Das wird ja schon blau.“
Er grinste und rieb sich über das Schienbein. „Keine Sorge, das ist nur ein Traum, oder? Außerdem war es das wert.“
„Wieso?“
„Weil du mir kurz deine Beine gezeigt hast.“
Ich schnappte nach Luft, und meine Wangen brannten.
Tristan
Als ich im Garten aufwachte, lachte ich immer noch über sie.
Einen Moment lang blieb ich mit einem idiotischen Grinsen auf dem Gesicht liegen. Ich hatte es geschafft. Ich hatte im Traum mit Savannah gesprochen. Und um Moms Zauber auszuweichen, hatte ich nur noch einmal im Garten einschlafen müssen.
Meine Eltern würden mich umbringen, wenn sie das herausfanden.
Dieser Gedanke wischte mir das Grinsen aus dem Gesicht. Seufzend setzte ich mich auf. Na gut, ich hatte die Regeln ein bisschen gedehnt. Aber durfte sich ein Junge nicht ab und zu ein bisschen Spaß
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