Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
vorsichtig, Savannah. Er mag es nicht, wenn die Geheimnisse unserer Welt verraten werden könnten, diesbezüglich geht er keinerlei Risiken ein. Ich konnte ihn mit nichts davon überzeugen, dass du deine Fähigkeit so weit beherrschst, dass du in einer menschlichen Tanzgruppe nicht auffällst.“
Ich atmete tief durch und versuchte, meine Wut zu zügeln. Trotzdem klang meine Stimme schroff. „Hast du es wenigstens versucht?“
„Weißt du, ich gebe meine Berichte nicht mündlich ab. Sie lesen einfach meine Gedanken. Manchmal erlauben sie mir, diese Bilder und Erinnerungen zu kommentieren. Aber das Gedankenlesen haltensie für die objektivste und ehrlichste Form, ihnen etwas zu berichten. Sie haben gesehen, wie weit du deine Klassenkameradinnen an dem Tanzabend übertroffen hast, und das Risiko war so hoch, dass sie ihre Entscheidung getroffen haben. Du darfst weder in der Tanzgruppe deiner Schule noch in irgendeiner anderen mitmachen oder weiter tanzen lernen.“
Ich knirschte mit den Zähnen. „Und wenn ich trotzdem weiter bei Miss Catherine lerne?“
Sein Schweigen dehnte sich über Minuten, die mir wie eine halbe Ewigkeit erschienen. Endlich antwortete er: „Das wäre sehr unklug. Für deine eigene Sicherheit und die deiner Familie.“
Ich fasste es nicht. „Soll das heißen …“
„Das soll heißen, dass sie fest entschlossen sind. Sie erlauben nichts, was unsere Welt enttarnen könnte. Und sie werden alles – und zwar wirklich alles – tun, um diese Welt geheim zu halten.“
Das war doch irre. Sie würden tatsächlich meine ganze Familie bedrohen. Nur, damit ich nicht mehr tanzte. Dagegen war Paranoia noch harmlos.
„Versprichst du mir jetzt bitte, dass du auf alle weiteren sportlichen Aktivitäten verzichten wirst?“
„Äh …“ Ich war so erschrocken, dass ich nicht mehr klar denken konnte. „Ich muss den Tanzkurs bis zum Ende des Schuljahrs besuchen. Das brauche ich für meine Sportnote.“
„Und das Schuljahr endet in zwei Wochen?“
Ich grummelte zustimmend.
„Gehören zu dem Kurs weitere öffentliche Auftritte?“
Ich schüttelte den Kopf, bevor mir klar wurde, dass er das nicht sehen konnte. „Nein.“
„Dann sollte es in Ordnung sein. Sie wollen nur nicht, dass du deine neuen Fähigkeiten öffentlich zur Schau stellst. Trotzdem musst du so gut wie möglich versuchen, sie auch vor den anderen Schülerinnen zu verbergen. Sie sollen nicht neugierig werden.“
Unglaublich. Das war lächerlich.
Wieder erfüllte Stille die Leitung, bis Dad seufzte. „Savannah … Du hast mir noch nicht versprochen, dass du nach Ende des Schuljahrs mit dem Tanzen aufhörst.“
Meine Benommenheit schlug wieder in Wut um. Dieser Mann am Telefon war nicht mein Vater. Er war nur ein Spitzel, der für den Rat herausfinden sollte, wie ich mich veränderte. Ich war ihm egal. Wieso sollte ich etwas auf ihn geben oder ihm bei seiner Aufgabe helfen?
Andererseits durfte ich meine echte Familie nicht in Gefahr bringen.
Ich biss die Zähne zusammen, holte tief Luft und stieß sie wieder aus. „Na schön. Ja, Michael, ich verspreche, dass ich nicht mehr tanzen werde. Oder etwas anderes tun werde, das öffentlich meine Fähigkeiten zeigt. Wird das den Rat glücklich machen?“
„Ja, ich glaube schon. Aber seit wann nennst du mich beim Vornamen?“
„Seit du nicht mehr mein Vater bist. Allerdings warst du das nie wirklich, oder? Also sag deinem Rat, dass ich seine Regeln befolge. Aber wenn er hören will, wie ich mich entwickle, muss er sich an Nanna oder Mom halten. Ich will nämlich nicht mehr mit dir reden.“
Ich drückte das Gespräch weg, während ich am ganzen Körper zitterte. Und brach in Tränen aus.
Ein paar Minuten später rief Mom an, sie war auf dem Rückweg von einem Kundengespräch. „Hast du deinem Vater gerade gesagt, dass du nie wieder mit ihm reden willst?“
„Ja.“
„Schatz, ich weiß ja, dass du böse bist, weil du für den Rat mit dem Tanzen aufhören sollst, aber …“
„Nein, nicht für den Rat, Mom. Für dich und Nanna. Sie haben euch bedroht, und er hat das weitergegeben! Ein richtiger Vater würde so etwas nie tun. Er ist nicht mehr mein Vater. Er ist nur irgendein Kerl, der mich gezeugt und mich die letzten fünfzehn Jahre ausspioniert hat.“
„Das stimmt nicht. Wir wissen nicht genau, was im Rat läuft. Wir müssen darauf vertrauen, dass dein Vater das Beste für dich und deine Familie will.“
Das wagte ich doch sehr zu bezweifeln. „Egal, von mir aus.
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