Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
Spiegelbild an. Wie konnten so durchschnittliche, langweilige Augen wie meine solche Probleme verursachen? Das war lächerlich. Ich konnte mich doch nicht ständig in der Mittagspause auf der Toilette verstecken. Wenn Greg nicht bald wieder zu sich kam, musste ich mir etwas anderes einfallen lassen. Blieb mir etwas anderes übrig, als mit ihm Schluss zu machen? Selbst wenn die Wirkung in ein, zwei Tagen nachließ, würde ich bei jedem Treffen die gleiche Situation wie jetzt riskieren. Es war für uns beide besser, wenn ich unsere Beziehung sofort beendete. Schließlich ging es nicht mehr nur um uns. Offenbar beeinflusste der Tranceblick auch andere Bereiche seines Lebens, etwa seine Freundschaft mit Mark und Peter.
Aber war es wirklich fair, ihn abzuschießen? Er hatte nicht um diese Veränderung gebeten, wahrscheinlich war ihm nicht mal klar, wie er sich durch den Tranceblick benahm. Konnte ich ihn wirklich für etwas verantwortlich machen, das ich verursacht hatte?
Ganz zu schweigen davon, wie sehr es mir fehlen würde, jeden Tag mit ihm zu reden. Mit wem konnte ich sonst über das neueste Drama der Charmers lachen? Schon jetzt vermisste ich es, mich auf seine Anrufe und die Briefchen in meinem Spind zu freuen. Früher waren sie das Highlight des Tages gewesen.
„Da bist du ja“, sagte Anne mit finsterer Miene, als sie den Waschraum betrat. „Versteckst du dich wieder vor Greg?“
„Nein, ich … überlege nur. Ich bin mir nicht sicher, was ich tunsoll. Und solange ich das nicht weiß, sollte ich ihn vielleicht besser nicht sehen.“
„Na ja, aber das musst du nicht allein auf dem Klo herausfinden. Komm schon, wofür hat man Freundinnen, wenn sie einen nicht vor einem mickrigen Typen beschützen?“
Beschützen. Vor Greg. Dem Vorzeigepfadfinder. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. „Anne …“
„Sav, dir passiert nichts. Versprochen. Aber es würde helfen, wenn du mir erzählst, was los ist.“
Den Blick auf den schmutzigen Linoleumfußboden gerichtet, seufzte ich und nickte. Sie hatte recht. Aber ich musste aufpassen, wie viel ich verriet. „Erinnerst du dich an die drei Jungs aus dem Algebrakurs letztes Jahr?“
Sie sog scharf die Luft ein. Das Geräusch hallte von den gefliesten Wänden wider. „Das gleiche Problem.“
Mit Tränen in den Augen nickte ich.
Sie fluchte. „Savannah, warum hast du nur …“
„Es ist doch Greg! Das letzte Mal ist fünf Monate her. Ich dachte, dieses Mal würde nichts passieren.“
„Du weißt ja, dass du wie eine Schwester für mich bist. Aber das war ziemlich dämlich.“
„Ich weiß. Es ging ihm heute nicht besser, oder? Ich habe ihn an unserem Tisch gesehen, aber ich konnte ihn nicht hören.“
„Nein. Er hat nach dir gefragt, und er hat echt ausgesehen, als wäre er besessen. Und ich soll dir diesen Brief geben.“ Sie zog einen zusammengefalteten Zettel aus der Tasche.
Sonst musste ich schon lächeln, bevor ich seine Briefe las. Jetzt hatte ich einfach nur ein ungutes Gefühl. Ich zwang meine Finger dazu, das Blatt langsam auseinanderzufalten. Der Brief bestand aus einem einzigen Satz, tausendmal wiederholt: Es tut mir leid.
Ich lachte, aber es fühlte sich eher wie ein Schluchzen an. Ich gab Anne den Brief, denn ich wusste, dass sie ihn nicht ohne meine Erlaubnis gelesen hätte.
„Der ist ja völlig übergeschnappt“, flüsterte sie. Ihre Stimme klang fast ehrfürchtig. „Was hast du denn gemacht?“
„Ich habe ihn angesehen. Offenbar reicht das schon.“ Mit einemMal konnte ich es nicht mehr ertragen. „Anne … Ich glaube, ich verwandle mich in ein Ungeheuer.“
Tristan
Der altbekannte Schmerz saugte mir die Luft aus den Lungen, als ich um eine Ecke bog und vor mir einen vertrauten roten Haarschopf sah. Savannah trug ihr Haar heute zur Abwechslung mal offen. Hübsch. Viel zu hübsch.
Ich wünschte echt, ich würde endlich über sie hinwegkommen.
Den Fluch, damit Stanwick es bei Savannah vermasselte, hatte ich mir gespart, aber nur, weil sie sich nicht aufregen sollte. Emily hatte gemeint, ich würde Stanwick sonst vielleicht so weit treiben, dass er sie betrog oder auf tausend andere Arten dazu brachte, mit ihm Schluss zu machen.
Fürs Erste hatte Stanwick gewonnen. Er machte sie glücklich. Dabei konnte ein Blinder sehen, dass er nicht der Richtige für sie war. Aber wie konnte ich dazwischenfunken, solange er sie zum Lächeln brachte?
Währenddessen konnte ich mich nicht entscheiden, ob der Geschichtsunterricht
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