Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
wegen Dylan. Ich war bei Dylans kindischem Auftritt zwar rot geworden, aber er war nur ein nerviger Spinner, genau wie die meisten Clann-Leute, die mich drangsalieren wollten. Ihn konnte ich einfach ignorieren.
Der Footballspieler und Nachfahre, den ich nicht ignorieren konnte, obwohl ich es versuchte, war Tristan. Die letzten vier Wochen hatten mir nur noch deutlicher gezeigt, wie gefährlich stark meine Gefühle für ihn waren. Leider oder vielleicht zum Glück hatten sie gleichzeitig seine Gefühle für mich erstickt. Falls er überhaupt etwas für mich empfunden hatte.
So wie jetzt. Meine Gedanken kreisten nur um den Jungen, der ein paar Handbreit von mir entfernt hinter seinem Schreibtisch lümmelte. Ich war ihm dagegen offensichtlich vollkommen egal. Nicht mal ein Blick in meine Richtung. Keine Reaktion, wenn ich mich bewegte oder einen Stift fallen ließ. Nichts. Vor vier Wochen vor der Cafeteria, nachdem er meinen Exfreund zusammengeschlagen hatte, hatte die Welt aus Herzen und Rosen und Versprechen von unsterblicher Liebe bestanden. Jetzt war ich Luft für ihn. Aber was hätte ich nach unserer gemeinsamen Geschichte auch erwarten sollen. Ein Teil von mir – der vernünftige Teil – sagte sich, dass es ein unglaubliches Glück war, dass mein Tranceblick bei ihm und Greg direkt nach dem Kampf seine Wirkung verloren hatte. Trotzdem machte es mich blöderweise traurig, dass mir jetzt beide aus dem Weg gingen. Tristan war ein Aufreißer. Natürlich war er sprunghaft, und es war einfach dumm von mir, etwas anderes zu hoffen. Aber von Greg hätte ich so ein Verhalten nicht erwartet. Mit seinen anderen Exfreundinnen war er noch befreundet. Warum ging das nicht auch mit mir?
Greg fehlte mir in den komischsten Momenten. Etwa letzten Samstag an meinem sechzehnten Geburtstag, an dem ich eigentlich hätte glücklich sein sollen. Stattdessen dachte ich während der Pyjamaparty mit meinen Freundinnen ständig daran, ob Greg sich wohl an meinen Geburtstag erinnern und anrufen oder mir eine SMS schicken würde. Wären wir noch zusammen, wäre er wahrscheinlich mit mir ausgegangen, um zu feiern.
Oder am letzten Mittwoch, als ich meinen Führerschein bekamund mich ein Mädchen von den Charmers damit aufzog, dass meine Haare vor dem blauen Hintergrund auf dem Foto richtig karottenrot wirken würden. Meinen Freundinnen konnte ich das nicht erzählen. Für sie wäre das nur ein Beweis gewesen, dass alle Charmers gemein waren, obwohl das Mädchen nur einen Witz machen wollte. Aber Greg hätte ich es erzählen können. Wenn wir noch befreundet wären. Wenn er mich nicht meiden würde wie die Pest.
Vielleicht war es besser, dass die beiden mich jetzt ignorierten. So lief Greg nicht Gefahr, dass mein Blick ihn versehentlich wieder benebelte. Und ich musste nicht mit Tristan darüber diskutieren, warum wir die Regeln einhalten und nicht miteinander ausgehen sollten.
Ich wünschte nur, ich könnte sie so leicht vergessen wie sie mich. Dann würden mich die Erinnerungen nicht ständig quälen.
Die Erinnerung daran, wie ich mit Greg auf dem Schulball getanzt hatte.
Wie Tristan meinen Namen flüsterte, während er so dicht vor mir stand.
An Greg, der meinen Namen immer wieder zischte, während er grob meine Wange und meinen Hals küsste.
An den Blick in Tristans Augen, als er Greg zu Boden schlug.
Seufzend stützte ich den Kopf so in eine Hand, dass mein Unterarm mir den Blick auf Tristan versperrte. Wie ich dieses Fach hasste. Überall sonst konnte ich mich beschäftigen und an etwas anderes denken. Aber nur ein paar Handbreit von Tristan entfernt ließ mich die Vergangenheit nicht los.
Eine Vergangenheit, die ich vergessen wollte. Vergessen musste, sonst würde ich mich selbst nie wieder mögen.
Denn als ich mich draußen vor der Cafeteria gegen Tristan gelehnt hatte, meine Fingerspitzen das Blut an seinen Lippen berührten und mir klar wurde, dass ich ihm direkt in die Augen sah, da wollte ich, dass mein Blick ihn beeinflusste.
Und was noch schlimmer war: Auf eine Art freute ich mich, dass er mit wachen Augen Mr Smythes Unterricht folgen konnte, aber meine dunkle Hälfte wünschte sich, er hätte sich nicht erholt.
Man sollte mich einsperren. Ich war eine Gefahr für die männlicheHälfte der Bevölkerung. Und ein erschreckender Freak für die andere.
Da mich aber noch niemand eingesperrt hatte, konnte ich als nächstbeste Möglichkeit ein Leben als Nonne anvisieren. Das sollte nicht schwer werden, wenn der einzige
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